Die Stufen der Anwesenheit des Herzens
Die Anwesenheit oder Gegenwart des Herzens während des Gebets hat mehrere Stufen und jede ist verschieden im Hinblick auf ihre Vollkommenheit. Ein „Reisender“ muss diese Stufen langsam nach und nach durchlaufen um zu einer höheren spirituellen Ebene zu gelangen, einer Position der Nähe Gottes oder der Bezeugung. Es ist ein langer Weg, der verschiedene Positionen beinhaltet. Einige werden hier in Kürze erklärt, die vielleicht für den Reisenden nützlich sind.
Erste Stufe
Das könnte man als einen Zustand beschreiben, in dem der Betende entweder das ganze Gebet hindurch oder einen Teil seines Gebets der Tatsache Beachtung schenkt, dass er vor Gott dem Allmächtigen steht, mit Ihm spricht oder sich mit Ihm unterhält. Jedoch beachtet er in dieser Stufe noch nicht die Bedeutung der Worte und versteht nicht die Einzelheiten seiner Unterhaltung.
Zweite Stufe
Hier schenkt der Betende, außer dass er sich bewusst ist vor Allah zu stehen und mit Ihm zu kommunizieren, auch der Bedeutung der Worte Beachtung und weiß genau, was er Gott dem Allmächtigen sagt. Währenddem er die Worte ausspricht, macht er gleichzeitig seinem Herzen deren Bedeutung klar, wie eine Mutter, die ihr Kind unterrichtet, wie man einen Satz ausspricht und gleichzeitig den Sinn vermittelt.
Dritte Stufe
Hier versteht der Betende, außer den vorangegangen Stufen, auch die Realität der Verherrlichung oder Lobpreisung, und der Verehrung, die Realität des Monotheismus und der Bedeutung anderer Beschwörungen oder Bittgebeten. Des weiteren basiert sein Verständnis auf logischen Argumenten, er beachtet all dies währen des Gebets, weiß sehr wohl was er sagt, was er will und zu Wem er spricht.
Vierte Stufe
Hier hat der Betende sein inneres Wesen durch das Lernen und durch die Bedeutung der Anbetungen beeinflusst und muss das Stadium der Gewissheit „YAQIN“ und Glaube „IMAN“ erreicht haben. In diesem Fall folgt die Zunge dem Herzen, da das Herz an diese Realitäten glaubt.
Fünfte Stufe
Das ist die höchste der Stufen der Spiritualität, Eingebung, Offenbarung und inneren Haltung. Durch seine esoterischen Augen ist er Zeuge der Heiligen Namen und Eigenschaften Gottes und sieht nichts anderes außer Ihm, er beachtet nicht mal seine eigenen Aktionen, Taten und Lobpreisungen.
Er spricht zu Gott aber ist sich seiner Rede nicht mehr bewusst. Er hat sein ganzes eigenes Dasein aufgegeben und ist fasziniert Zeuge zu sein von der Schönheit des Heiligen Wesens Gottes. Sogar auf dieser Ebene gibt es Ränge und Stufen, die in ihrer Unterscheidung variieren, je nach Status des Reisenden. Diese Stufe ist wie ein Ozean von unbegrenzter Tiefe.
So wie es wichtig ist, die Anwesenheit des Herzens zu erlangen, so schwierig ist es, es zu erreichen. Sobald ein Mensch beginnt, sein Gebet zu verrichten flüstert Satan in sein Herz und zieht ihn von einer Seite zur anderen, er beschäftigt ihn ständig mit irgendwelchen Gedanken und Erinnerungen.
Das Herz befasst sich damit, Probleme zu lösen, Pläne zu schmieden, an die Vergangenheit oder Zukunft zu denken, sich an Dinge zu erinnern, die schon längst vergessen waren und wenn er sich endlich wieder sich selbst zuwendet, stellt er fest, dass das Gebet schon vorbei ist. Auch wenn er dazwischen sich auf das Gebet konzentriert, so weicht er doch immer wieder ab.
Das ist in der Tat sehr traurig. Was sollen wir tun um über unser rebellierendes und verspieltes Selbst die Kontrolle zu bekommen?
Es ist eine schwierige Aufgabe, aber wir sollten nicht den Mut verlieren und ernsthaft daran arbeiten. Allah hat uns im Heiligen Koran versprochen:
„Und diejenigen, die in Unserer Sache bestrebt sind - Wir werden sie gewiss leiten auf Unseren Wegen. Wahrlich, Allah ist mit denen, die Gutes tun.“ (Sure 29. Die Spinne (Al-Ankabut), Vers 69)
Ein abgesonderter Platz
Es ist besser, einen Platz zum Gebet zu wählen, der isoliert, also frei von Lärm und Störungen ist. Der Gebetsraum sollte frei von Bildern oder solchen Gegenständen sein, welche die Aufmerksamkeit des Betenden ablenken, am Besten wäre eine kleine Ecke zu Hause und das Gebet sollte dann immer dort verrichtet werden. Während du betest, solltest du deine Augen auf den Platz der Niederwerfung richten. (Du darfst auch manchmal die Augen schließen, wenn dies der Anwesenheit des Herzen dient).
Es wird geraten, das Gebet eher in einem kleinerem Raum und nahe einer Wand zu verrichten, da die Sicht des Betenden eingeschränkt ist.
Entfernen von Hindernissen
Vor dem Gebet sollten alle „Hindernisse“ entfernt werden, die dich davon abhalten dich zu konzentrieren, z.B. wenn du auf die Toilette gehen musst, solltest du dies vor dem Gebet tun. Wenn du extrem Hunger oder Durst verspürt, solltest du vorher essen oder trinken.
Auch ist es besser mit dem Gebet zu warten, wenn du zuviel gegessen hast. Genauso ist es mit Müdigkeit. Erst solltest du dich etwas ausruhen. Auch wenn du dich über etwas extrem aufregst oder etwas tragisches passiert ist, solltest du versuchen, die Sorgen oder die Ursache soweit möglich zu beheben oder zu beseitigen.
Stärkung des Glaubens
Aufmerksamkeit gegenüber Gott hängt zum Teil vom Wissen und Aufklärung des Gläubigen im Hinblick auf Ihn ab. Wenn der Glaube eine Stufe der Gewissheit erlangt hat und die Majestät Gottes, seine Macht, seine Präsenz, seine Souveränität und Wissen verstanden hat, dann wird der Gläubige automatisch Demut und Bescheidenheit Ihm gegenüber zeigen.
Nehmen wir einmal an, dass wir vor einem mächtigen König stehen. Da würden wir uns auch anstrengen und uns selbst kontrollieren, was wir denken und sagen.
Prophet Muhammad (ص) sagte: „Bete zu Gott, als würdest du Ihn sehen, und auch wenn du Ihn nicht siehst, so sieht Er dich.“
(Nahj al-Fasahateh, Seite 65)