Nun schauen wir einmal, was der Islam zu diesen Umgangsformen sagt:
Folgende allgemeine Prinzipien zum Umgang unter den Eheleuten sind vielen bekannt:
Im Qur’an lesen wir z.B.:
(1) 30:21 „Und unter Seinen Zeichen ist dies, dass Er Gattinnen für euch schuf aus euch selber, auf dass ihr Ruhe bei ihnen fändet, und Er hat Liebe und Zärtlichkeit zwischen euch gesetzt.“
(2) 2:187 „Sie sind euch ein Gewand, und ihr seid ihnen ein Gewand.“
In der Sunna finden wir u.a. folgende Überlieferungen:
„Die Vollkommensten im Glauben sind von den Gläubigen die Besten an Charakter und Benehmen, und die Besten von Euch sind die, die ihre Frauen am besten behandeln.“
„Seid gut zu den Frauen; sie sind wie Gefangene in euren Händen.“
Aischa sagte über den Propheten: „Er war gewöhnlich im Dienste seiner Familie. Wenn er aber den Gebetsruf hörte, ging er hinaus in die Moschee.“
Man fragte Aischa, was der Prophet als Erstes tat, wenn er heim kam. Sie antwortete: „Er putzte sich die Zähne.“
„Haltet Euch sauber, denn der Islam ist sauber.“
Der Prophet hat bekanntermaßen nie eine Frau geschlagen.
Diese Überlieferungen sind sehr bekannt und zeigen eher allgemeine Verhaltensprinzipien, die für uns Richtschnur unseres Handelns sein sollen.
Wie sah aber der Alltag im Haushalt des Propheten aus?
Über einige seiner Frauen wissen wir viel, sie waren eindrucksvolle Persönlichkeiten, von denen viel überliefert wurde. Wir erfahren auf diese Weise auch viel über die Beziehung des Propheten zu ihnen. Über andere Frauen wissen wir nur wenig.
Wir haben Anfangs wichtige Formen des Umgangs genannt, die zur Bewältigung schwieriger Situationen und zum Gelingen einer Ehe hilfreich sind. Die genannten Qur’anstellen und Hadithe fordern uns eindeutig zu solchen Umgangsformen auf. Schauen wir einmal, wie der Prophet in konkreten Situationen reagiert hat.
Anerkennen/Wertschätzen
(1) Als er zwei Jahre nach dem Tode seiner geliebten Frau Chadija angesprochen wurde, doch wieder zu heiraten, antwortete er nur: „Wer nach Chadija?“ Hier wird deutlich, dass keine andere Frau einen Platz in seinem Herzen einnehmen konnte.
(2) Einmal sagte der Prophet (s.a.s.): „Die erste von euch, die mir nach meinem Tod folgt, ist die mit den längsten Händen!“ Nach seinem Tode standen die Frauen des Propheten (s) neben einer Wand und streckten ihre Hände aus, um zu erfahren, welche von ihnen die längste Hand besitze. Dabei wollten sie wissen, wer von ihnen als erste nach dem Propheten (s) sterben würde. Als Zainab (r) dann als erste nach dem Propheten (s) starb, verstanden sie, welche Bedeutung der Prophet mit der Länge der Hände meinte. Er meinte damit, die großzügigste und freigiebigste Hand, die die meisten Almosen gibt.
(3) Über Aischa: „Nehmt ihr die Hälfte Eurer Religion von dieser Humaira (Aischa).“
Zuhören
(1) Der Prophet (s.a.s.) verbrachte viel Zeit mit Aischa (r), um zu hören, was sie zu erzählen hatte. In einer ihrer sehr langen Geschichten erzählte sie die bekannte Begebenheit von elf Frauen, die sich versprachen, sich gegenseitig ohne Geheimnisse von ihren Männern zu erzählen. Als sie die Geschichte der elften Frau erzählte, sagte sie: „Die elfte Frau hieβ Umm Zar’. Ihr Mann Abu Zar’ hatte sie sehr geliebt und verwöhnt. Sie waren sehr glücklich, doch nach einiger Zeit veränderte sich ihre Beziehung, und er verließ sie.“ Aischa (r) war sehr traurig als sie dies erzählte. Der Prophet (s.a.s.) merkte, wie sie von dieser Geschichte berührt war und sagte zu ihr: „Ich bin zu dir wie Abu Zar’ zu Umm Zar’, ich aber werde dich niemals verlassen.“
Vertrauen
(1) Als dem Propheten aufgetragen worden, die Botschaft zu verkünden, kam er zu Chadija und sagte: „Nun ist die Zeit der Ruhe und des Schlafes zu Ende gegangen. Mir ist von Gibril befohlen worden, die Menschen zu ermahnen, Allah anzurufen und ihn allein zu verehren. – Wen soll ich rufen? Und wer wird es annehmen?“ Chadija antwortete ihm entschlossen: „Ich nehme es an, o Mohammed! Rufe mich, ehe du einen anderen rufst! Ich werde mich Dir folgen, Deine Botschaft bestätigen und an Deinen Herrn glauben.“
(2) Der Prophet hat auch Umm Salama in Fragen der Politik u.a.m. um Rat gefragt.
Zuneigung/Liebe entdecken
Im Qur’an lesen wir (4:19): Wenn ihr eine Abneigung gegen sie (die Frauen) empfindet, wer weiß, vielleicht empfindet ihr Abneigung gegen etwas, wo hinein Allah aber viel Gutes gelegt hat. Ein Hadith sagt: „Ein gläubiger Ehemann soll niemals seine gläubige Frau hassen. Wenn er eine bestimmte Angewohnheit von ihr nicht mag, so mag er doch eine andere bei ihr finden, die ihm gefällt.“
Der Prophet hat sich bekanntermaßen nicht gescheut, seine Zuneigung zu seinen Frauen auch öffentlich deutlich werden zu lassen. Hier einige Beispiele:
(1) Viele Jahre nach dem Tod Chadijas (r) kam eine Frau vorbei und klopfte an, als der Prophet und Aischa zusammensaßen. Der Prophet sprang auf: „Es ist, als ob ich Chadija an die Tür klopfen höre! Es ist die gleiche Stimme wie die von Chadija (r).“ Er ging hinaus, um nachzusehen, es war wirklich Hala, Chadijas Schwester. Der Prophet (s.a.s.) sagte zu ihr: „Herzlich willkommen, Chadijas Schwester.“
(2) In einer Situation, in der Schlachtvieh verteilt wurde, sagte Muhammad (s.a.s): „Verteilt das unter Chadijas Bekannten!“ Da sagte Aischa: „Immer wieder Chadija! Als ginge dir nur das Bild von Chadija im Kopf herum!“ Der Prophet (s) erwiderte dann: „Oh Aischa, sprich nicht auf diese Weise über Chadija! Ihre Liebe wurde in mein Herz gebracht. Ich liebe denjenigen, den Chadija liebt. Und wer Chadija liebt, den liebe ich.“
(3) Abu Al-A’s Ibn Rabi’, der Ehemann von Zainab, die Tochter Chadijas und des Propheten, war noch kein Muslim, als die Qur’anverse über den Verbot einer Ehe zwischen muslimischen Frauen und nicht-muslimischen Männern offenbart wurden. Daher trennte sich Zainab von ihm. Abu Al-A’s kämpfte gegen den Propheten (s.a.s.) im Feldzug von Badr und wurde gefangen genommen. Seine Frau Zainab war noch in Mekka. Manche Gefangenen kauften sich gegen Lösegeld frei. Abu Al-A’s aber hatte nichts, um sich freizukaufen. Zainab schickte von Mekka etwas zum Freikaufen ihres Mannes. Der Prophet (s) erhielt die Dinge, die Zainab geschickt hatte, und packte sie aus. Da lag Chadijas Halskette. Der Prophet (s) weinte sehr und sagte: „Das ist Chadijas Halskette!“ Er blickte zu seinen Gefährten und sagte: „Wenn ihr es erlaubt, entlassen wir Zainabs Gefangenen und geben ihr die Halskette zurück.“ Die Gefährten erwiderten: „Ja, das machen wir.“ In anderer Überlieferung wurde erzählt, dass die Gefährten auch sehr weinten. Dann sprach der Prophet zu Zainabs Mann und sagte: „Nimm diese Halskette mit und sag zu Zainab, dass ihr Vater ihr befiehlt, Chadijas Halskette zu behalten!“
Humor
(1) Wir wissen, dass der Prophet mit seinen Frauen viel gescherzt hat. Er empfahl es auch jungen Eheleuten, es entkrampft die Atmosphäre.
(2) Einmal waren die Ehefrauen des Propheten (s.a.s.) grob zu Safia (r), weil sie eine Jüdin war. Sie weinte deswegen und ging zum Propheten. Er sah sie weinen und sagte: „Wenn sie das noch einmal zu dir sagen, dann sag: „Wer von euch ist besser als ich, mein Ehemann ist Muhammad (s.a.s), mein Vater Harun, und mein Onkel ist Moses.“
(3) Einmal wollte Aischa (r) den Propheten nach seiner Liebe zu ihr fragen. Sie fragte: „Wie ist deine Liebe zu mir? Der Prophet (s) antwortete: „Wie der Knoten in einem Seil. Seitdem fragte Aischa (r) den Propheten von Zeit zu Zeit: „Wie geht es dem Knoten? Jedes Mal antwortete er, dass er noch im selben Zustand wäre.
(4) Sauda war bekannt für ihre humorvolle Art, mit der sie den Propheten (s.a.s.) oft zum Lachen brachte. Einmal betete sie mit dem Propheten in der Nacht. Danach stellte sie dem Propheten (s) eine Frage, in der sie auf lustige Weise auf die lange Dauer des Gebetes hinwies: „O Gesandter Allahs, im Gebet haben wir so lange in der Verbeugung innegehalten, dass ich fürchtete, dass das Blut aus meiner Nase fließen könnte. Ich habe dann die Hand vor meine Nase gehalten. Ist mein Gebet noch gültig?“ Der Prophet verstand diesen Scherz und lachte. Da sagte sie: „O Gesandter Allahs, wenn ich mit dir das nächtliche Gebet verrichte, dann verkürze doch die Verbeugungs- und Niederwerfungszeit, damit ich mir nicht an die Nase fassen muss!“
(5) „Im Haushalt des Propheten war Eifersucht nicht zu vermeiden, und er bemühte sich, ihr nicht allzu viel Beachtung zu schenken. Einmal kam er in ein Zimmer, in dem seine Frauen und andere aus der Familie zusammen saßen, und hielt eine Onyxkette in der Hand, die ihm gerade jemand geschenkt hatte. Er hielt sie ihnen vor die Nase und erklärte: „Ich werde sie der geben, die ich am meisten liebe.“ Einige seiner Frauen begannen mit saurer Miene zu tuscheln: „Er wird sie Abu Bakrs Tochter geben“, und als er sie lange genug im Ungewissen gelassen hatte, rief er seine kleine Enkelin Umamah und legte sie ihr um den Hals.“ (M. Lings, Muhammad)
Zeit miteinander verbringen
(1) Wie wir wissen, ist der Prophet viel mit Aischa spazieren gegangen, auch mit ihr um die Wette gelaufen, hat sie auf der Schulter getragen, schaute mit ihr Spiele an.
(2) Von Umm Salama und Hafsa wird überliefert, dass sie viel mit dem Propheten über politische und religiöse Fragen diskutierten.Auf den ersten Blick scheint es nur Harmonie gegeben zu haben, aber Ihr könnt euch vorstellen, dass in einem so großen Haus, in dem mehrere Frauen und auch viele Kinder leben, Konflikte nicht ausbleiben. So erzählte z.B. Maimuna (r) einige Details ihres Verhältnisses mit dem Propheten (s.a.s.). Sie sagte: „Ich und der Prophet (s.a.s.) stritten uns um ein Gefäß, in dem wir uns wuschen. Ich wollte das Gefäß und er wollte es ebenfalls.“
Es gab also ganz normale Alltagsprobleme, aber auch größere Konflikte.