Wir sagten im letzten Teil, dass ein islamischer Lebensstil ein gerechtes Verhalten zur Umwelt voraussetzt. Dieses gerechte Verhalten bezieht sich auf alle Bestandteile der Daseinswelt und wir haben bereits über das erforderliche Verhalten des Menschen zu Pflanzen und natürlichen Ressourcen wie das Wasser gesprochen.
Heute möchten wir in unserem letzten Teil zum Thema Umwelt das islamkonforme Verhalten des Menschen zu den Tieren besprechen und die Tierrechte im Islamischen Lebensstil beleuchten.
Tiere sind für das ökologische Gleichgewicht notwendig. Sie spielen eine vielfältige Rolle im Leben des Menschen und nützen ihm auf vielerlei Weise. Gott, der Gepriesene, hat den Menschen zahlreiche Vorteile beschert, als er die Tiere erschuf und sie dem Menschen unterwarf. Jahrhundertelang hat der Mensch zum Beispiel Tiere als Transportmittel für Güter und auf Reisen als Fortbewegungsmittel nutzen können und er konnte das Vieh in der Landwirtschaft und für die Bewässerung zähmen und einsetzen. Er konnte das Fleisch und die Haut, die Milch und weitere Bestandteile von Tieren verwenden. Das Vieh war und ist ein großer Schatz für die traditionellen Gesellschaften gewesen und ist es auch für die heutige Industriegesellschaft.
Die Viehzucht, Geflügel- und Bienenzucht dient bekanntlich der Deckung von wichtigen Lebensbedürfnissen und es sind Beschäftigungen, die die Religion erlaubt. Sie sind also Halal. Angesichts der Rolle des Tieres im Leben des Menschen, hat der Islam aber auch Tierrechte aufgestellt. Muslime tragen gegenüber Tieren Verantwortung. Diese religiös fundierte Verantwortung hält die Muslime dazu an aus Glaubensgründen Tiere gerecht zu behandeln.
Der Islam unterstreicht ein gutes und mildes Verhalten zu Tieren und unterbindet ihre Ausnutzung Er erlaubt dem Menschen nicht, wegen seiner Höherstellung im Vergleich zu den Tieren, deren Rechte zu verletzen. Misshandlung von ihnen und Missachtung ihrer Bedürfnisse werden getadelt. Daher dürfen die Menschen die Tiere auch nicht unbegrenzt nutzen. Für die Nutzung von Tieren gelten moralische und religionsgesetzliche Prinzipien.
Gemäß den Versen des Korans und wie die Makellosen Leitbilder des Islams bestätigen, besitzen die Tiere eine Art Bewusstsein. Es wird darauf hingewiesen, was sie verspüren. Imam Sadiq(a) sagt:
„Gott hat den Tieren vier Eigenschaften geschenkt. Die Kenntnis von ihrem Schöpfer, die Kenntnis davon, wie sie sich ernähren sollen, das Erkennen des weiblichen Tieres durch das männliche, und die Angst vor dem Tod (Usul-e Kafi, Bd. 6,S. 539).“
Zu den Tierrechten insbesondere den Nutztieren, gegenüber den Menschen, gehört, ihre Grundbedürfnisse zu decken und sie mit Futter und Wasser zu versorgen. Die Tiere können nicht über ihre Bedürfnisse sprechen. Es ist nicht erlaubt, Tieren die genannten göttlichen Segnungen, die ihr Recht sind, zu verwehren.
Imam Ali (Friede sei mit ihm) sagt:
„Einmal nahm der Prophet (Gottes Segen sei auf ihm und Friede seinem Hause) gerade die rituelle Waschung vor dem Gebet (Wudhu) vor, als eine Katze näherkam. Der Prophet bemerkte, dass das Tier durstig ist. Da stellte er ein Gefäß mit Wasser vor die Katze. Nachdem das Tier daraus getrunken hatte, nahm der Prophet seine rituelle Waschung vor.“
Ein selbstverständliches Recht der Tiere besteht darin, Wasser und Nahrung an einem geeigneten Ort bereit zu stellen und für Sicherheit des Tieres zu sorgen. Das heilige Religionsrecht des Islams mahnt, dass Nutztiere nicht misshandelt und überfordert werden dürfen. Die Rechtsgelehrten bezeichnen es als eine Pflicht, Tiere zu tränken und ihnen Futter zu geben, wenn dies notwendig ist. Und wenn es nicht notwendig ist, gilt es als empfohlene gute Tat.
Imam Kadhim (a) sagt: „Denkt an Gott in Bezug auf die, deren Zunge angebunden ist.“ Da wurde er gefragt, um wen es sich dabei handelt. Er sagte: „Schafe, Katzen, Tauben und ähnliche Tiere.“
Zurzeit des Propheten (s) und der Makellosen Imame aus seinem Hause, waren Tiere das wichtigste Transport- und Fortbewegungsmittel. Die großen Vorbilder des Islams haben zu verschiedenen Gegebenheiten, auf den Anstand bei der Nutzung von Tieren hingewiesen und zur Einhaltung dieser guten Sitten angehalten und sind mit gutem Beispiel vorangegangen. Gemäß den islamischen Geboten ist nicht nur die Misshandlung eines Tieres verboten, sogar auch ihre Schmähung und ein Verfluchen von Tieren sind verwerflich.
In den islamischen Überlieferungen gibt es einige Anweisungen für die Nutzung von Vieh als Tragtiere.
Der Prophet des Islams (s) sagt: Zwinge ein Tier nicht zu einem Weg, der seine Kräfte übersteigt.“ Auch darf man dem Tier nicht mehr aufladen, als es wirklich tragen kann. Das islamische Recht verbietet dies. Ebenso ist es verwerflich, einem Tier auf einer langen Strecke keine Zeit zum Ausruhen zu gewähren oder zu dritt auf einem Tier zu reiten.
Die Gerechtigkeit zu Tieren wird so sehr betont, dass Imam Ali (a) sagt, er sei nicht bereit, einer Ameise die Schale eines Gerstenkorns zu nehmen, auch wenn man ihm im Gegenzug die ganze Welt dafür schenken würde.
Ein Tier, das den Menschen dazu dient, seine Bedürfnisse zu decken, ernährt sich oft selber, zum Beispiel von den Pflanzen außerhalb der Stadt. Der Besitzer muss es weiden lassen. Manchmal gibt es im Lebensraum der Tiere aber keine solche Möglichkeit, und dann muss der Besitzer oder der Nutzer des Tieres Futter und Wasser für es bereitstellen. Die Ernährung der Tiere ist nach Islamischen Religionsrecht so wichtig, dass Imam Baqir (a) über ihre Nutzung als Reittier oder Tragtier gesagt hat: „ Immer wenn du durch ein grünes Gebiet kommst, dann geh langsamer (und berücksichtige das Bedürfnis des Tieres nach Futter) aber wenn du durch eine dürre Gegend kommst, dann beeil dich, sie hinter dir zu lassen.“
Das islamische Religionsrecht besagt grundsätzlich: Jeder der ein Tier besitzt hat die Pflicht seine Bedürfnisse zu decken. Es wird dabei kein Unterschied gemacht ob es sich um ein Tier handelt, dessen Fleisch verzehrt werden darf oder dessen Fleisch verboten ist. Denn jedes Tier wird hungrig und durstig und hat ein Recht auf Leben. Besonders beachtet werden müssen Muttertiere, die ihre Jungen stillen. Einer der Glaubensgefährten des Propheten berichtet, dass jemand dem Propheten Gottes (s) eine Kamelstute geschenkt hatte, die ihr Junges stillte. Er sagte zu mir, ich solle die Stute melken und ich machte mich eifrig ans Werk, um so viel wie möglich Stutenmilch abzumelken. Als der Prophet dies sah, sagte er: „ Du solltest nur so viel melken, dass auch für das Fohlen ein Anteil bleibt.“
Der Schutz von Muttertieren, die ihr Junges stillen, gilt nicht nur für Tiere, deren Fleisch verzehrt werden darf, sondern auch für jedes andere Tier, so zum Beispiel für Hunde.
In einer Überlieferung steht:
Als das Heer des Islams in Richtung Mekka zog, um die Stadt zurückzuerobern, sah der Prophet Gottes eine Hündin die ihre Jungen stillte. Da sagte er zu einem Glaubensgefährten er solle sich schützend vor die Hündin und ihre Welpen stellen, damit ihnen die Soldaten beim Vorbeiziehen nicht aus Versehen ein Leid zufügen.
Insgesamt gesehen ist zu sagen, dass ein Muslim religionsrechtlich und menschlich verpflichtet ist, das Bedürfnis eines Tieres zu stillen, unabhängig davon ob dieses Tier ihm gehört oder nicht, ihm etwas nützt oder nicht nützt.
Wir schließen mit einer Begebenheit aus dem Leben des Propheten. Eines Tages sah der Prophet (s) im Vorbeigehen ein Kamel, das jemand bei einem Haus ohne Wasser und Futter angebunden hatte. Der Prophet fragte: „Wem gehört dieses Kamel?“
Ein junger Mann von den Ansar (Muslime in Medina) meldete sich.
Da sagte der Prophet zu ihm: „Fürchtest du dich nicht wegen diesem Tier, über das Gott dich zum Besitzer gemacht hast? Entweder besorge Wasser und Futter für es oder lass es frei, damit es selber etwas zu Fressen findet.“
source : irib