14. Dhu-l-Hidscha 1329 (6.12.1911)
Geehrter [scharif] großer Gelehrter [allamah] und weiser Herr [scheich] Abdalhussain Scharaffuddin al-Musawi, der Friede sei mit Dir und die Gnade Allahs und Seine Barmherzigkeit.
Die Überlieferung auf Seite 111 im ersten Teil von Ahmad bin Hanbals „Musnad" habe ich studiert und ihre Gewährsmänner einer genauen Prüfung unterzogen. Ich fand unter ihnen verlässliche und vertrauenswürdige Autoritäten. Sodann untersuchte ich ihre jeweiligen Überlieferungswege, deren Zusammenhalt sich als eng erwies und die sich, einander stützend, gegenseitig Rückhalt boten. Ihre Korrektheit steht für mich hiermit außer Zweifel.
Jedoch führt Ihr hinsichtlich der Bestätigung des Imamats nicht eine authentische Überlieferung an. Dies gilt, solange ihre Überlieferung nicht ununterbrochen [mutawatirah] ist. Das Imamat gehört bei Euch nämlich zu den Glaubensgrundsätzen. Da diese Überlieferung den Grad der ununterbrochenen Aufeinanderfolge nicht erreicht hat, darf man sich nicht auf sie berufen.
Man kann sagen, dass bezüglich dieser Überlieferung Ali in ganz spezieller Art für die Angehörigen seines Hauses der Nachfolger des Propheten (s.) war. Wo aber ist eigentlich der Nachweis für das allgemeingültige Kalifat Imam Alis? Es besteht die Möglichkeit, dass zudem die Aufhebung dieser Überlieferung vertreten wurde, da der Prophet sich von seinem Inhalt distanziert haben könnte. Aus diesem Grunde hätte dann auch kein Hemmnis mehr bestanden, gleichermaßen die Gefährten des Propheten, also die drei rechtgeleiteten Kalifen (r.) anzuerkennen.
Der Friede sei mit Dir.
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Die 24. Konsultation - Immerwährendes Imamat
15. Dhu-l-Hidscha 1329 (7.12.1911)
Verehrter [maulana] Scheich al-Islam, der Friede sei mit Dir und die Gnade Allahs und Seine Barmherzigkeit.
Zur Rechtfertigung des Anspruchs auf das Imamat1 berufen sich die Sunniten auf jede einwandfreie Überlieferung, sei sie nun unterbrochen oder nicht. Wenn die Sunniten nun die Korrektheit ihrer Überlieferungswege für sich festgestellt haben, so wollen wir (bei der Diskussion mit Ihnen) uns denn nun auf sie beziehen. Für die sich von ihnen selbst auferlegten Pflichten haben sie einzustehen.
Was nun auf unsere Argumentationsführung bei der Frage nach dem Imamat unter unseren Leuten anbelangt, so ist die betreffende Überlieferung von unserer Seite bekanntlich ununterbrochen.
Die Behauptung, dies beweise, „Ali sei der Nachfolger des Gesandten Allahs einzig und allein unter den Angehörigen seines Hauses" wird zurückgewiesen. Denn jede Aussage, die Ali (a.) als den Nachfolger des Gesandten Allahs unter den Angehörigen seines Hauses bestätigt, bevollmächtigt ihn gleichzeitig zum allgemeinen Kalifentum. Wird also Alis Recht auf das allgemeine Kalifentum in Abrede gestellt, so negiert dies auch seinen Status als Nachfolger des Gesandten Allahs unter den Angehörigen seines Hauses. Das letzte Wort dazu ist aber noch nicht gesprochen. Was für eine Philosophie ist es nur, die zur Einstimmigkeit der Muslime im Gegensatz steht?
Ich werde Deine Äußerung über die Aufhebung der Überlieferung nicht vergessen, denn diese Äußerung über den Textbeleg ist nicht bekannt, und zwar weder auf dem Gebiet der Logik noch aus dem
1 Für die ersten drei Kalifen
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des Gesetzes, denn sie gehört zu den Texten, die vor dem Erscheinen der Zeitspanne der Prüfung stammen, wie es doch bekannt ist, d.h. es gibt hier keine Aufhebung, außer das, was der Prophet vom Inhalt der Überlieferung als aufgehoben erklärte, und zu diesem gehört, dass der Prophet (s.) jene Überlieferung nicht aufhob. Es gibt ja sogar auch später aufeinander folgende und ununterbrochen überlieferte Überliefererketten, die sich gegenseitig stützen.
Selbst, wenn vorausgesetzt würde, dass nach seinem Tode keiner dieser Texte echt wäre, woher stammt dann die Aufhebung des Propheten im Hinblick auf ihren Inhalt und seine Abstandnahme von ihrem Bedeutungsgehalt?
„Sie folgen nur der Vermutung und was ihre Seelen an eigenen Launen haben, und es ist bestimmt schon von ihrem Herrn die Rechtleitung gekommen." 1
Der Friede sei mit Dir.