Interreligiöse Tagung in Paderborn
Ohne Religion ist Europa undenkbar und die Religionen mit ihren vielfältigen Traditionen werden in Zukunft gebraucht, um das "Friedensprojekt Europa" am Leben zu erhalten. Das ist das Ergebnis des dreitägigen Europakongresses in Paderborn, der am Freitag mit einem Dialog von Vertretern aus Religion, Politik und Wissenschaft zu Ende ging." heißt es im Tagungsbericht des Bonifatiuswerkes. Vertreter verschiedener Glaubensrichtungen hatten zum Thema "Jüdische, muslimische und christliche Wegmarken in Europa: Wie gemeinsam Zukunft gestalten ohne Selbstaufgabe?" diskutiert.
Rabbiner Walter Rothschild erklärte, Religion und Staat gehörten nicht zusammen. Was die Religionen in Zukunft in Europa ausrichten könnten, hänge von den Religionen, nicht aber vom Staat ab. Die Idee einer "jüdischen-christlichen Zivilisation" kommt seiner Auffassung nach zu spät: "Es gibt kaum Juden in Europa."
Eine "jüdisch-christliche Zivilisation" hält auch der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman A. Mazyek, für eine problematische historische Konstruktion, die zum Ausschluss des muslimischen Erbes in Europa dienen soll. Die Muslime seien historisch betrachtet nicht nur "Zaungäste" in Europa gewesen, sondern etwa in Spanien oder auf Sizilien im Austausch mit Christen gewesen. "Wir haben viele geschichtliche Entwicklungen, jahrhundertealte Prägungen, auch von muslimischer Präsenz in Europa selbst. Es ist kein neuzeitliches Thema. Insofern braucht Europa Muslime – und Muslime brauchen Europa. Ein richtig verstandener Glaube macht aus einem Muslim einen europäischen Patrioten."
Bezogen auf das Zusammenleben in Europa sagte Mazyek: "Ich benutze gerne das Wort "Achtung" in dem Zusammenhang. Ich glaube auf diesen Weg können wir Wahrheitsanspruch für uns deklarieren und gleichsam tolerant miteinander auskommen. Dann kamn der Dialog auch sehr fruchtbar sein, weil er deutlich macht, die Gemeinsamkeiten sind meist viel größer."
Der konfessionslose Philosoph und Schriftsteller Wolfram Eilenberger sagte, dass die Rolle Europas in der Geschichte bislang überproportional groß gewesen sei. Dass diese Zeit als "imaginiertes Zentrum" sich dem Ende zuneige, schaffe kulturelle Unruhen. Es sei Aufgabe der Religionen, darauf aufmerksam zu machen und den "europäischen Narzissmus" abzulegen.
Europa ist nach den Worten der ehemaligen deutschen Botschafterin beim Vatikan, Annette Schavan, ein schwieriger Kontinent für Religion und Religionen. Sie merkte an, dass derzeit 80 Prozent der Weltbevölkerung ihr Leben "glaubensbasiert" führt. Auch Europa müsse in dieser Gegenwart ankommen. Bischof Hein schloss sich ihr an: "Europa ohne Religion ist ein unvollständiges Europa."