Die „Gegenwart“ des Herzens im Gebet
von Um Yasin
Das Gebet ist eine himmlische Formel und göttliches Heilmittel, in der jeder einzelne Teil ein verborgenes Geheimnis enthält. Es ist ein Mittel der Liebe, der Kommunikation und des Gedenkens an den Herrn des Universums. Es ist die Beste Art und Weise um Perfektion zu erlangen, spirituellen Aufstieg und die Nähe Gottes. Gemäß islamischen Überlieferungen wird das Gebet als die himmlische Reise (miraj) eines Gläubigen bezeichnet, die ihn vor moralischen Unanständigkeiten schützt.
Es ist so ein reiner, glitzernder Strom der Spiritualität, sodass wer immer in ihn fünf Mal am Tag eintaucht, seine Seele von allen möglichen Unreinheiten und Verschmutzungen gereinigt wird. Es ist der größte anvertraute Schatz oder Verantwortung von Gott dem Allmächtigen und ist der Maßstab für die Annahme aller anderen Taten. Das Gebet ist eine himmlische mysteriöse Anweisung, die aber um am Leben zu bleiben und um den Geist des Gebetes nicht zu verlieren der Gegenwart des Herzens unterworfen ist, das sich konzentrieren auf Gott, den Allmächtigen und vor Ihm demütig zu sein.
Die Anflehungen, Rezitation der Koranverse, das in die Knie gehen, das Verbeugen, das Bezeugen und das Begrüßen stellen das Gesicht und den Körper des Gebets dar, während die Gegenwart des Herzens und die Aufmerksamkeit gegenüber dem Schöpfer den Geist darstellen. Da ein Körper ohne Seele ein toter Körper ist, dem jegliche Charaktereigenschaften fehlen, so ist es auch mit dem Gebet in dem das Herz nicht präsent ist. Obwohl es die Pflicht der Durchführung des täglichen Pflichtgebetes genüge tut so hilft es nicht, den Betenden auf eine höhere spirituelle Stufe zu bringen.
Alles in allem ist beim Gebet das Ziel die Erinnerung oder das Gedenken Gottes.
Im Koran steht: „Siehe, Ich bin Allah; es ist kein Gott außer Mir. Darum bete mich an und verrichte das Gebet zu Meinem Gedächtnis.” (Sure Ta Ha, Vers 14)
Weiter wird das Freitagsgebet als ein Gedenken Gottes beschrieben:
„Ihr Gläubigen! Wenn am Freitag zum Gebet gerufen wird, dann wendet euch mit Eifer dem Gedenken Gottes zu und lasst den Handel! Das ist besser für euch, wenn ihr Wissende seid.” (Sure Al-Dschumuah, Vers 9)
Das eigentliche Kriterium der Annahme eines Gebets ist die Gegenwart des Herzen. Das Gebet wird in dem Maße akzeptiert, wie das Herz gegenwärtig war. Aus diesem Grunde wird in den Überlieferungen sehr viel Wert auf die Wichtigkeit/Gewichtung der Gegenwart des Herzens hingewiesen. Ein Beispiel dafür ist eine Überlieferung des Heiligen Propheten (ص), der sagte:
„Manchmal wird nur die Hälfte eines Gebetes akzeptiert, während zu anderen Zeiten nur ein Drittel, ein Viertel, ein Fünftel oder ein Zehntel davon angenommen werden. Manche Gebete werden dem Betenden wie ein zusammengeknüllter alter Stoff auf den Kopf gehämmert. Eigentlich wird nur der Teil des Gebetes von euch angenommen, in dem ihr euch mit ganzem Herzen Allah dem Allmächtigen zugewandt habt.“
(Bihar al-Anwar, Vol.84, Seite 260)
Imam al-Sadiq (ع) sagte: „Wenn ein Diener betet, schenkt im Allah seine Aufmerksamkeit und wendet sich nicht ab, bis nicht sein Diener zum dritten Mal von dem Gedenken an Gott abschweift. Wenn das passiert, wendet sich Gott der Allmächtige sein Antlitz ab von dem Betenden.“
Imam Ali (ع) sagte: „Verrichte dein Gebet nicht im Zustand von Ermattung oder Schläfrigkeit. Während du betest, sollst du nicht an dich selbst denken, da du dich in der Anwesenheit Gottes befindest. Tatsächlich wird nur der Teil des Gebets angenommen, in dem du am Meisten deine Aufmerksamkeit an Gott dem Allmächtigen gerichtet hast.“
(Bihar al-Anwar, Vol.84, Seite 239)
Der Heilige Prophet (ص) sagte: „Über einen Diener Gottes, der jemanden anderen als Allah seine Aufmerksamkeit schenkt, sagt Gott: 'Oh mein Diener! In welche Richtung drehst du dein Gesicht? Wer ist derjenige, den du suchst? Suchst du einen anderen Gott und Beschützer als mich? Suchst du nach einem anderen Gnädigen als Mich? Wo ich doch der Gnädigste unter den Gnädigen bin, der Barmherzigste unter den Barmherzigen und der Großzügigste. Ich werde euch soviel Belohnungen gewähren, dass ihr sie nicht einmal zählen könnt. Seid aufmerksam Mir gegenüber, weil Ich und meine Engel euch gegenüber auch aufmerksam sind.'
Folglich werden dem Betenden seine vorherigen Sünden vergeben, wenn er sich vollends Gott dem Allmächtigen zuwendet. Aber wenn er sich wiederum einem Anderen als Allah zuwendet, dann wird er von Ihm daran erinnert. Wenn er seine Aufmerksamkeit wieder dem Gebet zuwendet, werden ihm seine Sünden und seine Nachlässigkeit im Gebet vergeben und die Folgen davon werden annulliert.
Wenn zum dritten Mal die Aufmerksamkeit von Gebet abweicht, wiederholt Gott der Allmächtige seine vorherige Warnung und wenn der Betende sich dann wieder dem Gebet zuwendet, werden ihm wiederum seine Sünden vergeben. Aber wenn er zum vierten Mal seine Aufmerksamkeit vom Gebet abweicht, dann wenden Allah und seine Engel ihre Gesichter weg vom Betenden und Allah sagt zu ihm: 'Nun habe ich dich an die Vormundschaft abgetreten, die von dir gemocht wird.'“
(Bihar al-Anwar, Vol.84, Seite 244)
Der Wert eines Gebetes hängt direkt von der Gegenwart des Herzens ab und der Aufmerksamkeit die du Gott dem Allmächtigen schenkt. Je nach dem wie weit dieser Zustand im Gebet erreicht wird, wird es eine Auswirkung auf die innere Reinigung und Nähe zu Gott haben. Es war nicht ohne Grund, dass alle göttlichen Propheten (ص) und Imame (ع) so viel Aufmerksamkeit dem Gebet gewidmet haben. Über Imam Ali (ع) wurde berichtet:
„Wenn er im Gebet war, zitterte sein Körper und die Farbe seines Gesichts veränderte sich. Sie fragen ihn nach dem Grund für diese Aufregung und Furcht. Als Antwort gab er: 'Die Zeit ist gekommen das uns anvertraute zurückzugeben – jenes, das der Erde und dem Himmel angeboten wurde und sie es abgelehnt haben, diese Verantwortung zu übernehmen. Aber der Mensch hat diese große Verantwortung akzeptiert. Ich habe Angst davor, ob ich diese schwere Verantwortung erfüllen kann und zurückgeben kann.“
(Bihar al-Anwar, Vol.84, Seite 248)
Über Imam al Baqir (ع) und al-Sadiq (ع) wurde überliefert: „Zur Gebetszeit wurden ihre Gesichter blass und rot vor Furcht vor Gott, dem Allmächtigen; in ihrem Gebet sprachen sie mit Allah, als würden sie Ihn tatsächlich vor sich sehen.“
(Bihar al-Anwar, Vol.84, Seite 248)
Über Imam al-Sajjad (ع) wurde berichtet: „Wenn er betete, veränderte sich die Farbe seines Gesichts und er wurde bleich vor Furcht und wie ein demütiger Diener stand er vor seinem Meister, seine Körperteile zitterten. Seine Gebete waren wie ein Abschiedsgebet, als würde er keine weiteren Gebete nach diesem mehr verrichten können.“
(Bihar al-Anwar, Vol.84, Seite 248)
Über die Tochter des Propheten Fatimah al –Zahra (ع) wurde überliefert: „Wegen der Intensität ihrer Furcht während des Gebets hätte man sogar die Anzahl ihrer Atemzüge zählen können.“
(Bihar al-Anwar, Vol.84, Seite 248)