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"Einheitlichkeit" trotz "Reichhaltigkeit" - ein auffälliger Aspekt des Korans

Jeder forschende, untersuchende Mensch ist unweigerlich ständig der Möglichkeit einerÄnderung seiner Ansicht und Einstellung ausgesetzt, was wissenschaftliche Zusammenhänge und seine Forschungserkenntnisse betrifft. Aufgrund seines Wissens und geistiger Erfahrungen kann es vorkommen, daß er zunächst eine Ansicht in einer Sache äußert, die er aber später aufgrund fortgeführter, weitergehender Untersuchungen für die Auffindung einer Antwort auf bis dahin verborgen gebliebene Probleme verwirft, sich von ihr abwendet und seine Meinung ändert. Die neue Erkenntnis nimmt den Platz der bisherigen Auffassung ein, und dieser Vorgang zählt zu den entscheidenden Faktoren bei der Entstehung von Unterschieden und Gegensätzen in den menschlichen Denkweisen.

Zudem ist es ganz selbstverständlich, daß der Mensch innerhalb einer Zeit von z.B. dreiundzwanzig Jahren mit Sicherheit aufgrund natürlicher körperlicher Veränderungen auch eine gedankliche Umwandlung und eine Umwandlung in bezug auf seine Meinung erfährt.

Es gehörte immer schon zu den Methoden der Gelehrten, Gesetzesgeber und Schriftsteller, die in ihren Werken, Büchern oder Urteilsgebungen begangenen Fehler zu korrigieren und nachträglich die eigene Meinung zu überarbeiten.

Zudem wird die Einstellung des Menschen vom Zugwind einschneidender Ereignisse und unterschiedlicher Bedingungen und Positionen abhängig und dementsprechend nicht immer gleich sein.

Wie bestimmt auch der Wille des Menschen, wie ausgeglichen und edel auch seine Denkweise sein mag, das auf und ab des Lebens mit seinen Veränderungen und dem Sturm seiner Ereignisse wird unweigerlich das Gleichgewicht im Willen und Denken des Menschen erschüttern und ihn diesbezüglich neue Richtungen einschlagen lassen.

Ein Mensch, der schwach und machtlos ist, besitzt eine Weltanschauung für sich. Sitzt jedoch derselbe Mensch auf dem Thron der Macht, so wandelt sich seine Ansicht, und er wird den früheren Problemen aus einem neuen Blickwinkel entgegentreten. Deutlich wird sich die geistigseelische Umwandlung und Meinungsänderung, die er erfahren hat, im Rahmen seiner Worte und seiner Handlungsweise niederschlagen.

Auch dies ist ein weiterer Faktor für das In-Erscheinung-Treten von Unterschieden und Gegensätzen in der Anschauung und Denkweise eines Menschen.

Und selbst wenn jemand entgegen seiner wahren Auffassung eine andere Meinung vorgaukelt und schauspielert, so weiß doch jeder kluge

 

Beobachter nur zu gut, daß solch ein Scharlatan, so geschickt und berechnend er auch sein mag, im Laufe der Zeit unbewußt sich selbst widersprechen und erkannt werden wird, besonders, wenn er jahrelang in einer bestimmten gesellschaftlichen Umgebung verbringt und sich über die verschiedensten Probleme äußert. Und wenn er in Widersprüche gerät, so stellt dies nur die unmittelbare Folge seines Abweichens vom Weg der Wahrheit und der Wahrheitsliebe dar.

Der Koran hat sich über komplizierte und tiefgehende Probleme auf den verschiedensten Ebenen geäußer. Er hat Grundsätze und Bestimmungen hinsichtlich der Handlungsvorschriften und Pflichten und Einrichtungen der Gesellschaftssysteme aufgestellt und beschrieben. Ebenso wie für die Staatshaltung und die ethischen Wertstellung. Es ist jedoch nicht der kleinste Widerspruch und Gegensatz zwischen den vielen Einzelheiten festzustellen. Wenn man bedenkt, daß die Summe der Anordnungen innerhalb von 23 Jahren herabgesandt wurde, so hat dieses allmähliche Erfolgen der Offenbarung dennoch nicht verursacht, daß die koranischen Verse ihre Harmonie und ihr Aufeinander-Abgestimmt-Sein verlieren.

Was jedoch die Aufhebung von Vorschriften enthaltenden Ajats und die Tatsache betrifft, daß die Gebote bestimmter Verse, die zuvor geoffenbart wurden und nach denen gehandelt wurde, durch neue Ajat ersetzt und somit ihre ursprüngliche Gültigkeit zu Ende ging, so bedeutet dies, daß der Grund und

 

Nutzen, zwecks dessen die ursprüngliche Vorschrift jeweils erteilt wurde, ein begrenzter und vorübergehender war, so daß auch seine Folge, nämlich die Vorschrift, nur vorübergehend gelten konnte, d.h. diezweite Vorschrift beendete die Zeitspanne, in der die erste galt. Zudem steht der Erteilung eines vorübergehenden Befehles auch nichts entgegen, solange noch kein Grund für einen beständigen und endgültigen Befehl gegeben ist.

Das Gegenstück dazu stellt eine Anordnung dar, die aufgrund von Unwissenheit und Irrtum erfolgt, und zwar dort, wo der Mensch, ein bestimmtes Interesse verfolgend, eine Vorschrift aufstellt und später bemerkt, daß er sich gtäuscht hat und ihm ein Fehler unterlaufen ist, woraufhin er den ersten Erlaß annulliert und durch einen zweiten, neuen ersetzt.

Diese Art der Annullierung einer Vorschrift entspringt aus Fehlkalkulation und Unkenntnis und ist damit etwas, das Gott und der höchsten Stellung, die er im Sein einnimmt, einfach fernliegt und ihm nicht zugeschrieben werden kann.

Der heilige Koran sagt hierzu:

"Und jedesmal, wenn wir eine Aje aus Nutzerwägungen aufheben und eine andere an iher Stelle offenbaren, sagen die Ungläubigen - obwohl doch Gott besser weiß, was er herabsendet - 'Du heckst immer etwas aus. Das ist nicht wahr!' Aber die meisten von ihnen wissen nicht Bescheid. Sag: Der heilige Geist hat den Koran wahrhaftig von Seiten meines Schöpfers herabgesandt, um die, die glauben, zu festigen und ihnen Rechtleitung und Frohbotschaft zu sein."

(Sure Nahl, Ajat 101, 102)

Wir können den Koran aus zwei Blickwinkeln heraus betrachten: Zum einen die Qualität der einzelnen Ajat, wobei wir feststellen, daß jede für sich auf unerreichbarem Rang erstrahlt.

Zum anderen läßt sich die Summe der Ajat als Ganzes sehen und von ihrem harmonischen Einklang und dem Fehlen an Widersprüchen und Gegensätzen in Stil, Methode und Sinn her beurteilen. Und auch hier nimmt die Fülle der Wunder, mit denen der Koran versehen ist, ein weiteres Gesicht an.

Auf den selben Tatbestand deutet der Koran hin, wenn er seinen himmlischen Ursprung nachweisen will, nämlich auf den, daß sein Inhalt nichts Widersprüchliches enthält und Einheitlichkeit aufweist, obwohl er innerhalb eines relativ großen Zeitraumes von 23 Jahren offenbart wurde.

So lesen wir in Sure Nessa', Aje 82:

"Machen sie sich denn keine Gedanken über den Koran? Wenn diese Schrift von jemand anderem wäre als von Gott, so würden sie in ihr viel Widerspruch finden."

In dieser Aje ist der Hinweis darauf mit einbegriffen, daß unehrliche Menschen und Schwindler sich während ihrer Äußerungen unweigerlich in Gegensetzlichkeiten verwickeln werden. Es wird auch darauf hingewisen, daß es im heiligen Koran nicht die geringste Spur eines Widerspruches im

 

Thema oder einer Unausgewogenheit in Bezug auf die Einheitlichkeit des Stils gibt, und daß dies für die strahlende Echtheit und Wahrheit der koranischen Aufforderung zum Islam spricht. So überläßt der Koran es dem naturgegebenen, innersten Spürsinn des Menschen, diese Tatsache zu erkennen, damit er, der Mensch, fern von den ihm aufgezwungenen, geistigen Schablonen, das Antlitz der Wahrheit erkennt und Recht von Unrecht zu trennen vermag.

Durchblättern wir die Seiten im Lebensbuch des Propheten, so sehen wir, daß er immer wieder Täler verließ und Höhen erreichte.

Einmal zählte er zu einer bedrohten, entbehrenden Minderheit, ein anderes Mal standen ihm materielle Möglichkeiten, Reichtum und Überfülle zur Verfügung. Waren Einsamkeit und Machtlosigkeit, Druck und soziale Einkreisung in einem bestimmten Zeitraum so stark, daß es auch einen Mächtigen entkräftet hätte, so wurde ihm später ein derartiges Ansehen zuteil und er so bekannt, daß er als Oberhaupt und geistiger Führer eines siegreichen und starken Volkes in der damaligen Welt galt.

Zudem sah er sich manches Mal mit ausgedehnten kriegsbedingten Krisen und damit verbundenen unruhigen Zeiten konfrontiert, während er andere Male eine friedliche und ruhige Atmosphäre einatmen konnte.

Bekanntlich spielen Lebensumstände eine weitgehende Rolle bei der Entstehung der menschlichen Auffassung, seiner Denkweise sowie der Beziehung des Menschen zum

 

Mitmenschen und zur Natur. Lebensbedingungen sind Faktoren und Phänomene, die dem Menschen Zusammenhänge aufdrängen, welche grundlegende Änderungen in seiner Einstellung zu den Dingen hervorrufen. Sein inneres Gesicht, sowie sein äußeres, wird sich gemäß der Stelle, an dem er gesellschaftlich einzuordnen ist, ändern. In jeder Phase des Lebens bestimmt die Art der geltenden Umstände, wie seine Anschauung im einzelnen aussehen wird. Sie rufen jeweils ein unterschiedliches gedankliches Anordnungsmuster hervor, und dieses Gedankennetz kann sich zu einem sehr starken Antriebsfaktor bei der Nutzung(oder auch Ausnutzung) außergewöhnlicher Positionen und Situationen entwickeln.

Auch die Stellungnahme des Menschen angesichts der Ereignisse nimmt unterschiedliche Formen an. Manchmal benutzt er sie als Mittel für einen wahrhaftigen Fortschritt und Aufstieg und schafft Werte, und manchmal setzt er zur Täuschung nur die Maske eines menschlichen Ideales auf.

Es ist der Mensch, der, indem er angesichts externer Geschehnisse in seiner Umwelt seine eigene Stellungnahme aussucht und die Richtung und Art bestimmt, die er in Bezug auf das Hauptziel seiner Erschaffung im Reich der Schöpfung zu wählen wünscht, dem eigenen Wesen und seinem charakterlichen Sein Formen verleiht.

Und auch das weltliche Leben selbst ist letztendlich mit seinen ausgedehnten Dimensionen und seiner Vielfalt an Erscheinungsformen ein Faktor, der die Werte und Wertstellungen des Menschen mitbestimmt. Es stellt die Gleise für das Handeln des Menschen, seine Bewegung und den Nutzen,

 

den er aus seinem Sein zieht, und nimmt darüberhinaus noch eine gewisse Auslese vor.

Wäre der Koran, der unter vollkommen unterschiedlichen Voraussetzungen und in unterschiedlichen Situationen Form annahm und innerhalb vor23 Jahren in getrennten Teilen sowohl in Mekka als auch in Medina offenbart wurde, das geistige Produkt der Person des Propheten Mohammad(s.a.s.) selbst gewesen, so wäre er unweigerlich vom ausnahmslos geltenden Gesetz der Umwandlung betroffen gewesen und hätte im Laufe der Offenbarung Veränderungen erfahren, hätte seine einheitliche Gestalt verlieren müssen.

Zudem hätte diese Schrift aufgrund der der jeweilig geltenden Situation entsprechenden Stellungnahme klare Unterschiede in Bezug auf die Weltanschauung aufweisen müssen, hätte durch Widersprüche und Gegensätze an Geordnetheit eingebüßt, und auch ihr Stil wäre im Laufe der Zeit anders geworden und würde keine Einheitlichkeit mehr aufweisen.

Es zählt zu den Methoden in der Literatur, daß ein Buch sich gewöhnlich mit der Untersuchung und Beschreibung nur eines Themas befaßt, sei es nun ein rechtliches, historisches, philosophisches, gesellschaftliches oder ein die Umgangsformen betreffendes.

Im Gegensatz dazu spricht der Koran über vollkommen unterschiedliche Dinge, so über Recht und Politik, Gotterkenntnis, Gesetzes -

 

und Strafrechtsordnung und - regeln, Ethik, Moral, gutes Benehmen, Geschichte, Einzelheiten der Gebote und Dutzende andere Themen.

Dennoch – Der Stil bleibt gleich. Kein Thema verliert an Bestimmtheit. Zwischen der allerersten Sure, die dem Propheten offenbart wurde(Sure Äghra) und der allerletzten(Sure Nassr) besteht nicht der geringste Unterschied diesbezüglich. Wirksamkeit, Schönheit im Wort und Anmut im Ausdruck - sind unübersehbares Merkmal einer jeden Sure und der Inhalt einer jeden von ihnen erstrahlt, gleichwohl um welches Thema es nun geht, immer auf dem Niveau eines unerschütterlichen, einleuchtenden Argumentes.

Der Koran bildet in sich eine geordnete, harmonierende Einheit. Keiner der in ihm enthaltenen Grundsätze ist einseitig und steht abgetrennt von den anderen Prinzipien und Gesetzen. Die Behandlung des einen Grundsatzes liefert den Schlüssel zur Darlegung wiederum anderer.

Alle Grundlagen, ob weltanschauliche oder ethische, sowie alle Gebote und Individuum - oder gesellschaftsbezogenen Gesetze, die Demut bezeugenden religiösen Riten, Erziehungsmuster, weltliche oder geistigseelische Ziele behandelnde Prinzipien — sie alle veranschaulichen deutlich das durch den Koran verkörperte Mysterium, lassen erkennen, daß er ein Wunder ist.

Keiner der in ihm genanten Grundsätze und Gebote steht den Prinzipien seiner Weltanschauung entgegen oder mit ihnen im Widerspruch, und

 

das gleiche gilt auch in Bezug auf ihr Verhältnis zu den philosophischen, erzieherischen, moralisch-ethischen Grundlagen.

Trotz der ausgedehnten Dimensionalität des Korans weist keines seiner Gebote und keine Anweisung einen Widerspruch zu einem Grundsätze aus der Vielfalt seiner Grundsätze auf.

Die außergewöhnlichen Eigenschaften und Besonderheiten des Korans und seine unanzweifelbare Überlegenheit den menschlichen Geistesprodukten gegenüber, legen deutlich Zeugnis dafür ab, daß dieses konkurrenzlose Werk, diese Sammlung der Offenbarungen, der Existenz und der immerwährenden Wahrheit Gottes entspringt, und damit dem Sein, das Unbegrenzt, das Unendlich ist. Das von keinem verändernden Dinge beeinflußt werden könnte, geschweige denn In-sich-Widersprüchliches zuließe.


source : Seyyed Modjtabaje Musawi
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