Ein viel diskutiertes Thema unserer Zeit sind die Menschenrechte. Die Menschenrechte sind die Grundrechte, die jedem Menschen aufgrund seines Menschseins zustehen. Alle haben,
unabhängig von ihrer Volks- und Staatsangehörigkeit und ihrem Geschlecht oder ähnlichem, den gleichen Anspruch auf diese Rechte und niemand genießt diesbezüglich Privilegien.
Wir werfen eine Blick auf die Haltung Imam Ais (a) zu dieser Frage.
Die gewaltige Bewegung, die auf der Arabischen Halbinsel nach der Aussendung des Propheten des Islams (Gottes Segen sei ihm und Friede seinem Hause) entstand, versprach einen großen Wandel in der menschlichen Gesellschaft. Zu diesem Wandel gehörte auch die Begründung neuer Wertmaßstäbe für die Menschenrechte.
Das Verhalten des Propheten (s) zu allen Menschen ist etwas Einmaliges in der Geschichte der Menschheit. Insbesondere für die Zeit in der er lebte, war es etwas Außergewöhnliches. Der Prophet akzeptierte die Aufnahme der Juden und Christen in der Islamischen Gesellschaft und legte damit den Grundstein für nationale Einheit. Er bekämpfte die üble Sitte, Töchter bei lebendigem Leibe zu verscharren. Er setzte sich intensiv für die Beseitigung der Sklaverei ein und er hielt seine Schüler und Helfer zu freiheitlichem Denken an.
Dies sind nur einige Beispiele für das Verhalten des Propheten. Sie genügen bereits, um den Standpunkt des Islams zu den Menschenrechten zu verdeutlichen. Zweifelsohne sind diejenigen, die in dieser hohen Schule aufgewachsen sind, in dieser Beziehung ebenso zu einem Vorbild geworden, insbesondere Imam Ali (a).
Für Imam Ali (a) kommt das Recht auf Leben an erster Stelle zu stehen. Jeder Mensch hat das Recht auf Leben und niemand darf ihm dieses Recht verwehren. Das Recht auf Leben steht an erster Stelle, weil ohne seine Erfüllung auch die anderen Rechte nicht mehr in Frage kommen. Für Imam Ali ist dieses Recht von so hoher Bedeutung, dass er sagt:
„Der Prophet Gottes (s) hat mir zwei Bücher hinterlassen: Das Buch Gottes und das Buch in meiner Säbelhülle.“
Er wurde gefragt: „O Befehlshaber der Gläubigen! Was ist das für ein Buch in deiner Säbelhülle?“ Da sagte Imam Ali (Friede sei mit ihm) er: „Jemand der jemanden tötet, der kein Mörder ist oder jemanden mit dem Säbel schlägt, der ihn nicht geschlagen hat, auf dem sei Gottes Fluch!“
Mit diesen Worten hat Imam Ali ein ernsthaftes Verbot gegen den Einsatz der Waffe in dem Falle, wo es zur Tötung eines unschuldigen Menschen führt, ausgesprochen. Deshalb wendet er sich (laut Brief 53) mit folgender Anweisung an seinen Gouverneur in Ägypten, Malek Aschtar:
„Und hüte dich davor, unerlaubt Blut zu vergießen, denn nichts bringt jemanden der Bestrafung (Allahs) näher, hat schlimmere Folgen und ist mehr dazu angetan, die Gnadengeschenke (Allahs) zum Niedergang zu bringen und die (Lebens-) Dauer abzukürzen, als das zu Unrecht vergossene Blut.“
Imam Ali verweist ebenso auf die jenseitige Strafe für ein solches Vergehen und fährt fort:
„Allah, Der Erhabene wird am Tage der Auferstehung über ihr gegenseitiges Blutvergießen das Urteil zwischen den Dienern in Kraft setzen.“
Imam Ali mahnt davor, dass ein Herrscher Blut vergießt, um seine Herrschaft zu stärken.
Leider gab und gibt es zahlreiche Beispiele in der Geschichte dafür, dass Herrscher zur Festigung ihrer Macht dieses Mittel einsetzen. Deshalb gehört das Recht auf Leben auch in der ersten internationalen Menschenrechtserklärung zu den Grundsätzen, die an erster Stelle genannt werden.
Imam Ali (a) sagt:
„Daher stärke nicht deine Herrschaftsgewalt durch Vergießen unverletzlichen Blutes, denn das gehört zu den Dingen, durch die sie (die Herrschaftsgewalt) geschwächt und niedrig wird. Solches (Vorgehen) wird sie (die Herrschaftsgewalt) zum Niedergang führen und (auf jemand anderen) übergehen lassen.“
Das Recht auf Freiheit gehört zu den grundlegendsten Menschenrechten. Freiheit bedeutet, dass der Mensch selber entscheiden und über sein Schicksal bestimmen kann und niemand berechtigt ist, über das Leben, Eigentum und den Willen eines Menschen zu verfügen.
Dieses Freiheitsrecht, welches in der internationalen Menschenrechtserklärung des 20. Jahrhunderts genannt wird, wurde Jahrhunderte zuvor bereits vom Islam verkündet. Imam Ali (a) legt großen Wert auf die Freiheit, insbesondere auf die persönliche Freiheit. Wir begegnen in seinem Verhalten vielen Beispielen für seine Achtung für dieses Recht. Unter seiner Regierung genossen auch Gegner die gleichen Zivilrechte wie andere. Einmal begann ein Gegner Alis (a) ihn zu beschimpfen, als er gerade eine Ansprache hielt. Die Helfer Alis wollten ihn dafür bestrafen. Aber der Imam ließ es nicht zu, sondern sagte: „Haltet einen Moment ein! Die Antwort auf Beschimpfung ist Beschimpfung oder Vergebung.“
Ali (a) hat aus den gleichen Gründen mit Hinweis auf die Chawaridsch (Charidschiten) , die behaupteten, dass Imam Ali kein Muslim mehr sei und ihn beschimpften, gesagt:
„Sie (die Chawaridsch) haben uns gegenüber drei Rechte: Erstens, dass wir sie nicht daran hindern, die Moschee zu betreten, um dort zu beten und Gott eingedenk zu sein.
Zweitens: Solange sie mit uns zusammenarbeiten, dürfen wir sie nicht von der Verteilung der Güter, die uns bei Gefechten in die Hände fallen, ausschließen.
Drittens: Wir dürfen keinen Krieg gegen sie führen, solange sie nicht zum Krieg gegen uns antreten.“
Das Vorgehen Imam Alis (a) ist von dem Gedanken der Gleichstellung der Bürger geprägt. Dafür zeugt zum Beispiel, dass er bei Regierungsantritt den Inhalt der Volkskasse gleichmäßig unter der Bevölkerung verteilt und jedem drei Dinare gegeben hat. Sahl Ibn Hanif beschwerte sich wieso ein Mann, der sein Sklave gewesen war und den er frisch freigelassen hatte, genauso wie er 3 Dinare erhält! Da sagte der Imam (a) zu ihm: “Ja wir geben dir genauso viel wie wir ihm geben.“
Imam Ali hielt sich an die Vorgehensweise des Propheten Gottes (s) und lehnte wie er jegliche Benachteiligung als Unrecht ab. Deshalb antwortete er Talha und Zubair, die sich beklagten, dass er die Gegenstände, die den Muslimen in die Hände gefallen waren, gleichmäßig verteilt, wie folgt: „Ihr sollt wissen, dass in der Vergangenheit einige früher als die anderen den Islam annahmen und ihn mit ihren Säbeln und Speeren verteidigten. Aber der Prophet (s) hat sie bei der Verteilung der Kriegstrophäen nicht gegenüber den anderen bevorzugt, weil sie den anderen vorausgeeilt waren.“
Ali (a) sprach auch denjenigen, die Sünden begangen hatten, nicht ihren Anteil an der Volkskasse ab, und sagte:
„Der Prophet Gottes hat sie (diejenigen die Fehler begangen haben) wegen ihrer Sünde zur Rechenschaft gezogen … aber er hat ihnen nicht ihren Anteil am Islam entzogen und sie nicht aus der Liste der Muslime gestrichen.“
Imam Ali (a) hat zu verschiedenen Gelegenheiten davon gesprochen, dass die religiösen Minderheiten gleich und gerecht behandelt werden müssen. In der Regierungszeit Imam Alis (a) wurden die Rechte dieser Minderheiten in der Islamischen Gesellschaft hervorgehoben. In seinem Brief 53 an Malek Aschtar schreibt er:
„Begegne den Menschen mit einem Herz voller Barmherzigkeit und Freundlichkeit …., denn sie sind von zweierlei Art: Entweder dein Bruder in der Religion, oder dir in der Schöpfung gleich (d.h. sie sind Menschen und besitzen Menschenrechte).“
Ali (a) hat mit diesen wenigen Worten die beste Charta für die Menschenrechte und die Gleichstellung vor dem Gesetz vorgelegt. Die Gleichheit bezieht nach Ansicht von Imam Ali auch mit ein, dass das Regierungsüberhaupt das gleiche aus der Volkskasse erhält wie alle anderen Bürger.
Einmal ging ein Panzerhemd des Imam verloren. Ali sah es nach einiger Zeit bei einem Mann, der Christ war. Er sagte zu ihm: „Dieses Panzerhemd gehört mir.“ Aber der Christ stritt dies ab. Imam Ali ging mit ihm zum Richter und beschwerte sich. Er sagte: „Das Panzerhemd gehört mir. Ich habe es weder verkauft noch jemandem geschenkt. Und nun ist es bei diesem Mann.“
Der Richter fragte den Mann: „Der Kalif hat seine Klage eingereicht. Was sagst du dazu?“ Der andere sagte: „Dieses Panzerhemd gehört mir. Der Kalif irrt wohl!“
Der Richter frage Ali (a): „Ihr seid der Kläger und dieser Mann weist die Klage zurück. Also müsst ihr einen Zeugen bringen.“ Da lachte Imam Ali und sagte: „Richter! Ihr habt Recht. Nun muss ich einen Zeugen herbeiholen, aber ich habe keinen.“ Damit demonstrierte Imam Ali (a) , dass auch der Herrscher über die Muslime wie alle anderen Bürger vor dem Gericht gleichgestellt ist.
In der heutigen Menschenrechtserklärung heißt es, dass niemand für ein mutmaßliches Vergehen bestraft werden darf, ohne dass seine Schuld nachgewiesen wurde.
Dies war schon in der Frühzeit des Islams ein Menschenrecht. Wir sehen dies an der Anweisung Imam Alis (a) an einen seiner hohen Verantwortlichen. Er mahnt ihn, nur die besten Richter zu wählen, d.h. Richter, die keine Mühe scheuen und denen niemand ein Urteil aufzwingen kann. Diese Richter sollen aufgrund tiefer Erkenntnis handeln und sich nicht mit oberflächlichen Eindrücken begnügen. Sie sollen bei Zweifeln zögern und sich mehr als jeder andere auf Beweise stützen.
source : irib.ir