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Hassanayn (a.s.)

Hassanayn (a.s.)

Von : Ayatollah Motahari

Vorweg :

Zu Ihrer Information: "Hassanayn" ist die Kurzfassung der beiden Namen der Brüder "Hassan" und Hussayn" (a.s.). Und nun zum Thema:

Das Friedensabkommen Imam Hassans (a.s.) war ganz zu Anfang39 schon ein viel erörtertes Thema. So blieb es, bis in unsere Zeit hinein. Ganz besonders heute wird gefragt, warum war Imam Hassan (a.s.) zu einem Frieden mit Muawiah bereit? Dieweil doch - im Gegensatz zu ihm - Imam Hussayn (a.s.) die militärische Konfrontation mit Yazid und Ibn Ziad vorzog und nicht gewillt war, sich mit ihnen zu arrangieren?!

Wer über den Sachverhalt nicht genügend Bescheid weiß, wird möglicherweise annehmen, Denken und Verhalten der beiden Brüder seien gegensätzlicher Art gewesen. Immerhin sind es nicht wenige, da davon ausgehen, daß die Gesinnung dieser beiden Imame unterschiedlich gewesen sei.

39 Selbst zu Zeiten Imam Hassans protestierten einige gegen seinen Friedensbeschluß, der auch in den Zeiten darauf immer wieder erörtert und diskutiert wurde.

 

Daß Imam Hassan (a.s.) ein Mann des Friedens und Imam Hussayn (a.s.) ein Mann des Kampfes und Aufstands waren.

Uns geht es hier nun darum, festzustellen, ob die Friedensbereitschaft Imam Hassans (a.s.) mit Muawiah und die Kompromißlosigkeit Imam Hussayns (a.s.) gegenüber Yazid und Ibn Ziad etwa in einer eventuellen Unterschiedlichkeit ihrer Charaktere beruhten. Das heißt, ob es dann, wenn Imam Hassan an der Stelle Imam Hussayns (a.s.) und Imam Hussayn an der Stelle Imam Hassans gewesen wären, zu anderen Entscheidungen und Resultaten gekommen wäre oder nicht? Ob es dann keinen Friedensvertrag mit Muawieh und keinen Krieg mit Yazid gegeben und die Konfrontation in Kerbela einen anderen Ausgang genommen hätten?!

Oder aber waren es andere Gründe, beispielsweise unterschiedliche Bedingungen, die zu der scheinbar gegensätzlichen Verhaltensweise dieser beiden Imame führten? Waren zum Beispiel zu Zeiten Imam Hassans (a.s.) die Verhältnisse so gelagert, daß er so handeln mußte, wie er handelte? Und zu Zeiten Imam Hussayns - war damals die Situation so, daß er zu Widerstand genötigt war? Daß es keinen anderen Weg für ihn gab?!

Die Frage ist also: Warum stellte Imam Hassan (a.s.) die Fehde ein und schloß Frieden, Imam Hussayn aber nicht. Weshalb leistete er Widerstand und kämpfte?

Diesen Punkt wollen wir zunächst einmal beleuchten, um uns Klarheit zu verschaffen. Vorweg - daß unterschiedliche Bedingungen herrschten, dem stimmen wir natürlich voll und ganz zu, doch darauf werden wir noch zu sprechen kommen. Zunächst einmal ist es jedoch angebracht, kurz auf den "Gihād" einzugehen, da beide Verhaltensweisen mit dem Thema "Gihād" und dem, was der Islam dazu sagt, zu tun haben.

Der Prophet (s.a.a.s) und Frieden

Friedensbereitschaft und Gihād...

Bei einem Rückblick in die Anfänge der islamischen Geschichte stellen wir fest, daß auch der Gesandte Gottes in den ersten Jahren nach seiner Berufung (Bi'tat), in Mekka, bis hin zum zweiten Jahr seiner Emigration nach Medina, mit den feindlichen Muschrikin milde und nachsichtig umging. Auch wenn letztere ihn schwer unter Druck setzten, ihn verhöhnten, drangsalierten und etliche der Muslime zu Tode folterten. Pein und Drangsal, denen er und die Neu-Muslime ausgesetzt waren, wurden tagtäglich unerträglicher, so daß viele ihn baten, sich wehren und entsprechende Schritte

 

unternehmen zu dürfen. Er jedoch erlaubte es ihnen nicht. Noch nicht.

Das einzige, was er ihnen erlaubte, als sie sagten: 'Es reicht jetzt. So geht es nicht weiter, was sollen wir denn noch alles ertragen', war auszuwandern. Nach Habascheh. Später, als der Prophet nach Medina emigriert war, wird dort folgender Koranvers zu ihm hinabgesandt:

أذِنَ لِڷذینَ یُقاتَلونَ بِاﱠنهمْ ﻅُﻟِﻣﻭا ﻭَ إﻦﱠ اﷲ ﻋَﻟﻯﻧَﺻِْرِھِﻡْ لَقدیرُ َ

'Wehren dürfen sich jene, die angegriffen werden - weil ihnen Unrecht geschieht. Und Gott hat fürwahr die Macht, ihnen beizustehen.'40

Und so wurde schließlich jenen, die unterdrückt, gefoltert und drangsaliert wurden, erlaubt, sich zu wehren...

Ist nun der Islam eine Religion des Friedens oder aber des Kampfes?

Wenn er eine Religion des Friedens ist, so hätten sie nicht kämpfen dürfen. Bis ans Ende aller Tage nicht. Dann hätte es heißen müssen: 'Kampf und Krieg ist prinzipiell nicht Sache der Religion. Die Religion hat lediglich zu mahnen und einzuladen. Mehr nicht. Soweit sie damit kommt, soweit kommt sie eben. Und wenn sie mehr nicht erreicht, dann erreicht sie eben nicht mehr...

Ist der Islam jedoch eine Religion des Kampfes - nun, warum wurde den Muslimen dann dreizehn Jahre lang verwehrt, sich zu verteidigen und Gegenmaßnahmen gegen ihre Feinde und deren Schikanen zu unternehmen?

Wenn er jedoch sowohl eine Religion des Friedens als auch des Kampfes ist, so sind es wohl die Bedingungen, die entweder Kampf oder aber Frieden erfordern. Bedenken wir, wie der Gesandte Gottes (s.a.a.s) in Medina vorging. Mal kämpfte er gegen Muschrikin, Juden und Christen, mal traf er Friedensabkommen mit ihnen. Wie in Hudaybiyah mit den mekkanischen Götzenanbetern, die dem Propheten und den Muslimen überaus feindlich gesonnen waren und keine sich keine Gelegenheit entgehen ließen, ihn und sie zu drangsalieren. Auch mit ihnen schloß er - entgegen dem Wunsch der meisten Muslime - Frieden. Und in Medina war es, wo er mit den dortigen Juden einen Nichtangriffspakt abschloß. Warum? Nach welchen Kriterien geht er vor?

40 Sure 22, Vers 39

 

Ali (a.s.) und Frieden

Ebenso sehen wir, daß auch Ali (a.s.) das eine Mal kämpft, das andere Mal nicht. Nach dem Dahinscheiden des Propheten, als es ums Kalifat geht und Ali sieht, wie andere es ihm verwehren und sich selber aneignen (wenngleich der Prophet ihn. und zwar in aller Öffentlichkeit, als seinen Nachfolger bekanntgab, d.U.), unternimmt er nichts. Er greift nicht zu Waffe, zieht gegen die Kalifen nicht zu Felde. Sondern er sagt: Ich bin nicht zu Krieg beauftragt. Und auch wenn man ihm roh und brutal, unverschämt und verletztend gegenübertritt, bleibt er milde und nachsichtig, so daß einmal sogar Fātimah-Zahrā (s.a.) - die Tochter des Gesandten Gottes und Gattin Alis (a.s.) - ihn verwundert fragt:

'O Sohn des Abu Tālib, warum hältst du dich zurück und rollst dich zusammen wie das Ungeborene im Schoß seiner Mutter. Warum verkriechst du dich in einem Winkel deines Hauses und verläßt es nicht mehr, als wärest du ein Verurteilter, ein Schuldiger und schämtest dich?! Du bist doch genau jener Mann, vor dem im Gefecht selbst die Löwen die Flucht ergriffen - und nun sollen selbst die Schakale dich beherrschen können?! Warum?'

Und er antwortet: 'Damals und dort war jenes meine Aufgabe, doch hier und gegenwärtig ist meine Pflicht eine andere.'

Fünfundzwanzig Jahre vergehen. Ali zeigt sich als Mann des Friedens und der Nachsicht. Und als die Leute gegen Utmān rebellieren - in jenem Aufstand, der schließlich zu Utmāns Tode führte - macht Ali (a.s.) nicht mit. Er ist kein Aufständischer, zählt aber auch nicht zu den Freunden und Befürwortern Utmāns. Er ist vielmehr Vermittler. Vermittler zwischen den Aufständischen und dem Kalifen und versucht, eine Entwicklung herbeizuführen, die sowohl den Forderungen der Rebellen - und es waren berechtigte Forderungen, Forderungen im Zusammenhang mit den Beschwerden der Bevölkerung gegen das Unrecht, das Utmāns Vertreter begingen - dienlich ist als auch die Ermordung Utmāns verhindert. (Dies wird in "Nahgul Balāgah" offenkundig und zudem durch die Geschichte bestätigt.)

Ali (a.s.) sagte zu Utmān: Ich befürchte, daß du der erste Kalif sein wirst, der durch diese Bevölkerung den Tod findet. Und wenn das geschieht, wird damit in dieser Gesellschaft das Kapitel "Kalifenmord" eröffnet werden. Es wird in den Reihen der Muslime zu endlosen Unruhen und Zwietracht kommen.

Selbst in der kritischsten und schwersten Zeit der Utmān-Ära fungiert Ali (a.s.) als Vermittler zwischen den Aufständischen und dem Kalifen Utmān. Auch zu Beginn dessen Kalifat, damals, als die List des Abdur Rahmān Ibn

 

Awf stattfand und von sechs Kanditaten nur noch zwei übrigblieben, nämlich Ali (a.s.) und Utmān, verhielt sich Ali ebenso. Und zwar hatte Umar einen Rat, bestehend aus sechs Personen, beauftragt, einen von ihnen als seinen -also Umars - Nachfolger zu wählen. Schon gleich zu Anfang schieden drei Personen aus: Zubayr zugunsten Alis, Talheh zugunsten Utmans und Sa'd Waqās zugunsten Abdur Rahmāns. Doch auch Abdur Rahmān sagte nun, daß er ebenfalls als Kandidat ausscheiden wolle. Es blieben also zwei Kandidaten. Gewählt aber sollte der werden, für den Abdur Rahmān stimmen werde, denn der, für den dieser stimmen würde, erhielt damit vier Stimmen (Nämlich zwei Stimmen Abdur Rahmāns und zwei Stimmen des betreffenden Kandidaten, da ja jeder der beiden Kandidaten ebenfalls zwei Stimmen besaß).

Zunächst ging Abdur Rahmān zu Ali (a.s.) und sagte: 'Ich bin bereit, für dich zu stimmen und dir den Treueid zu schwören, wenn du versprichst, dem Buch Gottes, der Tradition des Propheten und dem Vorgehen der "Schaykhin" gemäß zu handeln.'

Ali (a.s.) antwortete: 'Und ich verspreche dir, gemäß dem Buch Gottes, der Tradition des Propheten und dem, was ich für für richtig halte, vorzugehen.'

Daraufhin ging Abdur Rahmān zu Utmän und sagte: 'Ich bin bereit, für dich zu stimmen, wenn du versprichst, gemäß dem Buch Gottes, der Tradition des Propheten und dem Vorgehen der "Schaykhin" gemäß zu handeln.'

Und Utmān entgegnete: 'In Ordnung, ich bin einvestanden.'

Wiewohl er jedoch auch vom Wege der "Schaykhin" abwich...

Und sie kamen zu Ali und protestierten: 'Warum hast du so reagiert? Was willst du jetzt machen, nachdem sie sich so verhalten haben?!'

Er aber sprach: 'Wenn mir persönlich auch Unrecht geschieht, jedoch die Angelegenheiten der Muslime richtig verwaltet werden und jener, der an meiner Stelle regiert, richtig vorgeht - auch wenn er auf unrechte Weise das Kalifat erhielt - so werde ich mich fügen und nicht in Opposition gehen.'41

Dann, nach Utmans Ermordung und Tod, kamen die Leute in Scharen zu Ali (a.s.), um ihm den Treueeid zu schwören. Un nun begann er, den Widersachern, das heißt den Nākischin, Qāssitin und Māriqin, den Gamal-, Siffin- und Nahrawān-Leuten, die Stirn zu bieten. Und danach, im Anschluß an das Siffin-Gefecht, im Zusammenhang mit der Revolte der Khawārig und der List '.Arnr 'Ās und Muawiahs, die den Koran auf ihre Lanzen steckten und sagten: 'Kommt, laßt den Koran unser Schiedsmann sein', als eine Reihe

4l Nahgul Balāgah, Khutbah 74

 

diesem zustimmten und sich das Heer Amir al Mu'minīs Ali (a.s.) spaltete und ihm kaum noch jemand geblieben war, willigte er schließlich in die "Hakamiyat" ein.

Eine Art Friedensbereitschaft, als er sagte: 'Sie mögen hingehen, die Schiedsmänner, und gemäß Islam und koranischem Wort entscheiden.'

'Amr Ās jedoch beschwor nun eine Entwicklung herauf, die selbst Muawiahs Image nicht ungeschoren ließ. Das heißt, er brachte die Angelegenheit mit List und Tücke zum Abschluß und hinterging "Abu Mussā". Und sein Betrug endete damit, daß alle begriffen, daß sich die beiden nicht eins waren, sondert! der eine den anderen hintergegangen hatte.

Der eine sagte: 'Ich habe beide abgesetzt', dieweil der andere dagegen opponierte und bekanntgab: 'Einer ja, aber der andere nicht. Was ihn betrifft, bin ich nicht einverstanden.'

Und noch war er von der Minbar nicht herunter, noch hatte er seine Rede nicht beendet, da lagen sie sich auch schon in den Haaren, beschimpften einander und der eine warf dem anderen vor: 'Warum hast du mich hintergegangen?!'

Damit aber wurden List und Verlogenheit der Angelegenheit offenkundig.

Ja - so trug es sich zu, das Hakamiyat-Geschehen...

Warum aber willigte Ali (a.s) in diese "Hakamiyat" ein? Sicher, die Khawāriğ setzten ihn unter Druck - doch wenn auch, er hätte sich doch weigern und den Kampf fortsetzen können. Höchstenfalls wäre er getötet worden, wie sein Sohn - Imam Hussayn (a.s.).

Ebenso könnten wir fragen: Warum hatte sich der Prophet zu Anfang nicht gewehrt und gekämpft? Höchstenfalls hätte es ihn das Leben gekostet. Genauso, wie Imam Hussayn sein Leben verlor.

Und auch Amir al Mu'minīn - warum hatte er zu Beginn, nach dem Tode des Gesandten Gottes, nicht gekämpft? Höchstenfalls hätte er dabei den Tod gefunden, wie später Imam Hussayn (a.s.). Und warum fügte er sich der "Hakamiyat"? Würde er sich geweigert haben, hätte er höchstens sein Leben aus der Hand gegeben...

Ist es richtig, so zu reden und zu argumentieren?

Wir kommen zu Imam Hassan (a.s.) und dessen Friedensbereitschaft. Nebenbei - die meisten der Imame (a.s.) lebten in einer Art "Friedenssituation", ähnlich der Imam Hassans (a.s.).

Mit anderen Worten: Es geht nicht allein um die Friedensbereitschaft Imam Hassans und den Widerstand Imam Hussayns. Nein, das Thema ist umfassender, allgemeiner und muß allgemeiner angegangen werden.

 

Nach diesen einleitenden Erklärungen zitiere ich nun aus dem Buch "Ğihād", um einige grundlegende Informationen zum Thema "Ğihād" an die Hand zu geben. Gerüstet mit diesen Allgemeinkenntnissen können wir dann ins Detail gehen.

Schi' ah und Ğihād

Allen ist es bekannt: Im Islam gibt es den "Ğihād", und zwar kennen wir mehrere Ğihādarten. Da haben wir den "Ğihād Ibtidā'i", der dann in Frage kommt, wenn es darum geht, Götzendienst und derlei auszuräumen. Das heißt, auch dann, wenn vorher mit den Götzenanbetern bzw. Kafiren und Nicht-Muslimen keine kriegerischen Auseinandersetzungen bestanden, erlaubt der Islam den Muslimen - allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen - gegen sie Ğihād zu führen. Bedingung ist jedoch, daß die Ğihādler volljährig, bei klarem Verstand und "Freie" sind. Zudem ist dieser Ğihād nur den Männern erlaubt, also nicht den Frauen, und Voraussetzung ist, daß der Imam oder der von ihm bestimmte Vertreter dazu aufruft.

Aus schiitischer Sicht ist dieser Ğihād nur in der Zeit eines Imam (a.s.) möglich oder aber dann, wenn er, dieser Imam, persönlich jemanden mit dieser Aufgabe beauftragt. Mit anderen Worten: Heutzutage ist dieser Ğihād nicht erlaubt, das heißt, auch das derzeitige religiöse Oberhaupt der Muslime kann dazu nicht aufrufen.

Eine weitere Ğihādform besteht darin, daß dann, wenn das islamische Hoheitsgebiet bzw. die islamische Welt, angegriffen wird, diese befugt ist, sich zu verteidigen. Also ein Verteidigungsğihād, der dann in Frage kommt, wenn der Feind entweder das islamische Territorium oder einen Teil davon besetzen und beherrschen will oder aber dessen Bevölkerung oder aber Persönlichkeiten. Oder aber, wenn er einige von ihnen zu entführen oder aber Hab und Gut und Reichtümer der Muslime zu plündern und zu rauben gedenkt. So wie es zur Zeit geschieht, indem sie daherkommen und unsere Boden- und sonstigen Naturschätze fortzuschleppen wünschen. Wenn es sein muß, sogar mittels Gewalt. Oder aber, wenn sie Ehre und Ansehen der Muslime und das, was diesen heilig ist, verletzen und sich an ihnen und deren Nachkommenschaft vergreifen.

Mir anderen Worten: Wenn sie sich an Leben, Ehre, Besitz und dem, was den Muslimen heilig ist, vergehen, so sind diese berechtigt und angewiesen, sich zu verteidigen. Und zwar alle - Mann und Frau, alt und jung, Freie und

 

Unfreie.42 Zu diesem Ğihād ist eine vorherige Erlaubnis des Imam (a.s.) oder aber dessen Stellvertreters nicht notwendig.

Nebenbei, das, was ich hier anführe, ist das, was die großen Gelehrten zu diesem Thema sagen. Gelehrte wie "Muhaqqiq" und "Schahid Tāni".

Von dem Gelehrten "Muhaqqiq" gibt es ein Buch namens "Scharāya'", das zu den renommierten religionsrechtswissenschaftlichen Werken der Schi'ah zählt. "Schahid Tāni" kommentiert es in seinem "Massālik ul Afhām" - eine hervorragende Kommentation. Schahid Tāni gehört selbst zu den großen, man kann fast sagen: zu den ganz großen Gelehrten und Fuqahā' Ahl-Taschayyuhs.

Kurz - sie sagen, daß in diesem Fall die Erlaubnis des Imam nicht Voraussetzung ist. Das heißt also in einer Situation, die in etwa der entspricht, die die Israelis heraufbeschworen haben, indem sie muslimisches Gebiet besetzten. Hier sind alle - Mann und Frau, Freie und Unfreie, alle, die dort leben und wohnen als auch deren Nachbarn und Entfernt-Wohnende -verpflichtet, sich an diesem Ğihād, an diesem Verteidigungsğihād zu beteiligen. Wie gesagt, dazu ist eine vorherige Erlaubnis des Imam nicht erforderlich.

Alle haben sich daran zu beteiligen, ob sie in dem angegriffenen Gebiet leben, in dessen Nähe qder weit entfernt davon. Die genannten Gelehrten sagen:'Dieser Ğihād betrifft nicht nur die Angegriffenen ( sei es ein Angriff gegen Land, Besitz, Leben, Gut oder Ehre), sondern jeder Muslim, der über diesen Angriff gegen seine Glaubensgeschwister erfahren hat, ist verpflichtet, ihnen zu Hilfe zu eilen. Es sei denn, sie seien selbst so stark, sich allein wehren und verteidigen zu können. Andernfalls aber, wenn sie dazu nicht in der Lage sind, sich des Angreifers erwehren zu können, so sind die übrigen Muslime angewiesen, ihnen beizustehen. Und je näher sie wohnen, umso größer ist ihre Verpflichtung dazu.

Dann gibt es noch eine dritte Form des Ğihād, der jedoch nicht allgemeiner Art ist. Es ist mehr oder weniger ein separater oder persönlicher Ğihād, für den andere Regelungen und Bestimmungen gelten als für den "Allgemeinen Ğihād".

Wer beispielsweise im Allgemeinen Ğihād sein Leben verliert, ist Schahid. Er kann ohne besondere "Gusl" (religiöse Totenwaschung) beigesetzt werden. Wer also in diesem "offiziellen" Ğihād getötet wird, wird in seiner Kleidung, die er während seines Schahādats trug und ohne vorherige "Gusl" - d.h. blutig, wie er möglicherweise ist - ins Grab gesenkt.

42 Möglicherweise sogar Nicht-Volljährige

 

Diese dritte Form wird ebenfalls als "Ğihād" bezeichnet, wenngleich für ihn auch jene Bestimmungen, die für den Allgemeinen oder offiziellen Ğihād gelten, nicht zutreffen. Der Wert dieses Ğihād aber bzw. die göttliche Belohnung für ihn ist wie die des allgemeinen Ğihāds, und der Ğihādler ist, so er sein Leben verliert, Schahid.

Wann ist ein solcher Ğihād gegeben?

Angenommen, jemand wohnt in einem nicht-islamischen Land. Dieses Land wird militärisch angegriffen. Sein Leben ist nun also ebenso in Gefahr wie das der übrigen Bevölkerung. Was hat er nun zu tun? Seine Aufgabe ist, sein Leben zu schützen. (Als Muslim in einem nichtmuslimischen Land) Wenn das nur dadurch möglich ist, daß er um sein Leben kämpft, es im Kampf verteidigt - da es ansonsten in Gefahr gerät - so hat er an dem Verteidigungskampf teilzunehmen. Wie gesagt, um sein Leben zu verteidigen. Nicht darum, um dadurch sein Mitgefühl für jene Gesellschaft und jenes Milieu, in dem er lebt, zum Ausdruck zu bringen. Wird er in diesem Krieg getötet, so gilt er als Schahid und wird göttlicherseits als Schahid "belohnt". Wie all jene, die im Islam als Schahid und Ğihādler gewertet werden. (Wenngleich er nicht wie ein "offizieller" Schahid in seiner Kleidung und ohne "Gusl" bestattet wird.)

Zu dieser Ğihādform gehört auch dies: Jemand wird beispielsweise bedroht. Sein Leben, sein Besitz oder seine Ehre werden angegriffen. Nehmen wir an, Einbrecher dringen in sein Haus ein, um ihm seine Habe zu rauben. Was ist hier zu tun?

Natürlich, auch hier gilt es, sich und seine Habe zu verteidigen.

Und wenn diese Verteidigung mit Lebensgefahr verbunden ist?

Es gilt, das Leben-zu-schützen und zu verteidigen. Wenn nun die Verteidigung des Besitzes mit Lebensgefahr verbunden ist, so ist der Betreffende nur dann dazu verpflichtet, wenn zu 50 % die Wahrscheinlichkeit gegeben ist, daß das Leben dabei nicht aus der Hand gegeben wird.

Geht es jedoch um einen Angriff gegen Leben oder Ehre, so gilt es in jedem Fall, sich zu wehren. Auch wenn damit zu rechnen ist, daß dies das Leben kosten wird. Es gilt, sich zu wehren, zu verteidigen, zu kämpfen. Worte wie: 'Was kann ich schon ausrichten, ich werde sowieso den Tod finden' und ähnliches sind hier fehl am Platze.

Das, was in solchen Fällen geboten ist, ist: Verteidigung, Kampf! Und wenn der Attentäter kommt, um dich zu töten, so versuche du, ihm zuvorzukommen. Das heißt: Sei stark, leiste Widerstand! In keinem Fall aber wirf die Flinte ins Korn. Schau nicht tatenlos zu, wie die Gewalttätigen plündern, vergewaltigen, schänden und morden...

 

Drei Ğihād-Formen nannten wir.

Zwei weitere gibt es noch, von denen eine als "Qitäl Ahl l Bagy" bezeichnet wird. Darunter ist folgendes zu verstehen: Wenn es unter den Muslimen zu einem Krieg kommt, und die einen wollen den anderen Gewalt antun - zum Beispiel ein Stamm oder Volk dem anderen - so sind die übrigen Muslime verpflichtet, zunächst einmal zu versuchen, den Streit zu schlichten und Frieden herbeizuführen. Das heißt also, die primärste und elementarste Aufgabe besteht darin, zu vermitteln und zu versuchen, daß sich die Konfliktparteien versöhnen. Ist es jedoch vergebliche Liebesmüh, will die eine Gruppe partout nicht einsichtig sein und vergeht sich gegen eine andere, so sind die übrigen angewiesen, den Angegriffenen beizustehen - gegen den agressiven Flügel.

Im Koran heißt es hierzu:

وَ إﻦْ طائِِفَتانِ مِنَ ﺍﻟْْﻤﺆﻤِﻨﻴﻦَ إِﻗْﺗَﺗِﻟﻭﺍﻔَﺃﺼْﻠِﺤﻭﺍﺑﺑﯿْﻨَﻬَﻣﺍ ﻔَإﻦْ ﺑَﻐَﺖْ إﺣْﺪﺋﻬُﻤﺍﻋَﻠَﻰ ﺍﻠﺍُﺨْﺮﻯ ﻔَﻗﺍﺗِﻠﻭﺍﺃﻠﺗﻱ  ﺗَﺑْﻐﻲ ﺤﺗّﻲﺗَﻔﻴﻰْ إﻠﻰ ﺃﻤْﺮِ ﺍﷲ ََِ

" Wenn zwei Gruppen der Gläubigen miteinander streiten, dann stiftet Frieden unter ihnen. Wenn aber eine von ihnen sich gegen die andere vergeht, so bekämpft die Gewalttätigen, bis sie sich der Weisung Gottes lugen. Tun sie das, dann

stiftet Frieden zwischen ihnen nach Gerechtigkeit und handelt recht. Wahrlich, Gott liebt die Rechttuenden." 43

Zu diesen Fällen gehört auch, wenn sich jemand gegen den gerechten Imam seiner Zeit erhebt. Und da dieser Imam gerecht ist und sein Wort und Tun wahr ist, der andere aber - zu Unrecht - gegen ihn schürt und meutert, gilt es, den Imam zu unterstützen, gegen den Aufständischen.

Ja - und dann wäre noch das Sich-Erheben um des göttlichen Gebotes "Gutes gebieten, Schlechtes verwehren" willen, zu nennen, wenngleich die Meinung der Gelehrten diesbezüglich ein wenig auseinandergeht...

Taschayyuh, Waffenruhe, Frieden

Auch dies gehört zum Kapitel "Ğihād", nämlich das Thema "Waffenstillstand und Frieden". In der islamischen Terminologie heißt es "Hudinah" und "Muhādinah".

43 Sure 49, Vers 9

 

Was ist mit "Hudinah und Muhādinah" gemeint?

Nichts anderes als daß die Waffen zum Schweigen gebracht werden und ein Nichtangriffspakt geschlossen wird. Also ein Abkommen wird getroffen, demnach kriegerische Auseinandersetzungen beendet und eine friedliche Koexistenz herbeigeführt werden.

Auch in diesem Zusammenhang möchte ich aus Muhaqqiqs "Scharäya'" zitieren:

Waffenstillstand und Frieden werden herbeigeführt durch ein Waffenstillstandsabkommen, einen Nichtangriffspakt, einen Friedensvertrag. Also durch das Versprechen, mit- oder nebeneinander friedlich leben zu wollen. Zudem, auch die zeitliche Dauer bzw. Befristung ist anzugeben.

In der schiitischen Rechtsschule (Fiqh) heißt es, daß auch mit "Muschrikin" bzw. Götzendienern oder Gottleugnern ein Nichtangriffspakt getroffen werden kann, allerdings nicht auf unbestimmte Zeit. Zu sagen: 'Einstweilen ist Frieden', ist nicht recht. Die Zeit des Waffenstillstandes muß festgesetzt werden - beispielsweise für sechs Monate, für ein lahr oder zehn und mehr Jahre. Wie es auch der Prophet hielt, der im Fall "Hudaybiyah" einen zehnjährigen Frieden schloß.

Muhaqqiq sagt: Ein Friedensvertrag mit gegnerischen Gruppen ist dann angezeigt, wenn er zum Wohle der Muslime ist.44 Dann ist es ein erlaubter und rechter Friede. Allerdings, wie ich schon sagte, in Fällen, wo gekämpft werden muß - beispielsweise, wenn das Hoheitsgebiet oder eine Region der Muslime angegriffen werden -besteht die Pflicht zu Kampf und Verteidigung. Denn in jedem Fall muß das Gebiet befreit und zurückerobert werden.

Angenommen, es empfiehlt sich, mit dem Okkupanten einen Waffenstillstand zu beschließen. Ist dies nun erlaubt oder nicht?!

Muhaqqig sagt: Wenn es zum Wohle der Muslime ist, so ist es gerechtfertigt, jedoch nicht auf unbestimmte Zeit. Der Waffenstillstand muß befristet sein. Denn zum Wohle der Muslime ist es gewiß nicht, wenn ihr Gebiet auf unbestimmte Zeit in Händen des Okkupanten bleibt. Hier ist höchstenfalls für eine befristete Zeit ein Nichtangriffspakt oder Waffenstillstandsabkommen vertretbar.

44 Es ist nämlich keinesfalls so, daß Krieg in jedem Fall richtig sei und eine Pflicht, Frieden aber untersagt und "harām". Nein, Frieden ist gut und richtig, und Schahid Täni sagt: Wenn es hier heißt, 'Frieden ist erlaubt', so bedeutet das nicht: 'Wenn ihr wollt, macht Frieden. Wenn nicht, dann eben nicht, dann ist eben kein Frieden...' Mit anderen Worten: Frieden ist gut, ist nicht "harām", und wenn Frieden angebracht und sinnvoll ist, besteht die Pflicht dazu.

 

Wann aber sind Waffenstillstand und Nichtangriffspakt zum Wohle der Muslime?

Wenn sie nicht so stark sind wie der Feind?

Wenn ihr Heer schwächer ist als das feindliche?

Wenn sie militärisch nicht so gut gerüstet sind wie der Gegner und zu Kraft und Stärke kommen müssen?

Hierzu heißt es:

Wenn sie nicht so stark sind wie der Feind, andererseits aber eines guten und gerechten Zieles wegen kämpfen, sollten sie sich tunlichst - für eine bestimmte Zeit - gedulden, um zu Kräften zu kommen.1

'Oder die Waffen - für eine gewisse Dauer - schweigen lassen, um sich zu erholen und Kraft zu gewinnen.'

Das heißt also, um einen "stärkeren Rücken" zu bekommen.

'Oder aber man trägt sich mit der Hoffnung, den Feind während der Waffenpause, während des Friedens, vom Islam überzeugen zu können.'

Etwas, das im Zusammenhang mit Muschrikin und Kafiren in Frage kommen kann. Mit anderen Worten: Wir schließen Frieden, weil wir in der Annahme gehen, den Gegner zwischenzeitlich für das Wort Gottes gewinnen zu können. Ebenso, wie es ja auch im Hudaybiyah-Frieden der Fall war, auf den wir noch zu sprechen kommen.

'Doch wenn dies aussichtslos ist, wenn es sich zeigt, daß der Gegner nicht einsichtig ist, ist Waffenruhe nicht länger angebracht.'

Das waren einige Erklärungen zum Thema_"Nichtangriffspakt und Friedensabkommen", wie es in der Fiqh-Terminologie heißt: Zum Thema "Muhädinah".

Wir sehen also, daß es gemäß der islamischen Fiqh-Wissenschaft unter bestimmten Voraussetzungen und Bedingungen durchaus gerechtfertigt ist, mit dem Gegner Frieden zu schließen.

Noch eins: Frieden kann mittels Unterschrift und Vertrag Zustandekommen - wie der Prophet oder aber Imam Hassan (a.s.) es praktizierten. Oder aber dadurch, daß die Waffen einfach niedergelegt werden und man sich zu friedlicher Koexistenz bereit erklärt. Dann zum Beispiel, wenn wir auf die Dauer gesehen nicht in der Lage sind, Widerstand gegen die Agressionen des Feindes leisten zu können und Krieg und Kampf somit nutzlos sind. In einem solchen Fall ist es - unter bestimmten Voraussetzungen - gewiß besser, wenn wir unsere Waffen schweigen lassen. So, wie es zu Beginn des Islam war. Die Muslime waren in der Minderheit, und wenn sie hätten kämpfen wollen, wären sie mit Stumpf und Stiel beseitigt worden. Dann wäre aber auch nichts von ihnen geblieben.

 

Es kann aber auch so sein, daß die Zwischenzeit genutzt wird, um zu mehr Rückendeckung und Stärke zu gelangen oder aber dazu, daß sich die feindlichen Krieger für uns bzw. den Islam gewinnen lassen.

In diesem Zusammenhang möche ich an den Frieden zu Hudaybiyah, den der Prophet (s.a.a.s.) in die Wege leitete, erinnern, jedoch vorher noch zu bedenken geben, daß auch dem Friedensabkommen, daß Imam Hassan (a.s.) abschloß, mehr oder weniger ein solcher Gedanke zugrundelag.

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