Muhammad als Ehemann
von Malika Laabdallaoui und Ibrahim Rüschoff
Einleitung
Ein „idealer Mensch“ und gleichzeitig fehlbar zu sein ist kein Widerspruch, da Fehlbarkeit zum Menschsein gehört. Ein „idealer Mensch“ ruht in seiner eigenen Mitte und sieht die Welt nicht durch die Brille seiner Komplexe, er ist daher ausgeglichen und handelt entsprechend. Allerdings kennt er auch seine Schwächen und Fehler, weiß aber mit ihnen umzugehen.
Unser Beitrag handelt von Muhammad (s.a.s) als Ehemann. Die Ehe und die Familie sind der Ort, an dem man so ist wie man ist, wo man sich auf Dauer nicht verstellen kann. Sie sollen auch ein Ort sein, wo man sich entspannen kann, wo man so angenommen werden kann wie man ist, auch mit seinen schwierigen Seiten. Durch die große Nähe zueinander und die Tatsache, dass man dort eben so ist wie man ist, gibt es hier auch viele Konflikte.
Wie war Muhammad (s.a.s) also als Ehemann? Es handelt sich dabei um eine spannende Frage, da er eben nicht nur eine, sondern insgesamt 12 Ehefrauen hatte. Welche Herausforderungen hatte er zu meistern, wie sahen seine Lösungen aus? Jede Frau war eine andere Persönlichkeit mit eigenen Hoffnungen und Erwartungen, alle kamen aus unterschiedlichen sozialen, historischen und geographischen Gegebenheiten.
Auf welche Weise ist der Prophet zum Ehemann geworden?
In seiner Biographie erfahren wir über die unterschiedlichsten Wege zu seinen Ehen:
- Der Prophet ist durch Dritte angesprochen worden (Aischa bint Abu Bakr, Sauda bint Zam’ah)
- Er hat Frauen selbst angesprochen (Safia bint Huyay, Maria, Juwayriyah bint Harith)
- Er hat jemanden geschickt (Umm Salama, Umm Habiba)Frauen haben jemanden geschickt (Maimouna bint al-Harith)
- Er wurde durch den Qur’an verheiratet (Zaynab bint Jahsh)
- Frauen haben ihn selbst angesprochen (Chadija bint Chuwayled)
Seine Frauen waren Persönlichkeiten in den unterschiedlichsten Lebenssituationen:
- Ältere Frauen (Sauda) und jüngere Frauen (Aischa)
- mit Kindern (Chadija, Umm Salama, Umm Habiba) und ohne Kinder (Hafsa, Aischa)
- wohlhabende Frauen (Chadija, Aischa), arme Frauen (Sauda)
- Sklavinnen (Maria) und freie Frauen
Diese Vielfalt zeigt uns, dass es für uns nicht nur eine bestimmte Form der Eheanbahnung gibt und eine Ehe auch nicht nur für einen bestimmte Typ Frau infrage kommt (z.B. jung, gebärfähiges Alter, jungfräulich usw., was viele Männer zur Voraussetzung für eine Partnerwahl machen).
Warum hat der Prophet er so viele Frauen geheiratet?
Der Prophet (s.a.s) heiratete auf zwei Arten, nämlich als Mann und als Gesandter. Als Mann wollte er wie jeder andere Mann heiraten und heiratete eine einzige Frau, nämlich Chadija (r). Alle anderen Frauen heiratete er als Gesandter (nach Chadijas Tod).
Der bekannte ägyptische Prediger Amr Khaled nennt für die Heirat mit mehreren Frauen fünf Gründe:
(1) Einmal heiratete der Gesandte (s), damit der Gemeinschaft diese Religion vollständig bis zum jüngsten Tag erhalten bleibt. Denn in der kritischen Zeit nach dem Tod des Propheten (s.a.s.) musste diese Religion überliefert und weitergegeben werden. Deswegen die Ehe mit der jungen Aischa (r) und Hafsa (r), die keine Kinder bekamen und sich ganz der Tradierung des Islam widmen konnten.
(2) Ein weiterer Grund war, den Zusammenhalt des islamischen Staates nach seinem Tod zu festigen. Denn sehr oft brach die Gemeinschaft nach dem Tod ihres Propheten zusammen. Die islamische Gemeinschaft war außerdem in einer Aufbauphase, so dass es notwendig war, dass die vier rechtgeleiteten Kalifen eine feste Beziehung zum Propheten (s.a.s.) hatten. Deswegen heiratete er zwei Töchter von späteren Khalifen Abu Bakr und Omar, die beiden anderen, Uthman und Ali heirateten wiederum drei seiner Töchter. Eine außergewöhnliche Planung für die Zukunft, denn der Prophet (s.a.s.) festigte damit die Grundlagen des Staates, so dass er lange Jahre überdauerte.
(3) Der Gesandte (sa.s.) heiratete Witwen, die sonst keiner geheiratet hätte. Er heiratete Frauen von Märtyrern, die Kinder hatten und alt waren, so dass sie keiner heiraten würde.
(4) Ein weiterer Grund für die Eheschließung des Gesandten (s.a.s.) war die Qur’anische Offenbarung wie bei seiner Ehe mit Zainab Bint Jahsh (r).
(5) Ein weiterer Grund für eine Heirat war, dass die ganze Familie bzw. Stamm der Braut den Islam annahm.
Wir studieren das Leben des Propheten, da er ein Vorbild für uns ist und um etwas aus seinem Leben zu lernen. Wie wir schon erwähnt haben, ist die Familie ein sehr privater Ort, an dem man nicht nur Geborgenheit und Schutz erfährt, sondern auch viele unterschiedliche Konflikte auftreten (zwischen den Generationen, den Eheleuten, unter den Kindern), wo unterschiedliche Erwartungen, Hoffnungen aufeinander treffen und auch Enttäuschungen entstehen. In unserer psychotherapeutischen Praxis haben wir viel mit Konflikten dieser Art zu tun. Was raten wir unseren Klienten, und können wir auch hier aus dem Beispiel des Propheten lernen?
Was raten wir unseren Klienten in ehelichen Konfliktsituationen?
- Sie sollen sich gegenseitig anerkennen in dem, was sie tun (Arbeit, Haushalt, Kindererziehung)
- Sie sollen sich gegenseitig wertschätzen in ihren Eigenarten und ihren Bemühungen, auch wenn diese nicht immer von Erfolg gekrönt sind.
- Sie sollen sich gegenseitig zuhören und dem anderen Gelegenheit geben etwas zu sagen ohne unterbrochen zu werden.
- Sie sollen sich gegenseitig vertrauen und erst einmal davon ausgehen, dass der andere gute Absichten hat und ihm nicht gleich unterstellen, dass er ja eigentlich gar an einem friedlichen Zusammenleben interessiert ist.
- Sie sollen Zuneigung und Liebe zueinander entdecken. Wenn nicht grundsätzliche Hindernisse und eine grundsätzliche Abneigung bestehen, dann hängt die Entwicklung von Liebe und Zuneigung auch sehr von der Bereitschaft ab, diese überhaupt entstehen zu lassen und die liebenswerten Seiten des Ehepartners zu entdecken.
- Sie sollen den Humor in der Ehe nicht zu kurz kommen lassen. Das entspannt manche Situation ohne das Problem zu leugnen.
- Sie sollen viel Zeit miteinander verbringen. Nur so haben sie Gelegenheit, sich gut kennen zu lernen, Dinge gemeinsam zu erleben und eine „gemeinsame Geschichte“ zu entwickeln.
Sie sollen unbedingten Verzicht auf Gewalt üben.
Man muss kein Therapeut sein um zu erkennen, dass diese Punkte sehr wichtig für das Gelingen des gemeinsamen Zusammenlebens der Eheleute sind.