Dr. M. Razavi Rad M.
Wie allgemein bekannt ist, gehen durch Presse, Funk und Fernsehen und durch sämtliche Instrumente der Medien etliche Berichte des Schreckens und der Gewalt. Diese Berichte zeigen, wie der Mensch an seinem "Bruder Mensch" unbeschreibliche und grausame Gewalttaten verübt. Doch damit nicht genug, nein, er beschreibt seine Untaten auch noch als die Verteidigung der Werte, an die er zu glauben vorgibt. Das tut er und gebraucht Begriffe wie: Vaterlandsliebe, Patriotismus, Volkstum, Nationalstolz, Gesetzlichkeit und Rechtmäßigkeit. Er vergisst dabei, dass all diese Kunstausdrücke, wenngleich sie an dieser Stelle sicherlich eine Bedeutung tragen, ursprünglich dafür gemacht sind, den Menschen zu schützen und ihm Sicherheit und Stabilität zu geben.
Zu den offensichtlichsten Problemen in der Zivilisation des zeitgenِssischen Menschen zählen mit Sicherheit die Gewissens und Gefühllosigkeit und die Unbarmherzigkeit. Und leider verliert der Mensch gerade mit dem Erbarmen die größte Seite seiner Menschlichkeit. Der Verlust von Mitleid und Erbarmen und das Auftreten von Gefühls und Gewissenlosigkeit aber sind natürliche Konsequenzen, die sich immer dort einstellen, wo man nicht mehr an ethische Werte, nicht mehr an einen Schِöpfer des Daseins und nicht mehr an einen Tag des Gerichts glaubt. Deshalb ist eine solche Not der Zivilisation auch nur dadurch zu beheben, dass die Menschen auf den Pfad der Tugend zurückkehren, indem sie wieder an ethische Werte und an Gott, Den Schِöpfer und Erbarmer aller Dinge, glauben.
رَبَّنَا وَسِعْتَ كُلَّ شَيْءٍ رَحْمَةً وَعِلْمًا
"O unser Herr, alles erfasst Du mit Erbarmen und Wissen."
[Sure Gafir (40), Vers 7]
Deutlich erkennen wir in dem, was die Propheten von der Offenbarung erhalten haben, dass der gewaltige Schöِpfer barmherzig mit den Menschen verfährt. So beschreibt sich Gott selbst als Allerbarmer, als immer und ewig Barmherziger. Jede Sure eröِffnet Er mit diesen beiden Seiner Namen: ar Rahman, ar Rahim (der Allerbarmer, der immer Barmherzige), um die göِttliche Eigenschaft des Sich-Erbarmens im Wesen des Menschen zu festigen, damit dieser in seinem Inneren spürt, dass er es mit einem Allerbarmer, einem immer Barmherzigen, einem Liebevollen und Gütigen zu tun hat. Und so beschreibt der heilige Koran auch den Boten Gottes, Seinen Gesandten Muhammad, als einen nachsichtigen, verzeihenden und mit den Menschen stets barmherzigen Menschen:
لَقَدْ جَاءَكُمْ رَسُولٌ مِنْ أَنْفُسِكُمْ عَزِيزٌ عَلَيْهِ مَا عَنِتُّمْ حَرِيصٌ عَلَيْكُمْ بِالْمُؤْمِنِينَ رَؤُوفٌ رَح
"Zu euch ist ein Gesandter von euch gekommen, den es stark bekümmert, wie bedrängt ihr seid, eifrig bedacht auf euch, mit den Gläubigen gütig und barmherzig."
[Sure at-Tauba (9), Vers 128]
وَمَا أَرْسَلْنَاكَ إلاَّ رَحْمَةً لِلْعَالَمِينَ
"Und Wir sandten dich nur als Erbarmen für die Weltbewohner."
[Sure al-Anbiya' (21), Vers 107]
Der Prophet verköِrperte die Barmherzigkeit in seinem ganzen Handeln, seinem ganzen Leben und seiner ganzen Menschlichkeit. So sehr, dass ihn das Weinen eines Kindes berührte, während er im Gebet verweilte. So sehr, dass er um seine Feinde weinte und sie mit seiner Güte überhäufte und sogar mit den Tieren größtes Mitleid und Sorge empfand.
So wie der Gesandte das Erbarmen in seinen Taten und Aussagen verköِrperte, so rief er auch seine Gemeinde zum Erbarmen auf und erzog sie mit solcher Sittlichkeit, um tief in ihnen ihr Mitgefühl und ihr Gewissen zu wecken. So lautet es in einer Überlieferung von ihm:
"Nur einem Elendigen wird das Erbarmen entrissen."
Er soll ebenfalls gesagt haben:
"Gott erbarmt sich nur den barmherzigen Seiner Diener."
Der Prophet verbot jede Art der Herzlosigkeit und Gewissenlosigkeit, indem er sagte:
"Wahrlich, ein unbarmherziges Herz ist weit entfernt von Gott!"
Dies alles aber ist schließlich der Aufruf zu mehr Barmherzigkeit, mehr Mitgefühl mit anderen, mehr Gewissenhaftigkeit und mehr Anteilnahme am Leid anderer. Es verköِrpert das Bewusstsein von der Einheit der Menschengattung und veranlasst den Menschen, sich gegenüber dem anderen so zu verhalten wie er sich wünscht, dass sich die anderen gegenüber ihm verhalten sollen. Wenn der Islam also das Erbarmen, die Güte und das Mitgefühl zum Fundament hat, dann ist es der Materialismus, der zu Herzlosigkeit, Feindseligkeit, Terror und Barbarei führt, und nicht der Islam.
source : الشیعه