Frage: Seit einiger Zeit kritisiert meine Mutter jeden, der nur den kleinsten Fehler begeht und so wurde sie zum Mittelpunkt von Klatschereien und zur Hauptursache von Meinungsverschiedenheiten in der Familie. Meine Freunde besuchen mich nicht mehr wegen ihr. Wir trauen uns nicht mehr, uns vor ihr auszusprechen, insbesondere seit dem sie wütend auf meine Schwester ist, die das einmal versucht hat. Wir wissen nicht, wie wir mit ihr umgehen sollen. Sie hat zwar Recht in ihrer Kritik über die anderen, aber wir wollen nicht mit anderen in Schwierigkeiten geraten, weil viele Leute heutzutage keine Kritik vertragen können, geschweige denn von meiner Mutter, die gnadenlos, scharf und stechend in ihrer Kritik ist. Wir hoffen von Ihrem Rat bezüglich dieser Angelegenheit einen Nutzen zu ziehen.
Antwort: Ältere Menschen leiden oft an schwachen Nerven, und deshalb ertragen sie Dinge nicht, die sie stören. Wenn sie religiös sind, machen sie Verstöße und Ungehorsam wütend; wenn sie es nicht sind, machen sie Dinge, die nicht ihren Vorstellungen und Wünschen entsprechen wütend; wenn sie krank sind, machen sie laute Geräusche und Lärm wütend…usw.
Eine dieser Gründe macht aus deiner Mutter eine harte Kritikerin, was auch Ärger mit sich bringen kann. Um dieses Problem zu beheben, schlage ich vor:
1. Ihr solltet sie vor allem fernhalten, was ihre Nerven strapaziert, d.h. Dinge, die sie zur Kritik bringen, dürfen nicht mehr in ihrer Anwesenheit passieren.
2. Bittet die Personen, die sich mit ihr treffen, nichts zu machen, was ihre Kritik auslöst und an ihre Nerven zerrt.
3. Ihr solltet ihr gegenüber Nachsicht üben und euch ihres kranken psychologischen Zustands bewusst werden und dass sie eure Fürsorge, Toleranz und Geduld braucht.
4. Ihre Nahrung sollte zum größten Teil aus kalten Speisen bestehen wie z.B. Joghurt, Obst und Gemüse und dergleichen.
5. Findet eine Person, die durch ihre Freundschaft und Weisheit Einfluss auf sie haben kann, denn egal wie fanatisch ein Mensch auch ist, durch Freundschaft kann er moderater werden.
6. Du kannst mit ihr zusammen zu Vorträgen gehen und mit dem Vortragenden vereinbaren, Themen aufzugreifen, die zur Änderung ihrer Einstellung beitragen können. Von Vorteil wäre, wenn der Vortragende auf drei Hauptpunkte eingeht:
Erstens: Fehler zu machen ist etwas natürlich Menschliches. Der Mensch ist weder ein Engel noch ein Tier, er ist eine Mischung aus beiden. Die Propheten, die zu den Menschen gesandt wurden, wurden dazu angewiesen, freundlich zu ihnen zu sein.
An dieser Stelle möchte ich die Geschichte eines der Propheten erwähnen, von dessen Blick die Schleier für einige Zeit entfernt wurden (d.h. Gott gewahr ihm, Dinge zu sehen, die das normale Sehvermögen des Menschen nicht sehen kann). Jedes Mal wenn er unrechtmäßige Handlungen in den Häusern der Menschen sah, verfluchte er sie und bat zu Allah, er möge sie mit einer Plage bestrafen. Allah offenbarte ihm: „Ich weiß mehr über sie als du und es gebührt mir eher, sie zu verdammen und zu bestrafen, doch meine Barmherzigkeit geht meinem Zorn voraus. Ich habe dich zu ihnen gesandt, damit du sie zu meiner Barmherzigkeit einlädst und nicht um meinen Zorn über sie anzurufen.“
Über die göttliche Barmherzigkeit zu sprechen, kann dabei helfen, Extremismus und den Hang zur Kritik, sowie bei deiner Mutter, zu reduzieren, sowie das Sprechen über die göttliche Bestrafung Ausschweifungen zügeln kann.
Zweitens, „das Rechte gebieten und das Schlechte verwehren“ sollte auf eine höfliche und angemessene Art und Weise erfolgen, wenn dies nicht gegeben ist, ist es unakzeptabel und fehlerhaft.
Gute Redner erklären den Menschen, dass sie Kritik auf eine höfliche, freundliche, kluge und akzeptable Art und Weise ausüben sollen, ansonsten besteht die Gefahr, dass der Zweck verloren geht und das Problem komplizierter wird, und das an sich ist ein größerer Fehler als der Ausgangsfehler.
Drittens sollte ihr der Umgang des Propheten (ص) und der unfehlbaren Imame (ع) mit Übeltätern dargestellt werden. Allah sagte „Rufe auf zum Weg deines Herren mit Weisheit und guter Ermahnung, und diskutiere mit ihnen auf eine bessere Art und Weise.“
In dieser Hinsicht möchte hier erwähnen, dass es wohl von uns gefordert ist, Rat zu geben, das Rechte zu gebieten und das Schlechte zu verwehren, weil sie religiöse Pflichten, ethische Notwendigkeiten, soziale Bedürfnisse und zivilisiertes Benehmen sind. Dennoch sind Weisheit, gute Manieren und schlagkräftige Argumentation unabdingbare Voraussetzungen. Jene, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, sollten sich lieber still verhalten, da sie eine Situation eher verschlimmern und den Zweck der Kritik verfehlen würden. Der Islam möchte keinen Bogenschützen ohne Bogen oder einen Gelehrten ohne Wissen.
source : الشیعه