Die religiöse Identität eines Menschen hat oftmals großen Einfluss auf dessen Haltung gegenüber Minderheiten. Das hat eine Studie des Pew Research Centers festgestellt. In den Ergebnissen ist ein klares Muster zu erkennen.
Westeuropa gehört zu den am stärksten säkularisierten Gegenden der Welt, die Mehrheit der Christen ist nicht praktizierend. Vor den praktizierenden Christen und den Konfessionslosen bilden sie die größte religiöse Gruppe – obwohl sie nur unregelmäßig einen Gottesdienst besuchen, betrachten sie sich selbst als christlich.
Ihre Ansichten in Bezug auf die Rolle der Religion in der Gesellschaft, ihre Einstellungen gegenüber Muslimen und Einwanderern sowie ihre generelle Meinung über Gott unterscheiden sich laut einer Studie des Pew Research Centers häufig von jenen konfessionsloser Menschen. Der Bezug eines Menschen zu seiner Religion scheint demnach ein Indikator für einige seiner gesellschaftspolitischen Einstellungen zu sein.
Die Studie mit dem Titel „Christ sein in Westeuropa“ stellt einen Zusammenhang zwischen der „christlichen Identität in Westeuropa“ und negativen Gefühlen gegenüber Einwanderern und religiösen Minderheiten fest. Personen, die sich selbst als Christen definierten, hätten tendenziell eine negativere Meinung über Einwanderer, Muslime und Juden als Konfessionslose – unabhängig davon, ob sie regelmäßig an Gottesdiensten teilnehmen oder nicht.
Ist der Islam vereinbar mit nationalen Werten?
Zudem sind praktizierende Christen demnach eher nationalistisch eingestellt als nicht praktizierende Christen. Außerdem betrachteten sie ihre eigene Kultur im Vergleich mit Konfessionslosen eher als überlegen gegenüber anderen. Sie teilten auch die Auffassung, dass es notwendig sei, die nationale Abstammung eines Landes zu haben, um die nationale Identität dieses Landes teilen zu können – man müsse demnach deutsche Vorfahren haben, um als Deutscher angesehen zu werden.
Der Studie zufolge sind im Mittel 49 Prozent der befragten praktizierenden Christen, 45 Prozent der nicht-praktizierenden Christen und 32 Prozent der Konfessionslosen der Ansicht, der Islam sei nicht mit ihrer nationalen Kultur und ihren Werten vereinbar. In Deutschland sind demnach 55 Prozent der praktizierenden Christen, 45 Prozent der nicht-praktizierenden Christen und 32 Prozent der Konfessionslosen dieser Meinung.
„Sowohl nicht praktizierende als auch praktizierende Christen neigen eher als konfessionslose Erwachsene dazu, negative Ansichten über Einwanderer, Muslime und Juden zu vertreten“, schreiben die an der Studie beteiligten Forscher. Die Erhebung wurde kurz nach dem starken Einwanderungszustrom nach Europa durchgeführt und enthielt zahlreiche Fragen zu nationaler Identität, religiöser Pluralität und Einwanderung.
Ehrlich und hart arbeitend
Ein Großteil der Westeuropäer gibt an, dazu bereit zu sein, Muslime und Juden in der eigenen Nachbarschaft und in der Familie zu akzeptieren. Zudem lehnen die meisten negative Aussagen über diese Gruppen ab. Insgesamt schätzt zudem eine Mehrheit der Teilnehmer Einwanderer als ehrlich und hart arbeitend ein – diese Meinung ist laut der Studie verbreiteter als das Gegenteil.
Laut den Autoren der Studie ist jedoch ein deutliches Muster erkennbar: Sowohl praktizierende als auch nicht praktizierende Christen äußern häufiger als konfessionslose Erwachsene ablehnende Ansichten über Einwanderer und Minderheiten.
Eine Verringerung der Einwanderung wird von nicht praktizierenden Christen eher als wünschenswert erachtet, als es bei Konfessionslosen der Fall ist. 40 Prozent der praktizierenden Christen in Westeuropa, 37 Prozent der nicht-praktizierenden Christen und 28 Prozent der Konfessionslosen sind der Ansicht, dass die Einwanderung reduziert werden sollte. 14 Prozent der praktizierenden Christen, 19 Prozent der nicht-praktizierenden Christen sowie sieben Prozent der Konfessionslosen geben an, sie seien nicht bereit, Juden als Familienmitglieder zu akzeptieren.