Die Surah Al-Fatihah im arabischen Originaltext
سُورَةُ الفَاتِحَةِ
]1[ بِسْمِ اللهِ الرَّحْمَـٰنِ الرَّحِيمِ
]2[ الْحَمْدُ ِللهِ رَبِّ الْعالَمِينَ
]3[ الرَّحْمَـٰنِ الرَّحِيمِ
]4[ مَالِكِ يَوْمِ الدِّينِ
]5[ إِيَّاكَ ِنَعْبُدُ وَ إِيَّاكَ نَسْتَعِينُ
]6[ اهْدِنَا الصِّراطَ الْمُسْتَقِيمَ
]7[ صِراطَ الَّذِينَ أَنْعَمْتَ عَلَيْهِمْ غَيْرِ الْمَغْضُوبِ عَلَيْهِمْ وَ لاَ الضَّالِّينَ
Übersetzung
[1] Im Namen Gottes, des Allerbarmers, des Barmherzigen.
[2]Das Lob ist Allahs, dem Herrn der Menschen in aller Welt,
[3] dem Allerbarmer, dem Barmherzigen,
[4] dem Besitzer (Herrscher am) des Tags des Gerichts.
[5] Dir (allein) dienen wir und (nur) Dich bitten wir um Hilfe und Beistand.
[6] Leite uns den Geraden Weg,
[7] den Weg derer, denen Du Gnade erwiesen hast, nicht (den Weg) derer, die dem Zorn verfallen sind, und nicht (den Weg) derer, die in die Irre gehen.
Kommentar
Vers 1
]1[ بِسْمِ اللهِ الرَّحْمَـٰنِ الرَّحِيمِ
[1] Im Namen Gottes, des Allerbarmers, des Barmherzigen.
Die Rechtleitung steht im Namen Gottes
In allen Ländern und Gesellschaften der Welt ist es üblich, dass man wichtige Aktivitäten, Projekte, Schriften und Werke in den Namen berühmter Persönlichkeiten stellt. D.h. dass man die genannten Aktivitäten diesen berühmten Persönlichkeiten widmet. Diese Tradition finden wir auch im Koran. Auch der Koran ist jemandem gewidmet. Weil es sich hier aber um eine besondere Schrift handelt, die göttlichem Ursprungs ist und mit einem besonderen Ziel gesandt worden ist, muss auch die Person, der sie gewidmet ist, eine bestimmte sein. Unter allen Persönlichkeiten, die es auf der Welt gibt, ist der einzige, der schon immer war und auch immer sein wird Gott. Er ist die erhabenste, großartigste und höchste Persönlichkeit, die es gibt. Aus diesem Grund ist es angebracht, dass diese Schrift nur in seinem Namen steht und nur in seinem Namen beginnt.
Die Handlungen des Menschen sollen im Namen Gottes stehen
Das ist gleichzeitig auch eine Anleitung für die Gottesfürchtigen, jede Handlung bzw. Aktivität, die sie setzen, in seinem Namen zu beginnen um von Gott Hilfe und Unterstützung zu erlangen. Aus diesem Grund beginnen wir auch die Rezitation des heiligen Korans mit Bismillah-ir-Rahman-ir-Rahim. Das soll sicherlich keine Äußerlichkeit bleiben, sondern es soll in voller Überzeugung ausgesprochen werden, denn nur dann kommt es zu einer innern Beziehung, welche die Handlungen in ihr richtiges Lot bringt. Wenn diese inner Beziehung besteht und die Handlung in den Namen Gottes gestellt wird, dann wird sie auch eine vollkommene Handlung sein. In einer Überlieferung vom heiligen Propheten (s.) heißt es dazu:
كُلُّ أَمْرٍ ذِي بَالٍ لَمْ يُذْكَرُ بِسْمِ اللهِِ فِيْهِ فَهُوَ أَبْتَرُ
Jede wichtige Handlung, die nicht mit Bismillah begonnen wird, ist unvollständig (unvollendet).[1]
Imam Ali (a.s.) fügte nachdem er diese Hadis vom heiligen Propheten (s.) überlieferte hinzu, dass man vor jeder Handlung Bismillah sagen soll und alle Handlungen in seinem Namen beginnen soll. Denn, so meinte er, jede Handlung, die im Namen Gottes begonnen wird, ist gesegnet. Von Imam Reza (a.s.) wird überliefert:
بِسْمِ اللهِ الرَّحْمَنِ الرَّحِيمِ أَقْرَبَ إِلَىٰ اسْمِ اللهِ الْأَعْظَمِ مِنْ سَوَادِ الْعَيْنِ إِلَى بَيَاضِهَا
Das Bismillah-ir-Rahman-ir-Rahim steht dem höchsten Namen Allahs näher als das Schwarze des Auges[2] dem Weißen[3] des Auges.[4]
Vom heiligen Propheten (s.) wird überliefert:
إِذَا قَالَ الْمُعَلِّمُ لِلصَّبِيِّ قُلْ بِسْمِ اللهِ الرَّحْمَـٰنِ الرَّحِيمِ فَقَالَ الصَّبِيُّ بِسْمِ اللهِ الرَّحْمَـٰنِ الرَّحِيمِ كَتَبَ اللهُ بَرَاءَةً لِلصَّبِيِّ وَ بَرَاءَةً لِأَبَوَيْهِ وَ بَرَاءَةً لِلْمُعَلِّمِ
Wenn der Lehrer dem Kind Bismillah-ir-Rahman-ir-Rahim beibringt und das Kind Bismillah-ir-Rahman-ir-Rahim sagt, dann verzeichnet Allah eine Befreiung (vor dem Höllenfeuer) für das Kind, eine Befreiung für dessen Eltern und eine Befreiung für den Lehrer.[5]
Das Bismillah macht die Handlungen vollkommen
Dass eine Handlung vollkommen ist und zu ihrem wahren Ergebnis kommt, hängt von der Beziehung des Menschen zu Gott ab. Es ist deshalb wichtig, die Handlungen in seinen Namen zu stellen, damit die genannte Beziehung zwischen dem Menschen und Gott zustande kommt. Aus diesem Grund steht nicht nur der Koran als solcher im Namen Gottes, sondern auch die ersten Verse, die Gott dem heiligen Propheten (s.) offenbart hat stehen in seinem Namen. Damit stellt Gott sowohl die Tätigkeit des Propheten als solchen, als auch die Verbreitung der Religion in den seinen Namen. Denn der Beginn der Offenbarung des heiligen Korans geht bekanntlich mit der Ernennung Muhammads (s.a.a.s) zum Propheten einher. Die ersten Verse, die Gott dem heiligen Propheten (s.) offenbart hat lauten:
اقْرَأْ بِٱسْمِ رَبِّكَ الَّذِي خَلَقَ
Lies im Namen Deines Herrn, demjenigen der erschaffen hat![6]
Der Prophet Nuh (Noah) gibt seinen Gefolgsleuten, während sie sich auf die Arche begeben, folgenden Auftrag:
وَ قَالَ ٱرْكَبُوا فِيها بِسْمِ اللهِ مَجْرَاهَا وَ مُرْسَاهَا
Und er sagte: „Begebt euch auf die Arche! Im Namen Gottes ist ihre Fahrt und ihr Anlegen (Landen).“[7]
Der Prophet Sulaiman (Salomon), stellt, als er an die Königin von Saba einen Brief schreibt, sein Schreiben in den Namen Gottes:
إِنَّهُ مِنْ سُلَيْمانَ وَ إِنَّهُ بِسْمِ اللهِ الرَّحْمَـٰنِ الرَّحِيمِ
„Gewiss er ist von Sulaiman und er beginnt mit Bismillah-ir-Rahman-ir-Rahim“[8]
Alle Suren des heiligen Korans, außer der neunten, stehen im Namen Allahs, des Allerbarmers des Barmherzigen (Bismillah-ir-Rahman-ir-Rahim). Auch dies hat den Zweck, dass das Ziel des Korans, die Rechtleitung der Menschen, in vollem Ausmaß zur Geltung kommt.
Zusammenfassend kann man noch einmal sagen, dass es notwendig ist, bei seinen Handlungen an Gott festzuhalten und diese in seinem Namen zu beginnen. Denn bei Gott handelt es sich um den Allwissenden und Allmächtigen, dessen Macht über der Macht aller Supermächte steht. Dies hat sicherlich auch moralische sowie psychische und geistige Auswirkungen. Denn wenn sich der Mensch dieser Tatsache bewusst ist, dann wird er seine Handlungen mit viel mehr Selbstvertrauen beginnen. Er wird auch versuchen seine Handlungen nachhaltiger in die Tat umzusetzen.
So viel man zu diesem Vers auch sagen mag, es kommt sicherlich der Sache nicht gerecht. Von Imam Ali (a.s.) wird berichtet, dass er für Ibn Abbas vom Abend bis in die Morgenstunden bezüglich des Kommentars des Bismillah-ir-Rahman-ir-Rahim gesprochen hat, dabei kam er jedoch über das B (ب)[9] nicht hinaus.
Verschieden Themen zu diesem Vers
Das Bismillah-ir-Rahman-ir-Rahim ist teil der Surah Al-Fatihah
Unter den Gelehrten scheint es in diesem Zusammenhang nicht allzu große Differenzen zu geben, denn wie wir wissen ist uns der heilige Koran seit der Zeit des heiligen Propheten (s.) unverändert erhalten geblieben. Wir sehen, dass zu Beginn der Surah Al-Fatihah, als auch zu Beginn jeder anderen Surah, außer der neunten, Bismillah-ir-Rahman-ir-Rahim steht. Mu’awiyyah Ibn Ammar, ein Gefolgsmann von Imam Sadiq (a.s.) , berichtet, dass er eines Tages den Imam (a.s.) gefragt hat, ob er das Bismillah-ir-Rahman-ir-Rahim am Beginn der Surah Al-Fatihah rezitieren soll oder nicht? Der Imam (a.s.) bejahte seine Frage, worauf er weiter fragte, ob er, wenn er nach der Surah Al-Fatihah eine neue Surah beginne, wieder Bismillah-ir-Rahman-ir-Rahim rezitieren soll? Auch diese Frage wurde von dem Imam (a.s.) bejaht.[10]
Darqutniy, ein sunnitischer Gelehrter, berichtet von Imam Ali (a.s.) , dass ihn eines Tages ein Mann danach fragte, was mit dem Begriff As-Sab’ul-Masani gemeint sei? Der Imam (a.s.) antwortete, dass damit die Surah Al-Fatihah gemeint sei. Der Mann fragte weiter, ob diese Surah sechs oder sieben Verse habe, worauf der Imam (a.s.) antwortete, dass das Bismillah-ir-Rahman-ir-Rahim auch ein Vers davon ist. Das bedeutet also, dass sie sieben Verse hat.[11]
Darüber hinaus ist es seit Anbeginn des Islam eine Tradition der Muslime, die Koranrezitation sowie jede Surah, außer der neunten, mit Bismillah-ir-Rahman-ir-Rahim zu beginnen. Auch vom heiligen Propheten (s.) gibt es ein Ausmaß von Überlieferungen, die das Ausmaß des Tawatur[12] erreichen, dass auch der heilige Prophet (s.) dies so gemacht hat.
Allah, der umfassendste Name Gottes
Im Satz Bismillah (بسم الله) stoßen wir erst auf das Wort Ism (اسم), d.h. Name. Die arabischen Sprachgelehrten leiten dieses Wort von der Wurzel Sumuww (سُمُوّ) ab. Dieses Wort bedeutet soviel wie Erhöhung oder Höhe. Diese Wurze wurde wahrscheinlich aus diesem Grund auf den Begriff Namen angewandt, weil jene Dinge, die mit einem Namen benannt werden aus den Tiefen des Unbekannten herausragen, in die Höhe ragen und die Höhe der Bekanntheit erlangen. Es kann aber auch sein, dass es daher rührt, dass die artikulierten bzw. ausgesprochenen Laute des Menschen erst dann, wenn sie einem Gegenstand als Name zugeordnet werden, Bedeutung erlangen.[13]
Nach diesem Wort stoßen wir auf den Begriff Allah (الله). Dieses Wort ist der umfassendste Name Gottes. Wenn wir die verschiedenen Namen Gottes, die im heiligen Koran genannt werden, genauer betrachten, dann sehen wir, dass jeder dieser Namen eine gewisse Eigenschaft, bzw. ein gewisses Attribut Gottes bezeichnet. Der einzige Name der alle Attribute Gottes und alle verschiedenen Bereiche seiner Vollkommenheit umfasst ist der Name Allah. Aus diesem Grund werden die anderen Namen meist dazu verwendet, die Attribute Gottes zu beschreiben bzw. zu bezeichnen. Z.B. sind die Begriffe Ghafur (غفور) und Rahim (رحيم) in dieser Weise zusammen mit dem Wort Allah verwendet worden. Hier heißt es:
فَإِنَّ اللهَ غَفُورٌ رَحِيمٌ
… so ist Gott sicherlich vergebend und barmherzig.[14]
Das gleiche finden wir bei dem Wort Sami’ (سميع). Dieses Wort stellt einen der Namen Gottes dar, dabei wird es zur Bezeichnung jenes Attributes Gottes verwendet, dass Gott alles hört. Auch das Wort Alim (عليم) ist eine Namen Gottes, es wird aber zur Bezeichnung, dass Gott alles weiß, verwendet. Hierzu finden wir im heiligen Koran folgendes:
فَإِنَّ اللهَ سَمِيعٌ عَلِيمٌ
… so ist Gott (all-) hörend und (all-) wissend.[15]
Basir (بصير) weist darauf hin, dass das Wissen Gottes alles Sehen umfasst:
وَ اللهُ بَصِيرٌ بِمَا تَعْمَلُونَ
Und Gott sieht, was ihr tut (w. ist sehend bezüglich dem, was ihr tut).
Der Begriff Ar-Razzaq (الرَزّاق) weist darauf hin, dass Gott allen Wesen ihre Gaben spendet und der Begriff Zhu-l-Quwwah (ذو القوَّة) weist auf die Kraft bzw. die Macht Gottes in seinen Handlungen hin:
إِنَّ اللهَ هُوَ الرَّزَّاقُ ذُو الْقُوَّةِ الْمَتِينُ
Gewiss Allah ist es, der die Gaben beschert, der Inhaber von Macht, der Feste.
Der Begriff Al-Chaliq (الخالِق) deutet auf die Schöpfung hin und Al-Musawwir weist darauf hin, dass Gott es ist, der die Dinge formt und ihnen ihr Aussehen gibt:
هُوَ اللهُ الْخَالِقُ الْبارِئُ الْمُصَوِّرُ
Er ist Allah, der Schöpfer, der Urheber, der Aussehen verleihende (Gestalter, Bildner).[16]
Eine Reihe von verschiedenen Namen Gottes finden wir im folgenden Vers:
هُوَ اللهُ الَّذِي لاَ إِلـٰهَ إِلاّ هُوَ الْمَلِكُ الْقُدُّوسُ السَّلامُ الْمُؤْمِنُ الْمُهَيْمِنُ الْعَزِيزُ الْجَبَّارُ الْمُتَكَبِّرُ
Er ist Allah, derjenige, außer dem es keinen Gott gibt, er ist der König, der Hochheilige, der Heilvolle, der Sichernde, der Herrscher, der Überwältigende, der Bezwingende, der Stolze.[17]
Ein Beweis dessen, dass der Name Allah der umfassendste Name Gottes ist, ist die Tatsache, dass die Einzigartigkeit Gottes (At-Tauhid) nur mit dem Namen Allah ausgedrückt werden kann. Dies können wir anhand einiger Beispiele besser verdeutlichen:
لا إِلـٰهَ إِلاّ العَلِيم |
Es gibt keinen Gott außer dem Allwissenden |
لا إِلـٰهَ إِلاّ الخَالِق |
Es gibt keinen Gott außer dem Schöpfer |
لا إِلـٰهَ إِلاّ الرَّازِق |
Es gibt keinen Gott außer dem Gaben Bescherenden |
Diese Aussagen können niemals als Beweis der Einzigartigkeit Gottes gelten, denn sie wenden sich immer nur an einen bestimmten Namen bzw. ein bestimmtes Attribut Gottes. Aus diesem Grund kann der Grundsatz At-Tauhid (die Einzigartigkeit Gottes) nur mit dem Namen Allah ausgedrückt werden:
لا إِلـٰهَ إِلاّ اللهُ |
Es gibt keinen Gott außer Allah |
Aus diesem Grund kann man feststellen, dass der Name Allah auf keine besondere Eigenschaft bzw. auf kein besonderes Attribut Gottes hinweist. Dieser Name deutet auf das Wesen Gottes an sich hin, er stellt den Namen dieses Wesens dar. Allah ist also der Name, jenes Wesens, das man Gott nennt. Dabei ist klar, dass Gott jenes Wesen ist, das alle Arten von Vollkommenheiten in höchster Form in sich vereint. Aus diesem Grund kann man sagen, dass der Name Allah auf jenes Wesen hinweist, das die gesamte Vollkommenheit in sich vereint.
All diese Gründe sind sicherlich dafür verantwortlich, dass der Name Allah so stark mit dem Islam in Verbindung gebracht wird. Aus diesem Grund beobachten wir, dass Nichtmuslime, wenn sie auf Gott im Islam hinweisen, den Namen Allah verwenden.
Ar-Rahman und Ar-Rahim, die allgemeine und eingeschränkte Barmherzigkeit Gottes
Die Begriffe Ar-Rahman und Ar-Rahim stammen beide von der Wurzel Ar-Rahmah (الرَّحْمَة) in der Bedeutung der Barmherzigkeit. Ein Großteil von Korankommentatoren ist der Ansicht, dass das Attribut Ar-Rahman die allgemeine, allumfassende Barmherzigkeit Gottes bezeichnet. Diese Barmherzigkeit wird allen Menschen im diesseitigen Leben zuteil, gleich ob sie gläubig sind oder nicht, gleich ob sie rechtschaffen sind oder nicht. Der unendliche Strom der göttlichen Segnungen und Gaben ist so umfangreich, dass er ohne Einschränkungen alle Menschen umfasst. Dadurch kommen sie in den Besitz der verschiedensten Gaben und Segnungen. Diese Art der Barmherzigkeit Gottes umschließt die gesamte Schöpfung.
Gemäß der Ansicht dieser Korankommentatoren stellt der Begriff Ar-Rahim die eingeschränkte Art der Barmherzigkeit Gottes dar. Diese Art der Barmherzigkeit ist seinen gehorsamen und rechtschaffenen Diener vorbehalten. Diese Diener setzen in ihrem leben rechtschaffene Handlungen und erreichen dadurch die Würde, im diesseitigen als auch jenseitigen Leben in den Rahmen der eingeschränkten Barmherzigkeit Gottes einbezogen zu werden. Dies bleibt den Ungläubigen Menschen vorenthalten.
Der genannte Unterschied zwischen Ar-Rahman und Ar-Rahim lässt sich in gewisser Weise auch aus dem Koran erkennen. Denn dort findet der Ausdruck Ar-Rahman immer in uneingeschränkter Form Verwendung. Das lässt darauf schließen, dass es sich hierbei um einen allgemeinen Begriff handelt. Der Begriff Ar-Rahim aber findet im Koran oft eine eingeschränkte Verwendung, wie im folgenden Vers:
وَ كَانَ بِالْمُؤْمِنِينَ رَحِيماً
Und er ist den Gläubigen gegenüber Rahim (Barmherzig)[18]
In einer Überlieferung sagt Imam Sadiq (a.s.) :
وَ اللهُ إِلـٰهُ كُلِّ شَيْ ءٍ الرَّحْمَـٰنُ بِجَمِيعِ خَلْقِهِ وَ الرَّحِيمُ بِالْمُؤْمِنِينَ خَاصَّةً
Und Allah ist der Gott aller Dinge, Ar-Rahman gegenüber seiner gesamten Schöpfung und Ar-Rahim nur gegenüber den Gläubigen.[19]
Die Auswirkungen des Bismillah-ir-Rahman-ir-Rahim auf die Handlungen des Menschen
Wie erwähnt, soll jeder Mensch seine Handlungen in den Namen Gottes stellen. Wenn wir also eine Handlung beginnen wollen, dann sollen wir uns erst geistig an Gott wenden und diese Handlung sowohl in seinen Namen, als auch in den Namen seiner uneingeschränkten sowie eingeschränkten Barmherzigkeit stellen. In den Namen der allgemeinen Barmherzigkeit, weil sie umfassend ist, weil sie der Bezug zwischen Schöpfer und Geschöpf ist, weil sie verbindend zu allen Geschöpfen ist. Und in den Namen der eingeschränkten Barmherzigkeit, weil diese den Gläubigen bestimmt ist. Gläubige Menschen halten diesen Grundsatz strikte ein, sie konzentrieren sich in der Ausrichtung ihrer Handlungen nur auf Gott. Denn es ist seine uneingeschränkte Barmherzigkeit, die alle Wesen umfasst und es ist seine eingeschränkte Barmherzigkeit, die den Gläubigen zuteil wird.
Darüber hinaus kann man aus dem Bismillah-ir-Rahman-ir-Rahim auch erkennen, dass das Fundament bzw. der Ausgangspunkt aller göttlichen Handlungen die Barmherzigkeit ist. Wenn es zu einer Bestrafung kommt, dann stellt das eine Abweichung von der eigentlichen Barmherzigkeit dar. So lange also die für eine Strafe notwendigen Ursachen (starke Vergehen des Menschen) nicht vorhanden sind, wird es zu keiner Bestrafung kommen. In Du’a Al-Dschauschan Al-Kabir lesen wir im neunzehnten Abschnitt folgendes:
يَا مَنْ سَبَقَتْ رَحْمَتُهُ غَضَبَهُ
Oh der, dessen Barmherzigkeit seinem Zorn vorgeht. [20]
Das ist gleichzeitig auch eine moralische Anleitung für die Menschen. Auch sie sollen sich daran ein Beispiel nehmen und die Barmherzigkeit als ihr moralisches Fundament ansehen. Zu Gewalt aber sollen sie nur in Ausnahmefällen greifen.
Abschließend ist es nicht unangebracht eine Überlieferung vom heiligen Propheten (s.) anzuführen:
إِنَّ ِللهِ عَزَّ وَ جَلَّ مِأَةَ رَحْمَةٍ وَ إِنَّهُ أَنْزَلَ مِنْهَا وَاحِدَةً إِلَیٰ الْأَرْضِ فَقَسَّمَهَا بَيْنَ خَلْقِهِ بِهَا يَتَعاطَفُونَ وَ يَتَرَاحَمُونَ وَ أُخَرُ تِسْعٌ وَ تِسْعِينَ لِنَفْسِهِ يَرْحَمُ بِهَا عِبَادَهُ يَوْمَ الْقِيَامَةِ
Gott, der Erhabene, besitzt hundert Arten von Barmherzigkeit. Eine davon sandte er auf die Erde herab und verteilte sie unter seinen Geschöpfen. Durch sie hegen sie zu einander Liebe, Zuneigung und Barmherzigkeit. Die restlichen neunundneunzig stehen nur ihm zur Verfügung, mit ihnen erweist er seinen Diener am Jüngsten Tag Barmherzigkeit.[21]
Vers 2
]2[ الْحَمْدُ ِللهِ رَبِّ الْعالَمِينَ
[2] Das Lob ist Allahs, dem Herrn der Menschen in aller Welt,
Die Auszeichnung dieses Verses
Gott zu loben und ihn zu Preisen hat einen besonderen Wert. Aus diesem Grund hat auch dieser Vers eine ganz besondere Bedeutung. In diesem Zusammenhang kann man verschiedene Überlieferungen anführen. In einer Überlieferung vom heiligen Propheten (s.) heißt es folgendermaßen:
إِذَا قَالَ الْعَبْدُ الْحَمْدُ ِللهِ كَمَا هُوَ أَهْلُهُ وَقَفَتِ الْمَلَائِكَةُ عَنْ كِتَابَتِهَا فَيَقُولُ اللهُ تَعَالَىٰ مَلَائِكَتِي لِمَ لا تَكْتُبُونَ مَا قَالَهُ عَبْدِي فَيَقُولُونَ نَحْنُ نَقْدِرُ عَلَىٰ كِتَابَةِ مَا عَلِمْنَاهُ وَ مَا أَنْتَ أَهْلُهُ مِنَ الْحَمْدِ لا يَعْلَمُهُ غَيْرُكَ مَا يَلِيقُ بِكَ مِنَ الْحَمْدِ وَ مَا يَسْتَحِقُّهُ هٰذَا الْعَبْدُ أَنْتَ الْعَالِمُ بِهِ وَ لا عِلْمَ لَنَا بِهِ
Wenn der Diener den Satz Lob sei Gott, so wie es ihm gebührt (Al-Hamd-u li-llahi kama huwa Ahl-u-hu) ausspricht, dann hören die Engel auf, dies aufzuzeichnen. Darauf fragt Gott die Engel: „warum verzeichnet ihr das, was mein Diener gesagt hat, nicht?“ Die Engel antworten: „wir können nur das aufzeichnen, worüber wir wissen haben. Was dir an Lob gebührt, das weiß aber niemand außer dir, niemand weiß, was dir an Lob gebührt. Was nun diesem Diener an Lohn zusteht, das weißt du, wir aber haben kein Wissen darüber.“[22]
In einer gleichbedeutenden Überlieferung von Imam Sadiq (a.s.) heißt es anschließend dazu, dass Gott den Engeln befiehlt:
فَقَالَ ٱكْتُبُوهَا كَمَا قَالَهَا عَبْدِي وَ عَلَيَّ ثَوَابُهَا
Daraufhin sagt er (Gott): „zeichnet es so auf, wie es mein Diener gesagt hat, denn dessen Belohnung steht mir zu!“[23]
Die gesamte Welt steht im Zeichen der Barmherzigkeit Gottes
Die Lobpreisung Gottes ist die erste Pflicht der Gläubigen
Nach dem Bismillah-ir-Rahman-ir-Rahim, das den Beginn der Surah darstellt, stoßen wir auf die erste Pflicht der Diener Gottes. Als erste Pflicht, wird die Lobpreisung Gottes genannt. Die Lobpreisung jenes Wesens, das der Ausgangspunkt der Schöpfung ist und seine Geschöpfe in seine unendliche Barmherzigkeit einschließt. Die Fülle von Gaben, welche die gesamte Welt umfassen, ist der eigentliche Anstoß zur Erkenntnis Gottes und seiner Dienerschaft.
Wenn wir sagen, dass die Gaben und die Barmherzigkeit Gottes der eigentliche Anstoß zur Erkenntnis und Dienerschaft Gott gegenüber sind, dann meinen wir damit, dass der Mensch, wenn ihm eine Gabe zukommt, sofort danach strebt, den Wohltäter kennen zulernen und ihm Dank zu erweisen. Aus diesem Grund erwähnen die Theologen in ihrer Diskussion um die Notwendigkeit der Erkenntnis Gottes, dass die Dankbarkeit eine, der menschlichen Moral entsprechende Notwendigkeit ist. Diese Dankbarkeit erfordert es aber, dass der Mensch jenen Wohltäter auch kennt, der ihm all die Gaben beschert, die ihm in seinem Leben zur Verfügung stehen. Also ist nicht nur die Dankbarkeit, sondern auch das Streben nach der Erkenntnis des Wohltäters eine moralische Notwendigkeit. Somit kann man feststellen, dass sowohl die Dankbarkeit des Menschen, Gott gegenüber, als auch die Bestrebung nach der Erkenntnis Gottes eine moralische Notwendigkeit ist.
Die Gaben Gottes sind somit der beste Wegweiser zu Gott. Denn wenn wir seine Gaben genauer untersuchen um daraus zu erkennen, wer sie geschaffen und uns zur Verfügung gestellt hat, dann gelangen wir dadurch unmittelbar zu Gott. Dies sind sicherlich einige Gründe dafür, dass am Beginn dieser Surah, die Lobpreisung Gottes steht.
Der Grund dafür, dass alles Lob nur Allah gebührt
Der Satz das Lob ist Allahs bedeutet, dass das Lob nur Allah gebührt. Mit dem Lob ist entweder die Kategorie Lob gemeint oder das Lob in der Bedeutung alles Lob. Der Vers kann also zwei Bedeutungen haben. Entweder dass alles, was in die Kategorie Lob fällt, Allah gebührt bzw. sein ist, oder dass jedes Lob Allah gebührt und sein ist. Die Begründung, warum das so ist, ersehen wir aus den darauf folgenden Worten, in denen Allah als der Herr der Menschen in aller Welt genannt wird. Wenn also jemand fragen würde, warum alles Lob nur Allah gebührt und nur ihm gehört, dann wäre die Begründung dazu: „weil er der Herr der Menschen in aller Welt ist.“
Darüber hinaus ist zu sagen, dass das der Begriff Hamd (حَمْد) bedeutet, dass man etwas wegen einer schönen, freiwillentlichen Eigenschaft lobt. Das Hamd, der Lob, gebührt also z.B. keinem Edelstein, denn seine schöne Eigenschaft beruht nicht auf dessen freien Willen. Das Hamd gebührt aber sehrwohl einer Person, die durch ihren freien Willen, schöne ästhetische Handlungen setzt. Vielleicht entspricht diesem Begriff am ehesten, der deutsche Begriff Lob.
Wenn wir uns die Bedeutung dieser Aussage nun genauer anschauen, dann erkennen wir, dass es sich hier um ein Loben Gottes handelt, wegen seiner schönen, freiwillentlichen Eigenschaften bzw. Handlungen. Aus diesem Grund kann man sagen, dass aus dieser Aussage hervor geht, dass die Schöpfung und alle Dinge, für die wir Gott loben, auf seinem freien Willen beruhen. Er ist also kein Mechanismus und auch nicht etwas, wie eine Sonne, deren Spenden von Wärme unter Zwang stattfindet. Es handelt sich bei Gott vielmehr um das Wesen, das alle Vollkommenheit in sich vereint und diese Vollkommenheit durch seinen freien Willen auch seinen Geschöpfen zuteil werden lässt.
Gott ist darüber hinaus auch der Ursprung aller Schöpfung. Alles, was man in dieser Welt nun an schönen, freiwillentlichen Eigenschaften und Handlungen findet, geht eigentlich auf ihn zurück, denn sie stammen von Wesen stammen, die er erschaffen hat. Aus diesem Grund kann man sagen, dass jedes Lob bzw. alles, was in die Kategorie Lob fällt, sein ist und nur ihm gebührt.
Aus dem heiligen Koran geht dazu folgendes hervor:
الَّذِي أَحْسَنَ كُلَّ شَيْ ءٍ خَلَقَهُ
Er ist der jenige, der alles, was er schafft, bestens macht.[24]
Gott hat also alles, was er erschaffen hat, durch seinen freien Willen schön und in bester Form gemacht. Ihm gebührt also für die Schöpfung jeden Dinges ein Lob, da er es schön und mit freiem Willen geschaffen hat. Er ist es darüber hinaus auch derjenige, der allen Lebewesen ihren Unterhalt bietet:
وَ مَا مِنْ دَابَّةٍ فِي الْأَرْضِ إِلاّ عَلَىٰ اللهِ رِزْقُهَا
Und es gibt kein Lebewesen auf der Erde, außer dass Gott für dessen Unterhalt verantwortlich ist.[25]
Auch diese Handlung Gottes ist eine freie schöne Handlung, der das Hamd bzw. das Lob zusteht.
Da die Segnungen Gottes niemals aufhören ist auch das Lob Gottes ständig angebracht. Hierzu ersehen wir aus dem heiligen Koran folgendes:
دَعْوَاهُمْ فِيها سُبْحَانَكَ اللَّهُمَّ وَ تَحِيَّتُهُمْ فِيهَا سَلامٌ وَ آخِرُ دَعْوَاهُمْ أَنِ الْحَمْدُ ِللهِ رَبِّ الْعالَمِينَ
Ihr Ruf in ihnen (den Paradiesgärten) lautet: „gepriesen seiest Du, oh Allah!“ ihr Gruß in ihnen lautet: „Salam!“ und ihr letzte Ruf ist, dass das Lob nur Allah, dem Herrn der Menschen in aller Welt, gebührt.[26]
Die Definition von Rabb-ul-Alamin
Der Begriff Rabb (رَبّ) bedeutet Herr, Besitzer, jener Herr und Besitzer, der das was er besitzt, erzieht und formt. Dieser Begriff wird in seiner allgemeinen uneingeschränkten Form nur auf Gott angewandt. Wenn er auf andere Personen angewandt wird, muss das sprachlich deutlich gemacht werden. Man sagt dann z.B. Rabb-ud-Dar (Herr des Hauses, Besitzer des Hauses) oder Rabb-us-Safinah (Herr und Besitzer des Schiffes). Auf jeden Fall ist dieser Begriff mit der Bedeutung der Erziehung bzw. Ausbildung behaftet. Einige Kommentatoren haben diesem Begriff noch eine andere Bedeutung zugeordnet, nämlich die, dass diesem Herrn bzw. Besitzer auch Gefolgschaft zu leisten ist. D.h. dass seine Anweisungen zu befolgt sind.
Das Wort Al-Alamin (العالمِيْنَ) ist der Plural von Al-Alam (العالمَ), was soviel wie Welt bzw. eine Einheit von verschiedenen Geschöpfen, die sich in einer gemeinsamen Zeit und an einem gemeinsamen Ort befinden und gemeinsame Eigenschaften aufweisen. Dies entspricht im Deutschen der Verwendung des Begriffes Welt, der einerseits die gesamte Existenz bezeichnen auf der anderen Seite auch auf Teilbereiche dieser Welt angewandt wird. So sagen wir z.B. die Welt der Tiere oder die Welt des Meeres. Die gleiche Verwendung finden wir auch beim Begriff Al-Alam, hier sagen wir Alam-ul-Haiawanat (عالـَم الحيوانات, d.h. die Welt der Tiere), Alam-un-Nabatat (عالـَم النباتات, d.h. die Welt der Pflanzen), Alam-usch-Scharq (عالـَم الشرق, d.h. die Welt des Ostens), Alam-ul-Gharb (عالـَم الغرب, d.h. die Welt des Westens), Alam-ul-Yaum (عالـَم اليوم, d.h. die heutige Welt) usw.
Darüber hinaus ist zu sagen, dass der Begriff Al-Alam (العالـَم) zwei verschiedene Arten von Plural hat, die eine ist Al-Awalim (العَوالِم) und die zweite Al-Alamun (العالـَمُوْنَ). Allgemein wird gesagt, dass das Plural in Form von Al-Alamun in der Bedeutung der gesamten Schöpfung verwendet wird.
In verschiedenen Kommentaren wird dieser Begriff auch so gedeutet, dass er nur auf die Menschen bezogen wird. Auch in einer Überlieferung von Imam Sadiq (a.s.) heißt es, dass Al-Alamin nur auf die Menschen bezogen ist.[27] Al-Alamin würde dann ungefähr die Weltlichen bzw. die Menschen in aller Welt bedeuten. Als Beweis dafür wird angeführt, dass der Begriff Al-Alamin in dieser Bedeutung auch im Koran Verwendung gefunden hat. Hier heißt es:
تَبارَكَ الَّذِي نَزَّلَ الْفُرْقَانَ عَلىٰ عَبْدِهِ لِيَكُونَ لِلْعَالَمِينَ نَذِيراً
Voller Segen ist derjenige, der die (Schrift der) Unterscheidung auf seinen Diener gesandt hat, damit dieser den Menschen in aller Welt ein Warner sei.[28]
In diesem Vers wird der heilige Prophet (s.) als Warner für Al-Alamin verwendet. Der Begriff findet also in der Bedeutung der Menschen in aller Welt Verwendung, denn es ist sicherlich nicht möglich, dass der heilige Prophet (s.) ein Warner für die Tierwelt oder andere Welten ist.
Doch wenn wir uns die verschiedenen Arten der Verwendung dieses Wortes genauer anschauen, dann erkennen wir, dass dieser Begriff auch weiter gedeutet werden kann, womit er oft einen weiteren Rahmen umfasst als nur den, der Menschen:
فَلِلَّهِ الْحَمْدُ رَبِّ السَّمَاوَاتِ وَ رَبِّ الْأَرْضِ رَبِّ الْعَالَمِينَ
So Allah’s ist das Lob, dem Herrn der Himmel und dem Herrn der Erde, dem Herrn der Welten.[29]
In diesem Vers kann der Begriff Al-Alamin als Welten gedeutet werden. Al-Alamin kann hier als Nachdruck darauf dienen, dass der Herr der Himmel und der Erde auch der Herr der gesamten Existenz ist. Auch in einer Aussage des Pharao wird über diesen Begriff gesprochen. Hier heißt es:
قَالَ فِرْعَوْنُ وَ مَا رَبُّ الْعَالَمِينَ قَالَ رَبُّ السَّمَاوَاتِ وَ الْأَرْضِ وَ مَا بَيْنَهُمَا إِنْ كُنْتُمْ مُوقِنِينَ
Der Pharao fragte: „und was ist Rabb-ul-Alamin?“ Da antwortete er (Moses): „der Herr der Himmel und der Erde und dem was zwischen ihnen liegt. Wenn ihr Leute seid, die Gewissheit haben.“[30]
Auch in diesem Vers ist es wahrscheinlich, dass der Begriff Al-Alamin in der Bedeutung der Welten verwendet wurde. Aus diesen Aussagen, kann man eine weitere Bedeutung dieses Begriffs erkennen, die nicht nur auf die Menschen beschränkt ist, sondern die gesamte Existenz umfasst. Hier handelt es sich also um die Welten und nicht um die Menschen in aller Welt.
In einer Überlieferung von Imam Ali (a.s.) heißt es dazu:
... رَبُّ العَالَمِينَ وَ هُمُ الجَمَاعَاتُ مِنْ كُلِّ مَخلُوقٍ مِنَ الجَمَادَاتِ وَ الحَيَوَانَاتِ
Rabb-ul-Alamin, und sie (Al-Alamin) sind die Gruppen von allen Geschöpfen, von den leblosen Dingen bis zu den Tieren.[31]
Hier wird der Begriff Al-Alamin als die verschiedenen Welten der Geschöpfe definiert. Es kann also durchaus sein, dass der Begriff Al-Alamin in zwei verschiedenen, einer eingeschränkten und einer allgemeinen Bedeutung, verwendet wird. Beide Bedeutungen stehen in keinem Widerspruch zu einander. In seiner allgemeinen Bedeutung wird der Begriff auf alle Geschöpfe bzw. alle Welten angewandt. In seiner eingeschränkten Bedeutung, findet er in der Bedeutung der Menschen in aller Welt, Verwendung. In dieser Bedeutung weist dieser Begriff also auf die Krönung der Schöpfung hin, er bedeutet dann, wie erwähnt, soviel wie die Weltlichen bzw. die Menschen in aller Welt.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass der Begriff Al-Alam, der Singular von Al-Alamin, auch in einem Gedicht von Imam Ali (a.s.) , in der Form des großen Al-Alam (العالـَم الأکبَر Al-Alam-ul-Akbar) Verwendung fand. Mit dem großen Al-Alam ist hier das gesamte Weltsystem gemeint. Diese Existenz wird in diesem Gedicht dem Menschen zugeschrieben, denn die Existenz des Menschen selbst, ist eine Gesamtheit verschiedener Organe und Systeme, die eine Einheit bilden. Darüber hinaus wirken verschiedene Kräfte auf die Existenz des Menschen ein, die in größerem Ausmaß auch im gesamten Weltsystem zu finden sind. Es scheint, als ob der Mensch eine kleine Welt darstellt. Das Gedicht lautet folgendermaßen:
وَ تَحسَبُ أَنَّكَ جِرمٌ صَغِيرٌ |
وَ فِيكَ ٱنطَوَىٰ العَالَمُ الأَكبَرُ |
Und du glaubst, du bist nur eine geringe Substanz, dabei verbirgt sich in die dir große Welt.[32]
Der Grund dafür, dass wir uns mit dem Begriff Al-Alam so stark beschäftigen, ist der, dass dieser Begriff nach dem Satz alles Lob gebührt nur Allah genannt wird. Denn der Begriff Rabb-ul-Alamin ist die Begründung dafür, dass alles Lob nur Allah gebührt. Wir sagen, dass alles Lob nur Allah gebührt, weil jegliche Vollkommenheit, jede Gabe, jedes Geschenk sowie jegliche Schönheit, die es in dieser Welt gibt von ihm geschaffen wurden und in Wirklichkeit in seinem Besitz stehen.
Vers 3
]3[ الرَّحْمَـٰنِ الرَّحِيمِ
[3] dem Allerbarmer, dem Barmherzigen,
Gott, der gewaltige Herrscher, ist in seiner Barmherzigkeit unübertroffen
Die beiden Begriffe Ar-Rahman und Ar-Rahim haben wir im Kommentar des ersten Verses bereits behandelt. Es ist also nicht mehr notwendig, noch einmal darauf einzugehen. Wichtig ist hier jedoch der Hinweis darauf, dass diese beiden Begriffe, zu den wichtigsten Attributen Gottes zählen. Den Muslimen ist vorgeschrieben pro Tag fünfmal zu beten. Dabei verrichten sie mindestens 17 Rak’at (Gebetseinheiten). In mindestens 10 davon müssen sie einmal die Surah Al-Fatihah und eine weitere Surah rezitieren. In der Surah Al-Fatihah werden zweimal die genannten Attribute Gottes genannt und in der weiteren Surah werden die beiden Attribute im Bismillah-ir-Rahman-ir-Rahim genannt. Jeder Muslim muss also pro Tag mindestens dreißig Mal diese Attribute erwähnen. Dabei preisen wir Gott sowohl bei seiner allgemeinen Barmherzigkeit (Ar-Rahman) als auch bei seiner eingeschränkten Barmherzigkeit (Ar-Rahim). Somit preist ein Muslim Gott rund sechzig Mal am Tag bei seiner Barmherzigkeit.
Das ist für Menschen, die versuchen, ein Gott wohlgefälliges Benehmen an den Tag zulegen, gewiss eine Lehre. Denn auch sie sind dazu angehalten, Barmherzigkeit walten zu lassen. Darüber ist es aber auch ein Hinweis darauf, dass der Mensch nicht meint, weil hier von der Beziehung zwischen Herrn und Diener gesprochen wird, dass es keinen Platz für Barmherzigkeit gebe. Denn das würde dem Gedankengut, das der Mensch von der Sklaverei noch in Erinnerung hat, entsprechen. Über die Sklaverei gehen folgende Berichte aus der Geschichte hervor:
Die Sklavenbesitzer gingen grausam und brutal mit den Sklaven um. Es wird erzählt, dass, wenn ein Sklave bei der Erfüllung seiner Aufgaben nachlässig war, er dann mit harten Konsequenzen zu rechnen hatte. In diesen Fällen wurden die Sklaven ausgepeitscht und in Ketten gelegt. Manche wurden sogar an Mühlsteine gebunden, in Gruben gesperrt oder in dunklen, Furcht erregenden Kerkern gehalten. Bei größeren Vergehen mussten sie sogar damit rechnen, getötet zu werden.[33]
Weiter heißt es:
Sklaven, die sich etwas zuschulden kommen ließen, wurden in Raubtierkäfige gesperrt. Wenn es ihnen gelang, diesen zu entrinnen, wurden neue Raubtiere dazu gelassen. [34]
Das sind nur einige Beispiele von dem, wie man in der Geschichte mit Sklaven umgegangen ist. Doch der heilige Koran weist an unzähligen Stellen darauf hin, dass, wenn die Diener Gottes sich Vergehen zuschulden kommen lassen und diese bereuen, dann ist Gott vergeben, nachsichtig und barmherzig.
قُلْ يَا عِبَادِيَ الَّذِينَ أَسْرَفُوا عَلىٰ أَنْفُسِهِمْ لا تَقْنَطُوا مِنْ رَحْمَةِ اللهِ إِنَّ اللهَ يَغْفِرُ الذُّنُوبَ جَمِيعاً إِنَّهُ هُوَ الْغَفُورُ الرَّحِيمُ
Sag: „oh ihr meine Diener, die ihr zu eurem eigenen Schaden nicht Maß gehalten habt, verliert nicht die Hoffnung auf die Barmherzigkeit Gottes, Gott vergibt die Sünden allesamt. Er ist der Vergebende, der Barmherzige.[35]
Wir sehen also, dass die Stellung des Ar-Rahman und Ar-Rahim nach dem Begriff Herr Menschen in aller Welt (der Welten) hier seine volle Bedeutung hat und darauf hinweist, dass Gott zwar ohne Zweifel der gewaltige Herrscher ist, der über alles herrscht, dass er aber gleichzeitig zu seinen Dienern barmherzig und vergebend ist. Das ist sicherlich eine Tatsache, die Gott für den Menschen anziehend macht. Aus diesem Grund rezitieren gläubige Muslime, die sich dieser Tatsache bewusst sind, diese beiden Begriffe, Ar-Rahman und Ar-Rahim, mit besonderer Hingabe.
Daraus kann man sehr schön erkennen, welch großer Unterschied zwischen Gott und dem Menschen steht. Der Mensch, der sich, wenn er sich als Herrscher über eine kleine Gruppe von anderen sieht, grausam benimmt, und der gewaltige Herr der Welten, der über die gesamten Weltsysteme herrscht und in seiner Barmherzigkeit unübertroffen ist.
Vers 4
]4[ مَالِكِ يَوْمِ الدِّينِ
[4] dem Besitzer (Herrscher am) des Tags des Gerichts.
Der Glaube an die Auferstehung
An dieser Stellt wird ein weiterer Glaubensgrundsatz des Islam, die Auferstehung erwähnt. Gott ist der Besitzer dieses Tages. Auf diese Weise stehen zwei Grundsätze des Islam, der Ursprung bei Gott und die Einkehr bei ihm, zur Sprache. Beides sind Grundlage jeglicher moralischer Reform bzw. Rechtschaffenheit.
Interessant ist, dass hier von Besitz gesprochen wird. Dies macht seine Macht und seinen Einfluss auf die gesamte Schöpfung deutlich. Am Tag, an dem sich alle Menschen zum Jüngsten Gericht einfinden, stehen alle ihrem Besitzer gegenüber. An diesem Tag findet jeder seine gesamten Handlungen, deren Auswirkungen, ja sogar seine eigenen Gedanken vor. Nichts, auch nicht im Ausmaß eines Stäubchens, wird ausgelassen oder vergessen. Jetzt ist es der Mensch, der als mündiges Wesen an der Reihe ist, die Verantwortung für all seine in dieser Welt begangenen Handlungen zu tragen. Er trägt sogar die Verantwortung für Gebräuche oder Programme, die er gar nicht in die Tat umgesetzt, sondern sie nur in die Welt gesetzt hat, wodurch andere Menschen sie praktiziert haben.
Gewiss ist der Besitz Gottes, diesem Tag gegenüber, kein Besitz rechtlicher Natur, sondern der Besitz im wahrsten Sinne des Wortes. Der rechtliche Besitz ist etwas, das dem Menschen auf dem Papier zugeschrieben oder abgeschrieben werden kann. Der Besitz Gottes aber ist der Wahre Besitz, der ihm weder zu- noch abgeschrieben werden kann. Wenn die Beziehung des Menschen zu Gott auch nur für einen Augenblick unterbrochen würde, würde das zur Vernichtung des Menschen führen. Dies könnte man mit dem elektrischen Licht und dem Strom vergleichen. Wenn die Verbindung zwischen der Lampe und dem Strom auch nur für einen Moment unterbrochen wird, erlischt auch das künstliche Licht der Lampe, denn das Licht steht im eigentlichen Sinn im Besitz des Stroms, weil es von seiner Existenz ausgeht.
Anders gesagt, der Besitz ist das Ergebnis der Schöpfung bzw. der Herrschaft Gottes. D.h. derjenige, der die Dinge geschaffen hat und sie unter seinem Schutz formt, ihnen von Augenblick zu Augenblick Existenz verleiht, ist der wahre Besitzer dieser Geschöpfe. Ein ungefähres Beispiel des wahren Besitzes können wir bei uns selbst, genauer gesagt beim Besitz unserer Organe feststellen. Wir sind die wahren Besitzer unserer Organe, die Augen, das Herz, die Ohren, die Nerven und alle anderen Organe stehen in unserem Besitz. Hier handelt es sich nicht um einen vertraglichen, sondern um einen wahren Besitz. Dieser Besitz entspringt der existenziellen Beziehung des Menschen zu seinen Organen. Es ist die starke Verknüpfung und die existenzielle Umfassung des Menschen auf seine Organe, welche diesen Besitz verursachen. Dabei kann dieses Besitzverhältnis aber trotzdem noch auf andere übertragen werden, denn es ist ohne weiteres möglich, verschiedene Organe anderen Menschen zu spenden. Damit löst sich der genannte Besitzanspruch, wodurch das Organ in den Besitz eines anderen Menschen übergeht.
Ein noch tiefer gehendes Beispiel für den wahren Besitz währen unsere Gedanken und Vorstellungen. Bei ihnen gibt es keinen Besitzwechsel, denn sie entspringen unserem Wesen bzw. unserer Existenz. Mit unserer Existenz kommen und vergehen sie. Sie sind nicht in der Lage auch nur einen Augenblick ohne uns zu existieren. Sie sind unser Eigen, unser Besitz und niemand kann diesen Besitzanspruch auch nur in geringstem Maße in Frage stellen.
Es stellt sich nun die Frage, wenn Gott der Besitzer aller Existenz ist und demgemäß sowohl das Dies- als auch das Jenseits besitzt, warum weist dieser Vers dann nur auf den Besitzt des Jenseits hin?
Als Antwort darauf ist zu sagen, dass es zwar richtig ist, dass Gott beides, sowohl das Dies- als auch das Jenseits besitzt, doch dieser Besitzt tritt im Diesseits nicht in volle Erscheinung. Erst im Jenseits wird dieser Besitz in volle Erscheinung treten. An diesem Tag werden alle materiellen Bezüge sowie alle rechtlichen Besitzansprüche aufgehoben. Niemand kann am Jüngsten Tag von sich einen Besitz vorweisen. Sogar die Fürsprache für andere muss mit der Erlaubnis Gottes stattfinden:
يَوْمَ لا تَمْلِكُ نَفْسٌ لِنَفْسٍ شَيْئاً وَ الْأَمْرُ يَوْمَئِذٍ ِللهِ
Am Tag, da niemand etwas für einen anderen tun kann. Alles ist an jenem Tag in Gottes Hand. (Die Angelegenheit oder der Befehl ist an jenem Tag in Gottes Hand).[36]
In dieser Welt ist es dem Menschen möglich, anderen Personen Hilfe zu leisten. Er kann sich in Wort und Tat für andere einsetzen. Er kann sich dafür einsetzen, dass andere zu ihrem rechtlichen Besitz gelangen. Er kann sie in seinen eigenen oder in den Schutz seiner Untergebenen stellen. Er kann Pläne schmieden, wie er anderen Hilfe leisten kann. Am Jüngsten Tag aber ist keine dieser Angelegenheit möglich. Wie wir aus dem heiligen Koran ersehen, werden die Menschen am Jüngsten Tag gefragt, wem nun die Herrschaft gehört? Worauf alle antworten, dass sie Gott gehört:
يَوْمَ هُمْ بَارِزُونَ لا يَخْفىٰ عَلَى اللهِ مِنْهُمْ شَيْ ءٌ لِمَنِ الْمُلْكُ الْيَوْمَ ِللهِ الْوَاحِدِ الْقَهَّارِ
Am Tag, da sie offen dastehen, nichts von ihnen ist für Gott verborgen: „wem gehört heute die Macht?“ „Allah, dem Einen, dem Gewaltigen“.[37]
Der Glaube an den Jüngsten Tag und an jenes Gericht, an dem alles offen gelegt und abgerechnet wird, wirkt sich in überragendem Maße auf die Selbstkontrolle des Menschen aus. Einer der Faktoren, warum das Gebet Übel und Schlechtes verwehrt, ist genau dieser Punkt. Denn das Gebet ruft dem Menschen seine Herkunft und das Jüngste Gericht in Erinnerung. Der Mensch wird sich dadurch bewusst, dass Gott über seine Handlungen unterrichtet ist und ihn am Jüngste Gericht zur Verantwortung ziehen wird.
Der Glaube an den Jüngsten Tag gibt dem Menschen nicht nur die Kraft sich selbst zu kontrollieren, sondern er befähigt den Menschen auch dazu, sich dem Unrecht zu widersetzen. Menschen mit diesem Glauben versuchen darüber hinaus auch falsche, ungültige Glaubensüberzeugungen zu bekämpfen. Das ist etwas, was dem Glauben an Gott allein nicht unbedingt entspringen muss, denn viele der Götzenanbeter zur Zeit des heiligen Propheten (s.) waren von der Existenz Gottes überzeugt, sie haben aber nicht an die Auferstehung geglaubt und sind deshalb Aberglauben und unsinnigen Glaubensvorstellungen gefolgt.
وَ لَئِنْ سَأَلْتَهُمْ مَنْ خَلَقَ السَّمَاوَاتِ وَ الْأَرْضَ لَيَقُولُنَّ اللهُ قُلِ الْحَمْدُ ِللهِ بَلْ أَكْثَرُهُمْ لا يَعْلَمُونَ
Und wenn du sie fragst: „Wer hat denn die Himmel und die Erde erschaffen?“ dann antworten sie: „Allah“.[38]
Aus diesem und den darauf folgenden Versen geht deutlich hervor, dass die ungläubigen Götzendiener zwar an Gott geglaubt haben, dass sie aber neben Gott noch andere Götzen angebetet haben und dass sie nicht an die Auferstehung am Jüngsten Tag geglaubt haben.
وَ قَالَ الَّذِينَ كَفَرُوا هَلْ نَدُلُّكُمْ عَلىٰ رَجُلٍ يُنَبِّئُكُمْ إِذَا مُزِّقْتُمْ كُلَّ مُمَزَّقٍ إِنَّكُمْ لَفِي خَلْقٍ جَدِيدٍ أَفْتَرىٰ عَلَى اللهِ كَذِباً أَمْ بِهِ جِنَّةٌ بَلِ الَّذِينَ لاَ يُؤْمِنُونَ بِالْآخِرَةِ فِي الْعَذابِ وَ الضَّلالِ الْبَعِيدِ
Und die Ungläubigen sagen: „sollen wir euch einen Mann zeigen, der euch berichtet, dass ihr, nachdem ihr vollkommen zerfallen seid, neu geschaffen werdet. Hat er eine Lüge gegen Allah ausgeheckt oder ist er besessen?“ Aber nein, diejenigen, die nicht an das Jenseits glauben befinden sich in der Strafe und in der fernen Verirrung.[39]
Hier wird der Glaube an das Jenseits als ein gewisser Schutz vor der Verirrung genannt. Aus diesem Vers wird deutlich, dass die Ungläubigen Allah in gewisser Weise akzeptiert und an ihn geglaubt hatten, doch allein dieser Glaube hat sie vor der Götzenanbetung nicht bewahrt.
Welch tiefe Auswirkungen der Glaube an den Jüngsten Tag haben kann, ersehen wir aus einer Überlieferung, in der es über Imam Sadschad (a.s.) heißt:
وَ كَانَ (ع) إِذَا قَرَأَ مَالِكِ يَوْمِ الدِّينِ يُكَرِّرُهَا حَتَّىٰ كَادَ أَنْ يَمُوتَ
… er (Imam Sadschad) (a.s.) hat, wenn er im Gebet den Vers dem Besitzer (Herrscher am) des Tags des Gerichts rezitiert hat, diesen so oft wiederholt, dass er nahe daran war, zu sterben.[40]
Der Ausdruck Yaum-ud-Din (يوم الدين) kommt dreizehnmal im Koran vor. Dabei wird er immer in der Bedeutung des Jüngsten Tages verwendet. Das kann man in den Versen 13-19 der Surah Al-Infitar (82) sehr schön erkennen.
Eine weitere Frage, die sich aufdrängt, ist die, warum dieser Tag Yaum-ud-Din genannt wurde, wo doch Din in der Bedeutung der Religion Verwendung findet? Die Antwort darauf lautet, dass die eigentliche Bedeutung des Begriffs Din Vergeltung bzw. Belohnung ist. Und die wesentlichste Angelegenheit, die mit dem Jüngsten Tag in Verbindung gebracht wird, ist genau diese Vergeltung, bzw. Belohnung oder Bestrafung. An diesem Tag werden alle Handlungen aufgedeckt und genauestens bemessen. Dabei werden jedem Menschen seine Handlungen, ob gut oder schlecht, vergolten. In einer Überlieferung von Imam Baqir (a.s.) heißt es, dass unter dem Begriff Din Abrechnung zu verstehen ist.
Einige Kommentatoren sind jedoch der Ansicht, dass der Begriff Din hier in seiner Bedeutung als Religion verwendet wurde. Dass dieser Tag als Tag der Religion bezeichnet wurde hängt ihrer Meinung nach damit zusammen, dass jeder Mensch wegen seiner Religion entweder belohnt oder bestraft wird.
Vers 5
]5[ إِيَّاكَ نَعْبُدُ وَ إِيَّاكَ نَسْتَعِينُ
[5] Dir (allein) dienen wir und (nur) Dich bitten wir um Hilfe und Beistand.
Der Mensch als Diener vor Gott
Dieser Vers ist in gewisser Weise der Ausgangspunkt für einen neuen Bereich in der Surah Al-Fatihah. Bis hier her behandelte die Surah die Lobpreisung Gottes. Ab diesem Vers aber widmet sich die Surah den Bedürfnissen der Diener Gottes. Wie wir sehen, ändert sich hier die Art der Sprache deutlich. Die vergangenen Verse sind in der Form der Lobpreisung eines abwesenden Herrn in der dritten Person gehalten. Dort wird er gepriesen. Er wird als der Allerbarmer und der Barmherzige bezeichnet. Er wird als der Besitzer des Jüngsten Tages bezeichnet. All das in Form der dritten Person. Es wird über eine dritte Person gesprochen, die im Gespräch nicht anwesend zu sein scheint. Doch hier ist es, als ob der Diener in seinem Glauben so stark und seine Kenntnis über seinen Herrn so vollkommen geworden ist, dass er sich direkt vor seinem Herrn findet. Er sieht sich vor seinem Herrn befindlich und wendet sich in direkter Ansprache an ihn. Erst erklärt er sich als dessen Diener und macht dann seine Abhängigkeit deutlich: „Dir (allein) dienen wir und (nur) Dich bitten wir um Hilfe und Beistand.“
Anders gesagt, wenn die Begriffe der vergangenen Verse vom Menschen verkörpert werden und das Licht Gottes, dem Schöpfer, Former und Erzieher des Menschen, seine ganze Existenz ergreift, wenn der Mensch die allgemeine und die eingeschränkte Barmherzigkeit Gottes realisiert, wenn er verwirklicht, dass Gott der Besitzer des Jüngsten Tages ist, dann erreicht er die Stufe des vollkommenen Glaubens. Die erste Frucht, welche dieser Glauben mit sich bringt, ist dass der Mensch zu einem reinen Diener Gottes wird, dass er aus der Gefangenschaft des Dienstes an Götzen befreit wird und sich der Abhängigkeit von Götzen, Tyrannen oder seinen Gelüsten entsagt.
In Wirklichkeit haben sich die vorangegangenen Verse mit dem Grundsatz des Tauhid im Wesen (التوحيد الذاتي) und Tauhid in den Attributen Gottes (التوحيد الصفاتي) beschäftigt. In diesem Vers aber geht es um Tauhid in der Dienerschaft und Tauhid in den Handlungen, zwei weiteren islamischen Prinzipien.
Tauhid in der Dienerschaft (التوحيد العبادي) bedeutet, dass man niemanden außer Gott, des Gottesdienstes als würdig erachtet, dass man nur seine Anweisungen und Gesetze als offizielles Gesetz erachtet und dass man jegliche Dienerschaft an Dingen oder Personen außer ihm unterlässt.
Tauhid in den Handlungen (التوحيد الأفعالي) bedeutet, dass man in den Handlungen, niemanden außer Gott, als wirklich Wirksamen betrachtet.[41] Das bedeutet nicht, dass man die verschiedenen Ursachen und Faktoren im Handlungsbereich verleugnet, sondern dass man der Überzeugung ist, dass jede Ursache, die eine Wirkung hat, diese Wirkung durch Gott erlangt. Das bedeutet, dass die Wärme und das Licht der Sonne, die Brennkraft des Feuers und die lebenserhaltende Kraft des Wassers wahre Wirkungen sind aber Wirkungen, die Gott diesen Dingen zueigen gemacht hat.
Das Ergebnis dieser Überzeugung ist es, dass man erkennt, dass die wirkliche Abhängigkeit nur auf Gott zurückgeht. Somit weiß man sich nur von Gott abhängig und stützt sich auch nur auf ihn. Darüber hinaus sieht man jegliche Kraft und Würde nur von ihm abhängig.
Wenn der Mensch an diese Überzeugung gelangt ist, dann erscheint ihm alles außer Gott vergänglich und schwach. Wenn man zu dieser Überzeugung gelangt ist, dann erkennt man, dass es nur Gott ist, der würdig ist verehrt zu werden. Dann erkennt man auch, dass es nur Gott ist, der dessen würdig, dass man an ihm festhält. Dies führt aber nicht dazu, dass man die normalen materiellen Ursachen außer Betracht lässt, sondern es führt dazu, dass man auch die materiellen Ursachen, zum Erreichen bestimmter materieller Interessen, von Gott abhängig weiß. Das führt dazu, dass man auch die Verwirklichung der materiellen Ursachen zum Erreichen der materiellen Interessen anstrebt, dies aber unter dem Aspekt, dass Gott es dem Menschen vorgeschrieben bzw. bestimmt hat. Der Mensch sieht also in all den materiellen Ursachen die Macht und die Kraft Gottes, er sieht die Ursache aller Ursachen.
Der Mensch entrinnt durch diese Überzeugung seiner engen, vergänglichen und materiellen Sichtweite. Sein Horizont erweitert sich bis ins Unendliche. Er legt die materiellen Maßstäbe vollkommen ab. Er leistet Gottesdienst, aber nicht in der Absicht materieller Interessen. Seine Zielsetzung wird dem Materiellen entrückt und er sieht seine jenseitigen Interessen. Ja er übersteigt sogar seine jenseitigen Interessen. Er ist kein Diener, der Gottesdienst leistet um ins Paradies zu gelangen oder vor der Hölle errettet zu werden, sondern er leistet Gottesdienst, weil Gott dessen würdig ist verehrt zu werden. So wie Imam Ali (a.s.) sagt:
ما عَبَدْتُکَ خَوْفاً مِنْ نارِکَ وَ لاَ طَمَعاً في جَنَّتِکَ لـٰکِنْ وَجَدْتُکَ أَهْلاً لِلْعِبَادَةِ فَعَبَدْتُکَ
Ich diene dir nicht aus Angst vor deinem Feuer (der Hölle) und nicht aus dem Interesse in das Paradies zu gelangen, sondern ich fand dich des Gottesdienstes Würdig und verehre dich.[42]
Verschiedene Punkte zu diesem Vers
Der einzige, an dem man festhalten kann, ist Allah
Eine Regel der arabischen Grammatik lautet, dass normalerweise das Aktiv (derjenige, der etwas macht) vor dem Passiv (demjenigen, mit dem etwas gemacht wir) genannt wird. Wie wir sehen, steht hier das Passiv, also derjenige, der verehrt wird, vor dem Aktiv, also demjenigen, der die Verehrung begeht. Gemäß einer grammatikalischen Regel, führt das dazu, dass sich die Bedeutung des Satzes verändert. Es führt nämlich dazu, dass die Handlung des Aktiven auf den Passiven eingeschränkt wird. Die Bedeutung des Verses ist also nicht nur, dass wir Gott dienen und bei ihm Hilfe und Beistand suchen, denn so könnte es sein, dass Allah einer von vielen wäre, die wir verehren und um Hilfe und Beistand bitten. Die Bedeutung ist vielmehr eine nur auf Allah eingeschränkte. Der Vers bedeutet also, dass wir Gott allein dienen und dass wir nur bei ihm Hilfe und Beistand suchen. Das entspricht genau dem Prinzip des Tauhid in den Handlungen (التوحيد الأفعالي).
Dabei ist die Suche um Hilfe und Beistand umfassend. Sie schließt sogar die Hilfe und den Beistand in der Dienerschaft mit ein. D.h. auch in der Dienerschaft bzw. in der reinen Hingabe sind wir auf die Hilfe und den Beistand Gottes angewiesen. Auch hier müssen wir die Hilfe von Gott erlangen. In diesem Bereich dürfen wir auf keinen Fall überheblich und stolz werden. Denn dies wäre ein gewisses moralisches Fehlverhalten. Es wäre nicht nur ein Fehlverhalten, sondern es würde unseren ganzen Gottesdienst bzw. unsere ganze Verehrung hinfällig und ungültig machen. Wir müssen uns also dessen bewusst sein, dass wir in allen Bereichen auf die Hilfe und den Beistand Gottes angewiesen sind.
Das ist eine der höchsten Stufen des Tauhid, man nennt es At-Tauhid An-Nazariy (التوحيد النظري), d.h. Tauhid in der Anschauung und Sichtweise des Menschen. Das bedeutet, dass der Mensch in allen Handlungen seine Sichtweise auf Gott ausrichtet, dass seine Hoffnung, seine Angst, sein Festhalten, sein Vertrauen usw. nur auf Gott ausgerichtet sind. Dass der Mensch nichts außer Gott sieht, dass er nichts außer Gott anstrebt und dass er zu nichts außer Gott Zuneigung hegt. So wie es im Koran heißt:
مَا جَعَلَ اللهُ لِرَجُلٍ مِنْ قَلْبَيْنِ فِي جَوْفِهِ
Gott hat keinem Mann zwei Herzen in sein Inneres gegeben.[43]
Das bedeutet also, dass man sein Herz nicht an andere, außer Gott, verlieren soll. Der Mensch hat nur ein Herz und das soll Gott gehören. Wenn er auch Zuneigung zu anderen Personen hegt, dann ist diese Zuneigung auf Gott ausgerichtet. D.h. weil Gott es dem Menschen gestattet, ja befohlen hat, Zuneigung zu seinem Ehepartner, zu seinen Eltern und Kindern zu hegen, hegt er diese Zuneigung und Liebe. Er hegt diese Zuneigung und Liebe also im Wege Gottes und für Gott. Es ist also keine Zuneigung, die ihn von Gott wegbringt, sondern eine Zuneigung, die ihn zu Gott führt und somit innerhalb des At-Tauhid An-Nazari steht. Darüber hinaus besagt der genannte Vers, dass der Mensch nicht zwei verschiedene Überzeugungen haben kann, er hat nur ein Herz, er hat nur ein Zentrum für seine Gefühle und das ist entweder auf Gott ausgerichtet oder auf jemand anderen.
Die Dienerschaft ist allumfassend
Wie wir ersehen, ist Vers fünf der Surah Al-Fatihah im Plural gehalten. Es heißt nicht dir allein diene ich und allein bei dir suche ich um Hilfe, sondern die Sätze sind im Plural gehalten. Es heißt wir dienen und wir suchen um Hilfe. Aus diesem Umstand lässt sich erkennen, dass der Gottesdienst, besonders das Gebet, keine individuelle Sache ist, sondern auf der Gemeinschaft basiert. Auch wenn man sich alleine vor Gott stellt, ganz allein für ihn das Gebet verrichtet und ihm seine intimsten Anliegen vorbringt, muss man das in der Form der Gemeinschaft tun. Denn man ist verpflichtet die Surah Al-Fatihah zu rezitieren und dabei zu sagen: Dir (allein) dienen wir und (nur) Dich bitten wir um Hilfe und Beistand.
Bei allen Gottesdienstlichen Handlungen birgt das Gebet sicherlich eine besondere Form der Gemeinschaftlichkeit in sich. Vor dem Gebet, egal ob in der Gemeinschaft oder alleine, ist es mustahabb den Gebetsaufruf (Adhan) zu rezitieren. Es erfolgt also vor dem Gebet ein allgemeiner Aufruf an die Gemeinschaft, sich zum Gebet einzufinden. Danach ist eine der ersten Handlungen des Gebets, die Rezitation der Surah Al-Fatihah. Auch in ihr liegt der Nachdruck auf der Gemeinschaft. Der Abschluss des Gebets ist das Salam, auch hier treffen wir wieder auf die Gemeinschaft, denn wir sagen As-Salam-u alaina (السلام عَلينا) und As-Salam-u alaikum (السلام عليکم), d.h. wir grüßen die Gemeinschaft mit Friede sei auf uns und Friede sei auf Euch. All das sind Hinweise darauf, dass der eigentliche Aspekt des Gebetes ein gesellschaftlicher bzw. gemeinschaftlicher ist. Das eigentliche Gebet findet also in der Gemeinschaft statt. Es gibt im Islam zwar das Einzelgebet, welches auch richtig und gültig ist, doch die eigentliche Form des Gebets ist das Gemeinschaftsgebet.
Bei der Konfrontation mit verschiedenen Kräften suchen wir nur bei Gott um Hilfe
Der Mensch wird in seinem Leben auf bestimmte Prüfungen gestellt. Eine der Prüfungen, in denen sich der Mensch beweisen muss, ist der Dschihad. Beim Dschihad ist der Mensch mit verschiedenen Kräften konfrontiert. Einerseits steht er im Kleinen Dschihad materiellen Angreifern gegenüber und andererseits ist er im Großen Dschihad mit inneren Angriffen konfrontiert.
Damit er Mensch gegen diese Kräfte standhalten kann, ist er auf Hilfe angewiesen. Hier stellt sich der gläubige Mensch in den Schutz der höchsten aller Mächte. Er stellt sich in den Schutz Gottes. Jeden Tag stellt sich der gläubige Mensch mindestens fünfmal zum Gebet. Vom frühen Morgen bis in den späten Abend stellt sich der gläubige Mensch vor Gott um ihn anzubeten und ihn um Hilfe und Beistand zu bitten. Der Mensch erklärt sich zum Diener Gottes, er gesteht ein, klein und nichtig und auf Gott angewiesen zu sein. Bei jedem dieser Gebete bittet er Gott um Hilfe und Beistand, damit er gegen all jene Kräfte, die ihn in seiner Existenz bedrohen, ankämpfen und sie besiegen kann. Mit diesem Eingeständnis und mit dieser Bitte beginnt er den Tag und mit dieser Bitte bringt er den Tag zu Ende. Menschen, die diese Stufe des Glaubens erreicht haben, können sich glücklich schätzen. Sie sind nicht bereit sich Tyrannen zu unterwerfen und sie unterliegen ihren materiellen Gelüsten nicht. So wie das im Koran dargestellt ist:
قُلْ إِنَّ صَلاَتِي وَ نُسُكِي وَ مَحْيَايَ وَ مَمَاتِي ِللهِ رَبِّ الْعَالَمِينَ
Sag: „mein Gebet, meine gottesdienstlichen Handlungen (mein Opfern), mein Leben und mein Sterben gehören Allah, dem Herrn der Menschen in aller Welt.“[44]
Das Rezitieren dieses Verses der Surah Al-Fatihah birgt die Lösung der verschiedensten Probleme in sich. Wir können die Früchte dieses Verses in den verschiedensten Bereichen unseres Lebens feststellen. Einer der Gefolgsleute des heiligen Propheten (s.) erzählt, dass er bei einem Kriegszug in der Gefolgschaft des heiligen Propheten (s.) war. Als der Kampf mit dem Feind in eine schwierige Phase geriet, hob der heilige Prophet (s.) sein Haupt und sprach: „Oh Besitzer des Jüngsten Tages, nur dir dienen wir und nur dich bitten wir um Hilfe und Beistand!“.[45] Daraufhin, berichtete der Gefolgsmann weiter, kam es dazu, dass der Feind und unterlag. In einer anderen Überlieferung heißt es, dass, wann immer eine Angelegenheit den Gläubigen Probleme bereitet, sollen sie diesen Vers rezitieren, dann wird ihnen diese Angelegenheit erleichtert.[46]
Vers 6
]6[ إِهْدِنَا الصِّرَاطَ الْمُسْتَقِيمَ
[6] Leite uns den Geraden Weg,
Die Rechtleitung auf dem geraden Weg
Nachdem der Mensch Gott gepriesen hat und ihm seine reine Dienerschaft erklärt hat, folgt der nächste Schritt. Es ist dies die erste Bitte bzw. das erste Anliegen, das der Diener an seinen Herrn hat. Es ist die Bitte, dass der Herr seine Diener den Geraden Weg leite. Der Gerade Weg ist der Weg der Gerechtigkeit, der Weg des Guten und der Rechtschaffenheit, der Weg des Glaubens an Gott sowie der Dankbarkeit. In diesem Vers bitten wir unseren Herrn, dass er uns diesen Weg leite. Darüber hinaus bitten wir unseren Herrn, der uns so viele Gaben zukommen lässt, dass er uns auch den Weg der Dankbarkeit leite. Auch hier ist es die Pflicht des Dieners, seinen Herrn in der Gemeinschaft zu rufen. Leite uns den Geraden Weg. Es handelt sich also auch hier um eine Bitte in der ersten Person Mehrzahl und nicht im Singular.
Es stellt sich nun die Frage, warum der Mensch fortwährend dazu angehalten ist, Gott darum zu bitten, dass er ihn rechtleitet? Ist denn jeder Mensch in der Irre?
Als Antwort darauf ist zu sagen, dass es im Laufe des Lebens vorkommen kann, dass der Mensch zwar die Erkenntnis über Gott besitzt, dass er aber durch verschiedene Einflüsse vom Weg der Dienerschaft abkommt. Aus diesem Grund ist es die Pflicht des Dieners, dass er seinen Herrn mindestens zehnmal am Tag um die Rechtleitung bittet, damit er auf diesem Weg keinen Schwankungen unterliegt. Darüber hinaus findet man den Geraden Weg nicht bei jedem Menschen in der gleichen Stufe vor. Je stärker sich der Mensch auf diesen Weg begibt, desto näher wird er zu seinem Herrn gelangen. Je mehr Nähe er zu seinem Herrn erlangt, desto mehr Vollkommenheit erlangt er. Weil aber Gott die unendliche Vollkommenheit ist, sind auch die Stufen, die man auf diesem Weg erreichen kann unendlich und uneingeschränkt. Erreicht man eine Stufe, dann gibt es immer eine noch höhere Stufe. Somit erbittet der Diener von seinem Herrn, dass er in diesem Weg fortwährend höhere Stufen erreicht.
Dazu kommt noch, dass der Mensch immer in Gefahr ist, Schwankungen zu unterliegen, die ihn von diesem Weg abbringen. Aus diesem Grund ist es notwendig, dass der Mensch Gott darum bittet, ihn weiter auf diesem Weg zu leiten, damit er diesen Schwankungen nicht unterliegt.
In diesem Zusammenhang dürfen wir nicht vergessen, dass unsere Existenz von Gott abhängig ist. Im Bezug auf den Besitz Gottes haben wir verschiedene Vergleiche gebracht. In einem Vergleich haben wir die Abhängigkeit unserer Existenz von Gott mit der Abhängigkeit der Existenz unserer Gedanken von uns selbst verglichen. Unsere Existenz ist also immer auf Gott angewiesen. Sie ist in gewissem Sinn wie die Lampe, welche ständig auf die Stromversorgung angewiesen ist. Nur solange die Lampe neuen Strom bekommt, kann sie leuchten. Auch unsere Existenz braucht immer wieder neue existenzielle Eingabe. Sie muss ständig in Verbindung mit dem unendlichen Strom der Existenz Gottes sein, damit sie neues existenzielles Licht bekommt. Dabei ist es aber auch notwendig, dass wir in jedem Moment, in dem wir neue Existenz bekommen, auch neue Rechtleitung erfahren. Denn es kann sein, dass unsere Beziehung zur Quelle der Existenz in gewissem Sinne durch Unreinheiten bzw. Sünden gestört wird. Diese wäre damit zu vergleichen, dass die Leitfähigkeit des Drahts, der den Strom zur Lampe leitet, durch nicht leitende Elemente gestört wird. Auf diese Weise kann auch unsere Rechtleitung gestört werden. So müssen wir Gott also darum bitten, dass er uns von neuem weiter den Geraden Weg führt, damit diese Unreinheiten, die wir selbst ins Leben gerufen haben, unsere Rechtleitung nicht beeinträchtigen.
Darüber hinaus ist die Rechtleitung, wie erwähnt, das Beschreiten des Wegs zur Vollkommenheit. Wie wir gesagt haben, gibt es hier verschiedene Stufen deren Grenze nach oben hin offen ist. Denn bei der Vollkommenheit des Menschen handelt es sich um die Nähe zu Gott. Je näher der Mensch Gott kommt, desto mehr Vollkommenheit erlangt er. Da Gott ist in seiner Vollkommenheit aber unendlich ist, sind auch die Stufen der Vollkommenheit unendlich. So ist nicht abwegig, dass auch Propheten und Imame, die an der Spitze der Rechtleitung stehen, von Gott neue Rechtleitung erbitten. Denn sie erbitten in Wirklichkeit eine neue, höhere Stufe an Rechtleitung. Dies, weil sie auf dem Weg der Vervollkommnung sind. In diesem Sinn ist es z.B. auch zu verstehen, dass wir Salawat für den heiligen Propheten (s.) machen. Salawat bedeutet eine neue Segnung für den heiligen Propheten (s.). Eine neue Segnung aber bedeutet eine höhere Stufe an Vollkommenheit. In diesem Sinn ist es auch zu verstehen, dass der heilige Prophet (s.) Gott darum gebeten hat, dass er ihm neues Wissen verleiht:
وَ قُلْ رَبِّ زِدْنِي عِلْماً
Und sag: „Herr, mehre mein Wissen!“[47]
In diesem Sinn sind auch die folgenden Aussagen des heiligen Korans zu verstehen, in denen es heißt:
وَ يَزِيدُ اللهُ الَّذِينَ ٱهْتَدَوْا هُدىً
Und Gott bestärkt denjenigen, die rechtgeleitet sind, an Rechtleitung.[48]
وَ الَّذِينَ ٱهْتَدَوْا زَادَهُمْ هُدىً
Und diejenigen, die rechtgeleitet sind bestärkt er an Rechtleitung.[49]
Hier kommt also den Rechtgeleiteten neu Rechtleitung zu. Um das ganze ein bisschen besser zu erläutern ist es angebracht einige Überlieferungen anzuführen. Imam Ali (a.s.) sagt bezüglich des Kommentars des sechsten Verses von Surah Al-Fatihah:
إِهْدِنَا الصِّرَاطَ الْمُسْتَقِيْمَ أَيْ أَدِمْ لَنَا تَوْفِيْقَكَ الَّذِيْ بِهِ أَطَعْنَاكَ فِيْ مَاضِي أَيَّامِنَا حَتَّىٰ نُطِيْعَكَ كَذٰلِكَ فِيْ مُسْتَقْبَلِ أَعْمَارِنَا
„Leite uns den Geraden Weg“ das heißt: „verleih uns weiter den Erfolg, mit dem wir dir in unseren vergangenen Tagen Gefolgschaft geleistet haben, damit wir dir in unserem zukünftigen Leben genauso Gefolgschaft leisten. [50]
In einer Überlieferung von Imam Sadiq (a.s.) heißt es dazu:
أَرْشِدْنَا لِلُزُومِ الطَّرِيقِ الْمُؤَدِّي إِلَىٰ مَحَبَّتِكَ وَ الْمُبَلِّغِ إِلَىٰ جَنَّتِكَ وَ الْمَانِعِ مِنْ أَنْ نَتَّبِعَ أَهْوَاءَنَا فَنَعْطَبَ أَوْ نَأْخُذَ بِآرَائِنَا فَنَهْلِكَ
Führe uns dahin, dass wir an jenem Weg, der zu Deiner Liebe führt, festhalten, an jenem Weg, der zu deinem Paradies führt. Jenen Weg, der uns daran hindert, unseren Gelüsten oder unseren eigenen Ansichten nachzugehen, wodurch wir zugrunde gehen.[51]
Die Definition des geraden Weges
Bei der Definition des Geraden Weges können wir vom heiligen Koran selbst gebrauch machen. In diesem Zusammenhang gibt es verschiedene Verse. Hier einige Beispiele:
قُلْ إِنَّنِي هَدَانِي رَبِّي إِلَىٰ صِرَاطٍ مُسْتَقِيمٍ دِيناً قِيَماً مِلَّةَ إِبْراهِيمَ حَنِيفاً وَ مَا كَانَ مِنَ الْمُشْرِكِينَ
Sag: „mein Herr hat mich gewiss einen geraden Weg geleitet, zur wahren Religion, der Religion Abrahams dem Wahrhaften, er war keiner der Götzendiener.[52]
In diesem Vers wird die Religion Abrahams (a.s.) als ein gerader Weg bezeichnet. Darüber hinaus wird Abraham von jeglichem Götzendienst freigesprochen und als wahrhafter Diener Gottes bezeichnet. Es lässt sich also erkennen, dass es der gerade Weg erfordert, dass man Gott in keiner Weise Götzen beigesellt, sondern dass man ihm allein und in reiner Absicht dient. Weiter heißt es im Koran:
أَ لَمْ أَعْهَدْ إِلَيْكُمْ يَا بَنِي آدَمَ أَنْ لاَ تَعْبُدُوا الشَّيْطَانَ إِنَّهُ لَكُمْ عَدُوٌّ مُبِينٌ وَ أَنِ ٱعْبُدُونِي هٰذا صِرَاطٌ مُسْتَقِيمٌ
Habe ich euch Kinder Adams nicht dazu verpflichtet, dass ihr dem Satan nicht dient, er ist euch ein offensichtlicher Feind, und dass ihr mir dient, das ist ein gerader Weg.[53]
In diesem Vers wird darauf hingewiesen, dass der Mensch dem Satan nicht dienen soll. Das ist so zu verstehen, dass der Mensch keine teuflischen Handlungen setzen soll. Der Mensch wird also dazu angehalten, keine teuflischen Handlungen zu setzen, sondern seine Handlungen allein auf Gott und dem reinen Dienst an ihm auszurichten. Auch hier wird wieder auf den Handlungsbereich hingewiesen.
وَ مَنْ يَعْتَصِمْ بِاللهِ فَقَدْ هُدِيَ إِلَىٰ صِرَاطٍ مُسْتَقِيمٍ
Und wer an Gott festhält, der ist auf einem geraden Weg rechtgeleitet.[54]
Man kann auch aus diesem Vers genau erkennen, dass man über die Glaubensgrundlagen hinaus auch die richtigen Handlungen setzen muss. Hier wird der Festhalt an Gott als Zeichen dafür genannt, dass man auf einem geraden Weg ist.
Dabei ist jedoch zu beachten, dass es nur einen geraden Weg gibt. Denn der gerade Weg, der zwei Punkte mit einander verbindet, kann immer nur einer sein. Es kann nicht zwei gerade Strecken zwischen zwei Orten geben, sondern es ist immer nur eine gerade Strecke, die zwei beide mit einander verbindet. Auch beim geraden Weg zu Gott ist es so, dass es nur einen Weg geben kann. Im Koran gibt es deutliche Hinweise dazu. Hier heißt es:
إِنَّ الدِّينَ عِنْدَ اللهِ الْإِسْلامُ
Wahrlich, als Religion gilt bei Allah nur der Islam.[55]
وَ أَنَّ هٰذا صِرَاطِي مُسْتَقِيماً فَٱتَّبِعُوهُ وَ لا تَتَّبِعُوا السُّبُلَ فَتَفَرَّقَ بِكُمْ عَنْ سَبِيلِهِ ذٰلِكُمْ وَصَّاكُمْ بِهِ لَعَلَّكُمْ تَتَّقُونَ
Und das ist gewiss mein gerader Weg, so folgt ihm. Und befolgt nicht die (verschiedenen) Wege, damit sie euch nicht von seinem Weg abbringen. Das hat er euch verordnet, vielleicht werdet ihr gottesfürchtig sein.[56]
Der Islam hat sicherlich eine umfassende Bedeutung, die sowohl die alten Eingottreligionen als auch den jetzigen Islam umfasst, worauf wir später noch zu sprechen kommen.
Doch wie wir gesagt haben gibt es nur einen geraden Weg. Diese Tatsache spielt beim Kommentar dieses Verses eine wichtige Rolle, denn wenn wir sind in verschiedenen Korankommentaren mit verschiedenen Auslegungen zum Begriff Gerader Weg konfrontiert. Hier müssen wir uns dessen Bewusst sein, dass es sich um verschiedene Aspekte von einem Gegenstand bzw. einem Weg handelt. In den verschiedenen Kommentaren wir der Gerade Weg als Islam, die reine Einzigartigkeit Gottes (das reine At-Tauhid), der Koran und als der heilige Prophet (s.) und die Imame (a.s.) gedeutet. Das sind alles verschiedene Aspekte der einen Religion Gottes, welche sowohl den Glaubens- als auch den Handlungsbereich umfassen.
Dazu gibt es auch verschiedene Überlieferungen, welche die verschiedenen Aspekte des Geraden Weges verdeutlichen. Imam Sadiq (a.s.) sagt in diesem Zusammenhang:
إِهْدِنَا الصِّرَاطَ الْمُسْتَقِيمَ قَالَ الطَّرِيْقُ وَ مَعْرِفَةُ الْإِمَامِ
Zum Kommentar von leite uns den Geraden Weg sagte der Imam (a.s.) : „das ist der Weg und die Erkenntnis über den rechtmäßigen Imam.“[57]
نَحْنُ وَ اللهِ الصِّرَاطُ الْمُسْتَقِيْمُ
„Wir sind bei Gott der gerade Weg“[58]
الصِّرَاطُ الْمُسْتَقِيمُ أَمِيرُ الْمُؤْمِنِينَ (ع)
„Der gerade Weg ist Imam Ali (a.s.) “[59]
In diesen drei Überlieferungen wird also der rechtgeleitete Imam, dessen Weg und die Erkenntnis über ihn, als der Gerade Weg bezeichnet. Buraid, ein Gefolgsmann des heiligen Propheten (s.) sagt dazu:
الصِّراطَ الْمُسْتَقِيمَ قالَ بُرَيْدَةُ صَاحِبُ رَسُوْلِ اللهِ صَلَّی اللهُ عَلَيْهِ وَ آلِهِ هُوَ صِرَاطُ مُحَمَّدٍ وَ آلِهِ صَلَّی اللهُ عَلَيْهِ وَ آلِهِ
Der Gerade Weg, dazu sagte Buraid, ein Gefolgsmann des heiligen Propheten (s.): „das ist der Weg von Muhammad und seiner reinen Familie (s.).“[60]
All diese Begriffe, die hier genannt werden, entsprechen unseren Glaubensgrundlagen. Es sind die Grundlagen At-Tauhid, Prophetentum, Auferstehung, Gerechtigkeit und Al-Imamah. Es besteht kein Zweifel darin, dass der Weg von Ahl-ul-Bait (a.s.) , d.h. der reinen Familie des heiligen Propheten (s.), der gerade Weg ist. Dass er jener Weg ist, der, wenn man sich an ihn hält, den Menschen vor der Vernichtung errettet. Wendet man sich jedoch von diesem Weg ab, dann wird man großen Schaden erleiden. In einer durch Ibn Maghazili überlieferten Hadis vom heiligen Propheten (s.) heißt es:
مَثَلُ أَهْلِ بَيْتِي كَمَثَلِ سَفِيْنَةِ نُوْحٍ مَنْ رَكِبَهَا نَجَا وَ مَنْ تَخَلَّفَ عَنْهَا غَرِقَ
Das Beispiel meiner reinen Familie ist wie das Beispiel der Arche Noah. Wer sich auf sie begibt, wird errettet, wer sich aber von ihr abwendet, der wird ertrinken.[61]
Die folgende Hadis wird vom heiligen Propheten (s.) sowohl von schiitischer als auch von sunnitischer Seite überliefert:
إِنِّي تَارِكٌ فِيكُمُ الثَّقَلَيْنِ مَا إِنْ تَمَسَّكْتُمْ بِهِمَا لَنْ تَضِلُّوا كِتَابَ اللهِ وَ عِتْرَتِي أَهْلَ بَيْتِي
Gewiss, ich hinterlasse euch zwei wertvolle, gewichtige Dinge, wenn ihr an ihnen festhält, dann werdet ihr nicht in die Irre gehen, es sind das Buch Gottes und meine reine Familie, Ahl-ul-Bait (a.s.).[62]
Es ist wie gesagt eine Tatsache, dass der heilige Prophet (s.), Imam Ali (a.s.) und die restlichen Imame (a.s.) zum Weg des Tauhid aufriefen. Dabei war dieser Aufruf kein leerer, sondern ein Aufruf der sowohl den Glaubens- als auch den Handlungsbereich umfasste. Es ist also ein Aufruf, der den Menschen zu der höchsten Stufe seiner Vollkommenheit führt. D.h. ein Aufruf mit dem der Mensch die höchste Stufe der Rechtleitung, die höchste Stufen an Würde, die höchste Stufe an vorzüglichen Charaktereigenschaften aber auch die höchste Stufe an Kraft und Stärke erreicht.
Die Rechtleitung im existenziellen und im gesetzlichen Bereich
Es gibt zwei Arten von Rechtleitung. Die erste ist die Rechtleitung im existenziellen Bereich und die zweite ist die Rechtleitung im gesetzlichen Bereich. Die Rechtleitung im existenziellen Bereich wird im Arabischen Al-Hidayat-ut-Takwiniyyah (الهدايَة التکوينِيّة) genannt. Sie umfasst die Gabe der Vernunft, mit welcher der Mensch imstande dazu ist, zwischen Gut und Böse, zwischen Nutzen und Schaden, zwischen Glück und Unglück sowie moralisch gutem und moralisch üblen zu unterscheiden.
Die Rechtleitung im gesetzlichen Bereich wird im Arabischen Al-Hidayat-ut-Taschri’iyyah (الهداية التشريعِيَّة) genannt. Sie umfasst die Entsendung von Propheten, die Offenbarung göttlicher Schriften sowie die Aufstellung von Gesetzen und Vorschriften. Gott weist dem Menschen durch all diese Maßnahmen den Weg zu seinen diesseitigen als auch jenseitigen Interessen. Er weist ihm den Weg, wie er sich vor diesseitigem und jenseitigem Schaden schützen kann. Wenn der Mensch diese Rechtleitung akzeptiert und befolgt, dann erlangt er die Fähigkeit, von den jenseitigen Gaben und Nutznießungen Gebrauch zu machen. Die Fähigkeit, von den jenseitigen Nutznießungen Gebrauch zu machen, bedeutet eine Vervollkommnung der Seele, eine Vervollkommnung der menschlich wertvollen, moralischen Eigenschaften als auch seiner menschlich wertvollen Charaktereigenschaften und auch eine Vervollkommnung der Erkenntnis über die islamischen Lehren.
Weil nun die existenzielle Rechtleitung des Menschen mit der Gabe der Vernunft einhergeht, wird die Vernunft auch als die innere Führung des Menschen bezeichnet. Denn durch sie kann der Mensch, wie gesagt Gut und Schlecht erkennen und der Rechtleitung durch die Propheten, d.h. der Rechtleitung im gesetzlichen Bereich, folgen. Darüber hinaus werden aber auch die Propheten, die Imam und die Gelehrten als Rechtleitung bezeichnet, weil sie es sind, die dem Menschen den genauen Weg der Rechtleitung darlegen. D.h. sie sind diejenigen, die das notwendige Bewusstsein und die notwendigen Handlungen, die den Menschen zu seiner Vervollkommnung führen, darlegen. Sie sind nicht nur diejenigen, die dem Menschen das göttliche Gesetz, in Form der göttlichen Vorschriften und Verbote, überbringen, sondern auch diejenigen, die den Menschen auf die notwendigen moralischen Handlungen hinweisen, die ihn zu seiner höchsten Vollkommenheit führen.
Auf diese beiden Arten von Rechtleitung werden wir auch zu Beginn der Surah Al-Baqarah eingehen.
Vers 7
]7[ صِرَاطَ الَّذِينَ أَنْعَمْتَ عَلَيْهِمْ غَيْرِ الْمَغْضُوبِ عَلَيْهِمْ وَ لاَ الضَّالِّينَ
[7] den Weg derer, denen du Gnade erwiesen hast, nicht (den Weg) derer, die dem Zorn verfallen sind und nicht (den Weg) derer, die in die Irre gehen.
Der Gerade Weg und seine beiden Gegensätze
Dieser Vers ist im Grunde der beste Kommentar, für den vorangegangen Vers, in dem vom Geraden Weg gesprochen wurde. Dieser Vers legt klar, worum es sich beim Geraden Weg handelt. Auch dieser Vers ist, wie die gesamte Surah Al-Fatihah, mit dem Gebet sehr stark verbunden. Wenn der Betende Muslim diesen Vers rezitiert, dann bittet er Gott darum, dass er ihn den Weg jener Personen leitet, die in seiner Gunst stehen, den Weg jener Personen, denen die Gaben Gottes zuteil werden. Diese Gaben sind sicherlich sehr umfangreich. Zu ihnen zählen die Gabe der Rechtleitung, die Gabe des Erfolgs, den rechten Weg zu finden und zu beschreiten, die Gabe der Führung durch rechtschaffene, gläubige Personen, die Gabe des Wissens und des richtigen Bewusstseins, die Gabe des Dschihad, die Gabe des Märtyrertums und vieles mehr. Der Betende bittet Gott also um die Rechtleitung zu diesem Weg. Darüber hinaus bittet er Gott auch darum, ihn von diesem Weg nicht abkommen zu lassen, damit er nicht auf den Weg derer gelangt, die aufgrund ihrer Vergehen und Sünden dem Zorn Gottes verfallen sind oder in die Irre gehen.
Weil der Mensch von sich aus nicht weiß, welcher Weg ganz genau der Weg der Rechtleitung ist, befiehlt uns Gott, dass wir von ihm den Erfolg erbitten, den Weg jener Personen zu beschreiten, denen seine Gaben zuteil werden. Dabei weist uns dieser Vers darauf hin, dass es gegenüber dem geraden Weg zwei Wege gibt, die den Menschen von diesem Weg abbringen und in die Irre führen. Der erste ist der Weg jener Personen, die dem Zorn Gottes verfallen sind und der zweite ist der Weg jener, die in die Irre gehen. Auf den Kommentar dieser beiden Wege kommen wir später zurück. Zunächst scheint es jedoch angebracht, den Weg derer, denen die Gaben Gottes zuteil werden, zu kommentieren.
[1] Tafsir Al-Imam Al-Askari (a.s.), S. 25
[2] Die Pupille
[3] Die weiße Lederhaut, welche die Pupille umgibt.
[4] Tabarsi, Amin-ud-Din; Madschma’-ul-Bayan, B. 1, S. 18
[5] Tabarsi, Amin-ud-Din; Madschma’-ul-Bayan, B. 1, S. 18
[6] Surah Al-Alaq, Vers 1
[7] Surah Hud, Vers 41
[8] Surah An-Naml, Vers 30
[9] Den ersten Buchstaben des Bismillah-ir-Rahman-ir-Rahim
[10] Al-Kulaini Ar-Razi, Muhammad Ibn Ya’qub, Al-Kafi, B. 3, S. 312
[11] Al-Itqan, B. 1, S. 136
[12] Tawatur ist ein Begriff der arabischen Hadiswissenschaft (jene Wissenschaft, die sich mit Überlieferungen des heiligen Propheten [s.a.a.s.] beschäftigt). Eine Überlieferung wird, wenn sie das Ausmaß des Tawatur erreicht als Mutawatir bezeichnet. Dabei handelt es sich um Überlieferungen, die in einem Ausmaß überliefert und weiter gegeben wurden, dass bezüglich ihrer Richtigkeit kein Zweifel mehr besteht, denn es wäre gemäß diesem Ausmaß unmöglich, dass sich all diese Leute zusammengetan hätten, eine Lüge zu erfinden und zu verbreiten.
[13] Es gibt natürlich auch andere Wortformen als nur die Namen aber einer der Gründe, warum ein artikulierter Laut Bedeutung erlangt, ist dass er einem Gegenstand als Name zugeordnet wurde.
[14] Al-Baqarah, Vers 226
[15] Al-Baqarah, Vers 227
[16] Al-Haschr, Vers 24
[17] Al-Haschr, Vers 23
[18] Al-Ahzab, Vers 43
[19] Al-Kulaini Ar-Razi, Muhammad Ibn Ya’qub; Al-Kafi, B. 1, S. 164
[20] Du’a Al-Dschauschan Al-Kabir, Abschnitt 19
[21] Tabarsi, Amin-ud-Din; Madschma’-ul-Bayan, B. 1, S. 21
[22] Al-Muhaddis An-Nuriy, Mustadrak-ul-Wasa’il, B. 5, S. 305
[23] As-Saduq, Muhammad ibn Ali; Sawab-ul-A’mal, S. 13
[24] As-Sadschdah, Vers 7
[25] Hud, Vers 6
[26] Yunus, Vers 10
[27] Kaschani, Mulla Fath-u-llah, Manhadsch-us-Sadiqin fi ilzam-il-Muchalifin, B. 1, S. 105
[28] Al-Furqan, Vers 1
[29] Al-Dschasiyah, Vers 36
[30] Asch-Schu’ara (26), Vers 23-24
[31] As-Saduq, Muhammad ibn Ali; Uyun-u Achbar-ir-Ridha, B. 1, S. 282
[32] Diwan-ul-Imam Ali (a.s.), S. 175
[33] Tarich-ul-Barmalah, B. 1, S. 150
[34] Tarich-ul-Barmalah, B. 1, S. 150
[35] Surah Az-Zumar (39), Vers 53
[36] Al-Infitar (82), Vers 19
[37] Ghafir (40), Vers 16
[38] Luqman (31), Vers 25
[39] Saba’ (34), Vers 7-8
[40] Al-Kulaini Ar-Razi, Muhammad Ibn Ya’qub; Al-Kafi, B. 2, S. 602
[41] لا مُؤَثِرَ فِي الوُجُودِ إلا الله(Es gibt keinen Wirksamen innerhalb der Existenz außer Gott.)
[42] Madschlisi, Muhammad Baqir; Bihar-ul-Anwar, B. 67, S. 186
[43] Al-Ahzab (33), Vers 4
[44] Al-An’am (6), Vers 162
[45] Kanz-ul-Ummal, B. 4, S. 360
[46] Kaschani, Mulla Fath-u-llah, Manhadsch-us-Sadiqin fi ilzam-il-Muchalifin, B. 1, S. 114
[47] Ta Ha (20), Vers 114
[48] Maryam (19), Vers 76
[49] Muhammad (47), Vers 17
[50] Tafsir Al-Imam Al-Askari (a.s.), S. 44
[51] Tafsir Al-Imam Al-Askari (a.s.), S. 44
[52] Al-An’am (6), Vers 161
[53] Ya Sin (36), Vers 60-61
[54] Alu-Imran (3), Vers 101
[55] Alu-Imran (3), Vers 19
[56] Al-An’am (6), Vers 153
[57] Al-Qommi, Ali ibn Ibrahim ibn Haschim, Tafsir Al-Qommi, B. 1, S. 28
[58] Al-Qommi, Ali ibn Ibrahim ibn Haschim, Tafsir Al-Qommi, B. 2, S. 66
[59] Al-Arusi Al-Huwaiziy, Abd-u Ali ibn Dschumu'ah; Tafsir-u Nur-us-Saqalain; B. 1, S. 21, Hadis Nr. 94
[60] Madschlisi, Muhammad Baqir; Bihar-ul-Anwar, B. 24, S. 16
[61] As-Seyyid Radhiyy-ud-Din ibn Tawus, At-Tara’if, S. 132
[62] Ihqaq-ul-Haqq, B. 9, S. 309
Al-Hurr Al-Ameli, Muhammad ibn Al-Hassan, Wasa’il-usch-Schi’ah, B. 27, S. 34