Anlässlich der sechsten Gedenkfeier des berühmten iranischen Dichters, Khajeh Shams Aldin Mohammad Hafez Shirazi, wurde in Erfurt eine Feier abgehalten, zu der Delegationen aus Hamadan und Shiraz (Iran), aus der Stadt Erfurt und Weimar, Vertreter des islamischen Zentrums Hamburg sowie bedeutende Vertreter der Stadt, Kultur und Religion aus diesen Regionen eingeladen waren.
Zunächst einmal begrüßte der Oberbürgermeister Erfurts, Andreas Bausewein, die geladenen Gäste im Rathaus und äußerte seine Freude über nähere Zusammenarbeit zwischen Iran und Deutschland mithilfe einer Partnerschaft zwischen den Städten Erfurt und Hamadan. Anschließend bemerkte der Kulturrat Dr. Imanipour, dass Kulturwochen, welche als Folge einer Städtepartnerschaft entstehen, zur Erkenntnis über die andere Kultur beitragen. Beide Städte besitzen viele Gemeinsamkeiten, da sie beispielsweise beide Heimatstädte berühmter deutscher und iranischer Persönlichkeiten wie Goethe und Avicenna darstellen. Der Kulturrat eröffnete seine Hoffnung über eine Zusammenarbeit im Bereich der Archäologie, Wissenschaft und Kultur und traf damit auf Bestätigung seitens der Vertreter Erfurts.
Der Bischof hielt auf dem Domberg in Erfurt in der Anwesenheit von Herrn Ayatollah Dr. Ramezani, Oberbürgermeister Pakfetrat aus Shiraz, Vertretern aus Hamadan, Herrn Kulturrat Dr. Imanipour, Mitarbeitern der Botschaft der Islamischen Republik Iran, Herrn Bausewein, Oberbürgermeister der Stadt Erfurt und Vertretern des Stadtrates und der Verwaltung und vielen weiteren verehrten Gästen folgende Rede:
"Nach der bestehenden Städtefreundschaft zwischen Shiraz und Weimar denkt man nun an eine mögliche Städtefreundschaft zwischen Erfurt und Hamadan. Hierbei bestehen aber nicht nur sprachliche Hürden, sondern auch unterschiedliche soziale und ökonomische Standards oder politische Strukturen und auch Unterschiede in der Kultur und Religion. Um mit diesen Unterschieden umgehen zu können, bedarf es daran, Gemeinsamkeiten zu finden und Respekt und Toleranz zu besitzen und Kompromisse im Rahmen des geltenden Rechtssystems zu schließen. Die Konzilerklärung zur Religionsfreiheit besagt nämlich: "Es geschieht also ein Unrecht [...] wenn jemandem die freie Verwirklichung der Religion in der Gesellschaft verweigert wird." Katholiken sind auch zur Hochachtung gegenüber den Muslimen, "die den alleinigen Gott anbeten", verpflichtet. Daher wenden wir uns gegen die antijüdischen und antiislamischen Tendenzen der vergangenen Wochen. Es ist entsetzlich, wie die Religion bei solchen terroristischen Gewaltexzessen missbraucht wird und wie wenig die Gläubigen verschiedener Religionen zu einer Befriedung beitragen können. Theologen und alle Gläubige müssen die Inhalte und Aussagen ihrer heiligen Schriften, mit denen sich Gewalt begründen ließe, ehrlich und theologisch aufarbeiten. Die Verantwortlichen in den Religionen müssen vor Gott Rechenschaft ablegen, ob sie die Religion so vermittelt haben, dass die Liebe, Barmherzigkeit und Gerechtigkeit Gottes zu allen Menschen verstanden wird.
Wir - alle Gläubigen unterschiedlicher Religionen - leben als Minderheiten in einer areligiösen Gesellschaft. Daher müssen wir uns um einen Austausch über theologische Fragen und Traditionen und den Respekt und das Verhältnis der Religion zu Gewalt bemühen. Hierbei denke ich an das Verhältnis der abrahamitischen Religionen, der Leute der Schrift. Was bedeuten spirituelle und theologische Bezüge im Koran, wie die Sure Maryam oder Yusuf, zum gemeinsamen Gestalten des Glaubens? Manche Stellen machen uns Sorgen, wie z.B. Sure 9: 29; über andere Stellen freuen wir uns aber, beispielsweise Sure 5: 48. Ich würde mich freuen, wenn wir uns austauschen können und ins Gespräch kommen. Es wird sicherlich nicht leicht. Die Religion trifft den Menschen nämlich im Kern seiner Existenz. Darüber zu reden oder zu diskutieren ist schwer und kann nicht ohne Respekt und Toleranz erfolgen. Es ist aber gleichzeitig unverzichtbar. Die Menschen erwarten von den Gläubigen aller Religionen, dass sie Formen des Gespräches und Austausches entwickeln, die positive Impulse für die Gesellschaft vermitteln. Das können wir, auch in Thüringen, mit Gottes Hilfe nur gemeinsam versuchen."
Im Anschluss kam Prof. Dr. Baumgart von der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt zu Wort und begrüßte zunächst alle Gäste. Daraufhin erläuterte den Aufbau der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität, den Werdegang seiner Studenten und deren Karrieremöglichkeiten.
Als Nächstes hielt Dr. Ayatollah Ramezani, Leiter des Islamischen Zentrums Hamburg, seine Rede und erwähnte nach der Begrüßung aller Anwesenden und seiner Freude über die Einladung die besprochenen Themen und Aspekte und wies darauf hin, dass all die Thematiken für weitere Gespräche und Entwicklungen grundlegend sind. In diesem Rahmen äußerte er über die Partnerschaft zwischen Erfurt und Hamadan folgerndes: Neben ihrer schönen Natur hat die Stadt Erfurt zwei weitere bedeutende Aspekte zu bieten: Erstens der heilige Dom mit einer 1200 Jahre alten Geschichte und zweitens die Existenz des Bistums, was für mich als Theologe und Wissenschaftler eine hohe Bedeutung besitzt. Über Hamadan sollte man auch folgendes wissen: Die Geburt dieser Stadt reicht weiter als 2000 Jahre vor Christus und sie bildet die Heimatsstätte drei bedeutender iranischer Persönlichkeiten. Im Laufe der Geschichte gab es drei Angriffe auf Hamadan seitens der Gegner der Wissenschaft und Rationalität. Die Wissenschaft ist in Hamadan aber von großer Bedeutung. Diese Thematik wird durch die Existenz von den zwei Persönlichkeiten deutlich, welche in ihrer Heimatstadt ruhen - Avicenna und Baba Taher. Baba Taher war ein berühmter Dichter und auch Wissenschaftler. Avicenna ist weltweit als Arzt berühmt. Seine Person definierte sich jedoch nicht nur als Arzt, sondern auch als großer Philosoph, Mathematiker, Physiker, usw. ..., der viele bedeutende Werke schrieb, wie beispielsweise " اﻟﻌﺸﻖ ﻓﯽ اﻟﻮﺟﻮد" (Liebe in der Existenz).
Im Anschluss zur Vorstellung Hamadans definierte Dr. Ayatollah Ramezani die Bedeutung des Dialogs zwischen den Weltreligionen und äußerte, dass auch der Prophet des Islam, seine Exzellenz Mohammad (S.A.S.), auf den Dialog zwischen Religionen hinwies und diese Thematik hervorhob. Das Islamische Zentrum in Hamburg, das über 50 Jahre alt ist, hat einen bedeutenden Schritt in Richtung "Dialog zwischen Religionen" gewagt. Alle Religionen deuten darauf hin, dass die Menschheit eine gemeinsame Quelle und auch ein gemeinsames Ziel besitzt: Menschenwürde, Gerechtigkeit und Vernunft. Ebenfalls beharren alle Propheten auf vier Beziehungen hin: 1. Die Beziehung des Menschen zur Natur, 2. Die Beziehung des Menschen zu sich selbst, 3. Die Beziehung des Menschen zu anderen Menschen und 4. Die Beziehung des Menschen zu Gott. Das Ziel der Religion liegt in der Erkenntnis über diese vier Beziehungen mit deren Erlangung der Mensch die Glückseligkeit im Diesseits und Jenseits erreicht. Es mag zwar sein, dass die Religionen von außen hin unterschiedlich erscheinen, im Inneren sind sie jedoch gleich und besitzen keinerlei Unterschiede. In diesem Zusammenhang äußert der Koran folgendes: "[...] alle glauben an Allah, Seine Engel, Seine Bücher und Seine Gesandten - Wir machen keinen Unterschied bei jemandem von Seinen Gesandten." (Al-Baqara | 2: 285). Der Koran lädt die Menschen dazu ein, an alle Propheten Gottes zu glauben und nicht einen davon zu leugnen. Daraufhin erläuterte Dr. Ayatollah Ramezani die Absichten der Religionen und wies darauf hin, dass Gott seinen edelmütigen Propheten Mohammad (S.A.S.) dazu beauftragt hatte, den Menschen die Moral und Liebe näher zu bringen. Die Nachricht aller abrahamischen Religionen umfasst die Vernunft, die Sicherheit, die Liebe, die Gerechtigkeit, die Moral und die Spiritualität.
Zum Schluss seiner Rede wies Dr. Ayatollah Ramezani darauf hin, dass Theologen eine gewisse Verantwortung tragen. In den vergangenen Jahren haben sich drei Arten des Islam entwickelt: 1. Der Islam der Fundamentalisten, 2. der Islam der Liberalen und 3. der Islam der Moderaten und Vernünftigen, welche den wahren Islam verkörpert, der gegen jegliche Art von Gewalt und Unterdrückung ist, wie auch alle anderen Religionen. Theologen müssen jegliche Beleidigungen gegen die Religion missbilligen und in Bezug auf die aktuellen Geschehnisse in Afrika, im Irak und in Syrien nicht schweigen, da diese Verbreitung der Gewalt und Tötungen zu einem neuen Weltkrieg führen können. Die Glückseligkeit der Menschheit liegt in der Religion. Dr. Ayatollah Ramezani schloss seine Rede damit, auf die Gemeinsamkeiten zwischen den Religionen hinzuarbeiten und diese in Sitzungen des Dialogs aufzuarbeiten, damit alle Völker durch Vernunft und Gerechtigkeit den Himmel auf Erden erlangen. Alle Menschen sollten ihre Bereitschaft zum Dialog in allen Bereichen zeigen.
Bericht der katholischen Wochenzeitung "Tag des Herren" über den Besuch des Doms und der Katholisch-Theologischen Fakultät in Erfurt durch die Vertreter der iranischen Städte Shiraz und Hamadan sowie dem Leiter des Islamischen Zentrums Hamburg, Ayatollah Reza Ramezani
source : shiasearch.ir