3.17.2 Hadrat Fatimah-Zahra (s.a)
Sie ist die Tochter des Gesandten Gottes (s.a.a.s), dessen Herz voller Liebe und Zärtlichkeit für
sie erfüllt war. Wegen ihres hohen Wissens und Erkennens ihres tiefen Glaubens an Gott und
ihrer Ehrfurcht vor Ihm, ihrer hervorragenden Herzensbildung und Gesinnung…
Aufgrund ihrer außergewöhnlichen Bildung Tugend und Gottesdienerschaft wurde sie von ihrem
Vater als die „Edelste aller Frauen“ – „Seyiddan Nissa“ – bezeichnet.
Hadrat Muhammad hatte gesagt:
Fatimahs Freude ist meine Freude. Und meine Freude ist die Freude Gottes. Fatimahs
Missfallen aber ist das meine. Und das meine ist das Missfallen Gottes.
Hadrat Fatimah Zahra – auch „Sediqeh Kubra“ genannt- wurde im Jahre 6 nach der Bi’tat
geboren. Von der edlen Hadigah Kubra..., der ersten Frau, die sich der Lehre Muhammads
(s.a.a.s.) zugewandt hatte.
Im Jahre 2 n.H. vermählte sich Hadrat Fatimah-Zahra (s.a.) mit Hadrat Ali (a.s.), und drei Monate
und einige Tage nach dem Tode ihres Vaters schied auch sie aus dieser Welt.
Das, dem sie in ihrem ganzen Leben höchste Bedeutung beimaß, war das Wohlgefallen Gottes.
Gottes Wohlgefallen war ihr wichtiger als das eigene. In diesem Sinne erzog sie ihre Kinder und
sorgte sich für ihre Lieben.
55 Briefe, Reden, Zitate, Erklärungen, Hutbas, usw.
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Obwohl sie viel zu tun hatte und sehr jung und zart war, erledigte sie in der Regel ihre Hausarbeit
und sonstigen Angelegenheiten allein. Als jedoch einmal eine Hilfe zu ihr ins Haus kam, überließ
sie dieser nicht alle Arbeiten, sondern teilte sie mit ihr. Das heißt, an dem einen Tag war sie
selbst für alles zuständig. dann hatte die Haushilfe „frei“. Und am anderen Tag hatte sie selbst
„frei“, und die Hilfe schaltete und waltete im Haus.
Hadrat Fatimah (s.a.) unterrichtete die Frauen in Glaubensdingen und klärte sie unter anderem
über Frauenthemen auf. In ihrer freien Zeit aber versank sie in Andacht und Anbetung.
Von dem, was sie besaß, insbesondere von dem Erlös, der ihr durch die Erträge ihres Gartens in
Fadak56 zufloss, gab sie in reichlichem Maße den Bedürftigen. Für sich selbst behielt sie nichts
als nur das Allernotwendigste.
Häufig verzichtete sie auf das eigene Stückchen Brot, um es Mittellosen zu geben. Sie hungerte,
um Hungrige zu sättigen.
Die Rede, die Hadrat Fatimah (s.a.) in der „Moschee des Propheten“ von den Muslimen und
„Sahabeh“ (Prophetengefährten) gehalten und das, was sie dem derzeitigen Kalifen wegen dessen
unrechtmäßiger Beschlagnahme ihres Fadaker Besitzes gesagt hatte als auch andere Reden und
Worte von ihr, die uns von ihr geblieben sind, geben deutliche Kunde über ihren hohen, edlen
Geist, der getragen war von Taqwa, Wissen, von Klugheit, Tapferkeit und Standhaftigkeit.
Hadrat Fatimah-Zahra (s.a.), die Tochter des Gesandten Gottes (s.a.a.s.) und Gattin Hadrat Alis
(a.s.), ist die „Mutter“ von elf Imamen (a.s.). Sie ist die „Mutter“ der gesamten
Nachkommenschaft des Propheten.
Wie bereits gesagt, zählt Hadrat Fatimah-Zahra (a.s.) zu den vierzehn Unfehlbaren (a.s.) und
besaß – laut koranischer Aussage – „Ismat“. Das heißt, sie war „rein“, immun gegen Sünde und
Irrtum...
3.17.3 Imam Hassan und Imam Hussayn (a.s)
Diese beiden Imame sind Brüder. Sie sind die Söhne Ali Ibn Abi Talibs und Fatimah-Zahras
(a.s.). Wie überliefert wird, war Hadrat Muhammad (s.a.a.s.) diesen beiden Enkelsöhnen, die er
als seine „Söhne“ bezeichnete, in herzlicher Liebe zugetan.
Er sprach:
Diese beiden Sِhne von mir sind Imam und Führer der Muslime, ob sie niedersitzen oder
aber sich erheben.
Mit diesem „Niedersitzen“ und „Sich Erheben“ weist er auf die äußere Form des Imamats dieser
beiden Imame hin. Imam Hussayn (a.s.) erhob sich zum Aufstand gegen den Feind des Islam und
56 Fadak: ein Dorf in der Umgebung Haybars
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der Muslime, dieweil Imam Hassan (a.s.) nur indirekten Widerstand gegen selbigen leisten
konnte.
Auch diese Erklärung ist von Hadrat Muhammad (s.a.a.s):
Hassan und Hussayn sind die beiden Groكen der Paradiesjugend.
Imam Hassan (a.s.) war – wie sein Vater (gemäß göttlicher Weisung) bestimmt hatte – mit dem
Kalifat beauftragt. Die Bevölkerung hatte ihm den Treueid geschworen, und insgesamt sechs
Monate hatte er das Regierungsamt im islamischen Staat inne..., mit Ausnahme der Gebiete
Damaskus und Ägypten, über die Muawiah herrschte.
Imam Hassans Regierungs- und Führungsstil war wie der seines Vaters. Um den Intrigen und
Attacken Muawiahs gegen sein Kalifat ein Ende zu setzen, hatte er begonnen, das Heer
aufzurüsten. Muawiah jedoch, der immer mehr Einfluss in der Gesellschaft zu gewinnen
vermochte, war mit den Kommandeuren der Armee Imam Hassans (a.s.) in Kontakt getreten.
Diese waren Muawiah so hörig geworden, das sie bereit standen – falls Muawiah es anordnete –
Imam Hassan zu töten oder aber festzunehmen und auszuliefern. Daher war der Imam genötigt,
sein Vorhaben zu ändern und Muawiahs „Friedensvorschlag“ zu akzeptieren. Muawiah hielt sich
jedoch nicht an die von Imam Hassan gestellten Bedingungen, wenngleich er sich mit ihnen
zuvor einverstanden erklärt hatte.
Nachdem das „Friedensabkommen“ getroffen war, kam Muawiah nach Irak und erklärte den
Muslimen:
„Ich habe nicht um der Religion willen gegen euch Krieg geführt..., nicht, damit ihr betet und
fastet..., sondern ich wollte die Herrschaft über euch, und die habe ich nun in Händen. Alles, was
ich Hassan versprochen habe, ist damit hinfällig geworden.“
Nach diesem „Frieden“ lebte Imam Hassan (a.s.) neuneinhalbe Jahre unter dem Joch
Muawiahs..., unter bedauernswerten Bedingungen. Selbst in seinem eigenen Hause gab es für ihn
keine Sicherheit mehr. Schließlich wurde er durch seine Frau „Ga’dah“, die von Muawiah dazu
angehalten worden war, vergiftet und fand das Schahadat.
Gemäß göttlicher Weisung und der testamentarischen Anweisung Imam Hassans (a.s.) oblag nun
Imam Hussayn (a.s.) die rechtmäßige Führung und Rechtleitung der Muslime. Doch die Situation
war noch die gleiche wie zu Lebzeiten Imam Hassans (a.s.). Muawiah verwehrte auch ihm
jegliche Möglichkeit, sein Amt als Imam ungehindert wahrnehmen zu können.
Nahezu neuneinhalb Jahre später starb Muawiah. Das Kalifat – nunmehr zu einer „Monarchie“
geworden – lag jetzt in Händen dessen Sohnes Yazid. Im Gegensatz zu seinem listigen Vater war
Yazid ein junger Mann, der aus seiner Ruchlosigkeit, Arroganz und seiner Liebe für ein sittenund
zügelloses Leben keinen Hehl machte. Kaum hatte er das Zepter ergriffen, befahl er dem
Gouverneur von Medina, Imam Hussayn (a.s.) zum Treueid zu zwingen.
Andernfalls – das heißt, so der Imam sich weigern würde – habe er ihn zu töten und dessen
abgeschlagenen Kopf nach Damaskus zu schicken.
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Der Gouverneur von Medina unterbreitete dem Imam diese Drohung Yazids. Imam Hussayn
(a.s.) erbat sich Bedenkzeit. Mit seinen Angehörigen und einigen Gefährten verließ er in
nächtlicher Stunde die Stadt und reiste nach Mekka. In dieser geheiligten Stadt suchte er
Zuflucht.57
Einige Zeit hielt er sich nun hier, in Mekka, auf. Er wusste – und daran war nicht zu zweifeln –
das Yazid in keinster Weise bereit war, ihn unbehelligt zu lassen. Wenn er ihm den Treueid nicht
schwöre, würde Yazid ihm nach dem Leben trachten.
Zu gleicher Zeit waren mehre tausend Briefe aus Irak bei Imam Hussayn (a.s.) eingetroffen. Die
dortige Bevölkerung hatte in ihren Zeilen den Imam gebeten, der ummawidischen Tyrannei ein
Ende zu setzen und ihm versprochen, ihn darin unterstützen zu wollen.
Der Imam wusste, dass angesichts der herrschenden Situation ein offener Widerstand gegen
Yazid ohne sichtbaren Erfolg sein würde. Dennoch..., da er es verabscheute, ihm den Treueid zu
leisten, entschloss er sich, das Getötetwerden in Kauf zu nehmen und machte sich mit den Seinen
und einigen Getreuen auf den Weg nach Kufa…
Unterwegs, in der Gegend Kerbela – ca. siebzig Kilometer von Kufa entfernt – sahen sie sich
dem mächtigen Heer Yazids gegenüber. Angesichts dessen militärischer Übermacht kehrten
einige der Gefährten, die den Imam begleitet hatten, um. Imam Hussayn (a.s.) hatte sie allerdings
zuvor schon auf den tödlichen Ausgang dieser Begegnung mit den Feinden aufmerksam
gemacht...
Bei ihm blieben seine Angehörigen und jene Freunde, die beherzt und bereit waren, bis zum
letzten Atemzug dem Unrecht die Stirn zu bieten.
Es war den Truppen Yazids ein leichtes, Imam Hussayn (a.s.) und seine kleine Schar zu
umzingeln. Selbst der Zugang zu den Wassern des Euphrat wurde ihnen verwehrt.
Es ging um Leben und Tod. Nur zwei Möglichkeiten gab es für Imam Hussayn (a.s). Entweder
leistete er Yazid den Treueid oder aber...
Er fügte sich dem Tyrannen nicht. War bereit, den Tod in Empfang zu nehmen, aber nicht, sich
Yazid zu ergeben. Vom frühen Morgen bis zum Nachmittag leistete er mit seiner kleinen Schar
Widerstand gegen die feindliche Übermacht. Tapfer und entschlossen. Und sie alle fanden das
Schahadat. Imam Hussayn (a.s.), seine Söhne, Brüder, seine Neffen, Vettern und Getreuen. Rund
siebzig waren es, die den Martyrertod erlitten...
Von den Männern, die den Imam begleitet hatten, blieb nur sein Sohn Sagad (a.s.), der infolge
hohen Fiebers nicht am Gefecht hatte teilnehmen können, am Leben. Die feindlichen Soldaten
nahmen die Habe der kleinen tapferen Schar an sich und die übriggebliebenen Angehörigen –
Frauen, Kinder und Imam Sagad (a.s.) – gefangen. Sie zerrten sie durch die Wüste nach Kufa,
und von Kufa nach Damaskus. Und mit ihnen die abgeschlagenen Häupter der Märtyrer...
57 Es ist daran zu erinnern, dass die „Masgid ul Haram“ in Mekka, in deren Innenhof sich
die Ka’ba befindet, als auch ihre Umgebung ein Gebiet ist, in dem niemandem Gewalt
angetan werden darf
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Während dieser ihrer Gefangenschaft vermochten Imam Sagad (a.s.) und Zaynab-Kubra (s.a.) mit
ihren Reden vor der Bevölkerung Kufas und vor Ibn Ziad, dem Gouverneur der Stadt, als auch
später, in Damaskus, vor Yazid und dessen Leuten die Wahrheit aufzuzeigen und die Tyrannei
und Ruchlosigkeit der Bani Umayyah ans Tageslicht zu bringen, so dass alle davon erfuhren.
Kurz..., dem Widerstand Imam Hussayns (a.s.) gegen Unrecht und Gewalt, Unzucht und
Skrupellosigkeit endete mit dem Schahadat des Imam und seiner Getreuen. Die Angehörigen –
Frauen, Kinder und Imam Sagad – gerieten in Gefangenschaft und alles, was sie besaßen, wurde
ihnen genommen. Doch die Botschaft blieb...
Es war eine Widerstandsbewegung, die in der gesamten Geschichte nicht ihresgleichen hat. Und
gewiss ist, dass der Islam aufgrund dieses heroischen Geschehens seines „Leben“ behielt. Denn
zweifelsohne...wenn es nicht stattgefunden hatte, würden die Umawwiden – Bani Umayyah –
vom Islam nichts übriggelassen haben...
3.17.3.1 Unterscheiden sich ihre Standpunkte und Taktiken?
Dem äußeren Schein nach unterscheidet sich das Vorgehen dieser beiden großen „Guides“, die
der Gesandte Gottes selbst als rechtmäßige Imame bezeichnete. Einige meinen, der Nachweis
dafür, dass ihre Ansichten hinsichtlich Taktik und Methode „auseinander gingen“, werde daraus
ersichtlich, dass sich der eine trotz eines Heeres von 40000 Mann zu einem fragwürdigen Frieden
mit dem Feind bereiterklärte, dieweil der andere mit nur vierzig seiner Gefährten – abgesehen
von seinen Angehörigen – dem Gegner Widerstand leistete und selbst seinen kleinen Sohn – ein
Säugling noch – auf diesem Wege hingab.
Bei ein wenig genauerem Hinsehen aber wird deutlich, dass von einer Gegensätzlichkeit im
Zusammenhang mit der Wahrnehmung ihres Imamats keinesfalls die Rede sein kann! Dass jene,
die so denken, einem Irrtum erlegen sind.
Imam Hassan (a.s.) hatte nahezu neuneinhalbe Jahre unter Druck und Vorherrschaft Muawiahs
zugebracht, erhob sich aber – aus guten Gründen – nicht zu einem offenen Widerstand. Auch
Imam Hussayn (a.s.) brachte ca. neuneinhalb Jahre im Gewaltregime des Yazid zu, ohne auch nur
ein Wort über einen offenen Kampf verlauten zu lassen.
Das bedeutet also, dass die Frage anders lauten muss. Und zwar, wie war es um den
Herrschaftsstil der beiden Umawwiden-Kalifen Muawiah und Yazid bestellt? Unterschied sich
das Vorgehen Muawiahs von dem seines Sohnes Yazid, so dass sich Imam Hussayn (a.s.)
schließlich zu einem offenen Widerstand gegen das herrschende Kalifat entschloss?
Nun..., Muawiahs Regierungsweise war von jener sichtbaren Amoral als auch offenkundigen
Gegensätzlichkeit gegen die göttlichen Gebote – etwas, aus dem sein Sohn Yazid keinen Hehl
machte – nicht gekennzeichnet. Er bezeichnete sich selbst als „Sahabeh“, als Prophetengefährte,
und als einer derjenigen, die den Koran niedergeschrieben hatten. Da seine Schwester eine Gattin
des Gesandten Gottes und somit „Umm ul Mu’minun“ war, nannte er sich selbst „Hal ul
Mu’minun“, d.h. „Onkel der Gläubigen“. Und weil der Großteil der Bevölkerung Umar, dem
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zweiten Kalifen, vertraut und dieser Muawiah verehrt und gewürdigt hatte, hielt es erstere, das
heißt die Gesellschaft, mehr oder weniger ebenso. Abgesehen davon waren die meisten der noch
lebenden Prophetengefährten – wie Abu Hurayrah, Amr As, Samreh, Yassar, Murayrat Ibn
Schu’bah und andere – die die Zuneigung der Bevölkerung besaßen, mit Posten, Ämtern und
wichtigen Staatsaufgaben betraut worden. Sie. sorgten nun ihrerseits für die positive Einstellung
der muslimischen Gesellschaft Muawiah gegenüber.
Zudem kursierten zahlreiche „Überlieferungen“ in der damaligen Gesellschaft, in denen von der
Tugend und Hervorragendheit der Prophetengefährten die Rede war, von ihrer „religiösen
Immunität“ und darüber, dass niemand an dem, was sie taten, etwas aussetzen dürfe.
Mit dem Resultat, das Muawiahs Tun und Lassen, das ganz allgemein von den Sahabeh bestätigt
wurde, nicht angezweifelt wurde bzw. nicht angezweifelt werden durfte. Wenn jedoch hin und
wieder jemand Kritik äußerte, wurde er auf fürstliche Weise „belohnt“, richtiger gesagt,
„bestochen“. Wer sich jedoch als unempfänglich für derlei „Belohnungen“ erwies, fand den Tod.
Durch Muawiahs Helfer und Helfershelfer. Zigtausend unschuldiger Freunde und Anhänger
Imam Alis (a.s.) als auch jener aus den Reihen der übrigen Muslime und sogar der „Sahabeh“
hatten aus diesem Grunde ihr Leben verloren.
Muawiah zeigte sich stets im Mäntelchen der Rechtschaffenheit. Bezeichnete sich als jemand, der
auf der Seite von Recht und Gerechtigkeit steht. Mit erstaunlicher Geduld und Beharrlichkeit
verfolgte er seine Ziele. Und da er sich milde und nachsichtig gab, brachte ihm die Bevölkerung
Zuneigung und Gehorsam entgegen. Selbst wenn ihm der eine oder andere Vorhaltungen machte,
reagierte er besonnen und langmütig und antwortete mit milden Worten. Das war sein politischer
Stil, mit dem er das, was er wollte, erreichte.
Imam Hassan und Imam Hussayn (a.s.) gegenüber wahrte er – scheinbaren – Respekt und
bedachte sie mit kostbaren Geschenken. Andererseits aber drohte er einem jeden, der würdigend
über Ahl-Bayt (a.s.) sprach oder entsprechende Riwayat verbreitete, schwere Strafe an.
Derartiges war strikt untersagt, und Ehre, Eigentum und Leben dessen, der sich derlei „Frevel“
schuldig machte, gerieten in akute Gefahr.
Muawiah ordnete an, dass ein jeder, der die Minbar bestieg, in seiner Rede unbedingt Ali (a s.) zu
verunglimpfen und zu schmähen hatte. Zudem erteilte er den Befehl, dass Ali Ibn Abi Talibs
Anhänger, wo immer man auf sie stoße, zu töten seien.
Seine Anweisungen wurden ausgeführt. Man ging dabei so unerbittlich und geradezu „blind“ vor,
das selbst etliche jener, die Ali (a.s.) feindlich gesonnen waren, unter der Anschuldigung, sie
seien seine Freunde gewesen, ums Leben gebracht wurden. Aus dem Gesagten geht hervor, das
Imam Hassan (a.s.) gar nicht anders vorgehen konnte, als er vorging. Hatte er offenen Widerstand
gegen Muawiah geleistet, wäre das unweigerlich zum Nachteil der islamischen Sache gewesen.
Er hätte nichts erreicht als nur, dass sein Blut und das seiner Mitstreiter vergossen worden wäre.
Zudem lag es nahe, das Muawiah Imam Hassan (a.s.) durch jemanden aus dessen Reihen würde
töten lassen, um dann in geheuchelter Trauer an dessen Begräbnis teilzunehmen und – sozusagen
in bitterer Vergeltung – unter der Schi’ah ein Blutbad anzurichten. Unter dem Vorwand: Sie, die
Schiiten, waren es, die Imam Hassan (a s.) töteten. Sie müssen daher das Verbrechen sühnen! In
dem Stile, wie er im Zusammenhang mit Utmans Tod vorgegangen war...
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Yazids Methode war eine völlig andere und in keinster Weise mit der Strategie seines Vaters zu
vergleichen. Er war ein arroganter junger Mann, zügellos, unbeherrscht, roh und gewalttätig. Das,
was die Bevölkerung über ihn dachte, interessierte ihn nicht und was sie wünschte, war ihm
völlig unwichtig. Was dem Islam zuvor – insgeheim, sozusagen hinter dem Vorhang – angetan
worden war, ließ er während seiner kurzen Herrschaftszeit völlig unbemantelt zu Tage treten. Im
ersten Jahr seines Kalifats richtete er die Lanzen gegen jene aus dem Hause des Propheten und
ließ einen jeden von ihnen, dessen seine Häscher habhaft werden konnten, töten.
Im zweiten Jahr verwüstete er Medina. Drei Tage lang wüteten seine Soldaten in der „Stadt des
Propheten“ und mordeten, plünderten und schindeten in grauenvoller Weise.
Im dritten Jahr dann ordnete Yazid die Zerstörung der Ka’ba an. Sein rohes und skrupelloses
Vorgehen aber war es, was die Gesellschaft für die Botschaft der Bewegung Hussayns (a.s.)
empfänglich machte. Mehr und mehr erkannte sie deren Sinn. Es kam zu blutigen Aufstanden
gegen das tyrannische Kalifat, und die Gemeinschaft jener Muslime, die sich auf die Seite von
Recht und Wahrheit stellten und sich als Freunde, als „Schi’ah“ Ahl-Bayts (a.s.) bezeichneten,
wuchs und wuchs...
Eine solche Entwicklung aber hatte Muawiah verhindern wollen, weshalb er Yazid nachdrücklich
angewiesen hatte, nichts gegen Hussayn (a.s.) zu unternehmen und ihn nicht zu provozieren.
Jedoch..., als ob Yazid in seiner Selbstherrlichkeit und Borniertheit zwischen dem, was ihm zu
Wohle war oder zum Schaden gereichte, hätte differenzieren können...