Wir möchten das Thema über Zuneigungen und Abneigungen im Menschen fortsetzen. Wir sagten, dass jeder Mensch in sich selber sowohl Zuneigung als auch Abneigung verspürt und seine Verhaltensweise und seine Stimmungszustände in gewisser Weise auf diese Neigungen zurückzuführen sind.
Diese Neigungen beeinflussen auch seine bewussten Taten, zu denen er sich selber entscheidet.
Da Gott gemäß der Islamischen Lehre alles Schöne und Perfekte in sich vereint, ist Er für die Gläubigen der Quell aller Vollkommenheit und allen Schönen und daher hegen sie für Gott die größte Liebe. Aus islamischer Sicht soll der Gläubige Gott zuliebe jemandem freund bzw. jemandem feind sein. Entsprechend schließt er sich mit den einen zusammen und hält sich von anderen fern. Auf diese Weise werden seine Handlungen zu Gott-Dienen und er kann Gott zufriedenstellen.
Der Prophet Gottes (s) hat gesagt: „Liebt Gott von ganzem Herzen!“ (Kanz- ul Amal, Band 16, S. 124)
Die wahre unvermischte Liebe zu Gott setzt voraus, dass der Gläubige niemanden und nichts so sehr liebt wie Gott.
Wer Gott liebt, den liebt auch Gott. In einem überlieferten Heiligen Gotteswort hat Gott die Liebe zwischen Mensch und Gott wie folgt beschrieben:
„Ich liebe den, der mich liebt und ich bin der Gefährte dessen, der mein Gefährte ist und ich bin der Vertraute dessen, der mit der Erinnerung an mich vertraut ist.“ (Bihar al Anwar, Bd.67, S. 125)
Wir kommen daher zu dem Schluss, dass wir uns im Rahmen des Islamischen Lebensstils hinsichtlich Neigungen und Abneigungen nach Gott richten sollen. Der gläubige Mensch beachtet gleichzeitig zwei wichtige grundsätzliche Richtlinien, nämlich aufgrund des Glaubens und aufgrund seiner Gottesliebe das zu tun, was Gott liebt und aufgrund der Gottesliebe sich gegen Gottesfeinde und Abgötter zu stellen. Dies besagt die wichtige Tauhid-Losung des Glaubens an den Einen Gott nämlich: „La ilaha illallah“ – Es gibt keinen Gott außer Gott – .
Ein Mensch, der diese Tauhid-Losung spricht, lehnt als erstes durch die Worte La Ilaha (Es gibt keinen Gott) alle falschen Götter ab und dann bekennt er sich zu dem Einen Gott durch „Illallah“ – außer Gott.
Wer aufrichtig überzeugt ist, muss an Wahrheit und Recht glauben und sich gegen Unwahrheit und Unrecht stellen. Ein aufrichtiger Muslim kann nicht gleichgültig gegenüber Recht und Unrecht bleiben. Er muss zwischen ihnen trennen, denn es geht nicht, dass er einerseits Gott, den Propheten und die Makellosen aus seiner Familie liebt und auf der anderen Seite Freundschaft mit denen hegt, die Lüge und Unrecht lieben und Gott bekämpfen. Im Koran steht im Vers 10 der Sure Haschr (Sure 59) über die Freundschaft zu den Muslimen:
"Und diejenigen, die nach ihnen kamen, sagen: `Unser Herr, vergib uns und unseren Brüdern, die uns im Glauben vorangingen, und lasse in unsere Herzen keinen Groll gegen die Gläubigen. Unser Herr! Du bist wahrlich Gütig, Barmherzig.`"
Gemäß diesem Koranvers soll das Herz des Gläubigen frei von Feindschaft gegenüber seinen Glaubensgeschwistern sein. Der heilige Koran ruft die Gläubigen auf sich vor Faktoren, die zur Abneigung gegen andere Gläubigen führen, zu hüten. Sie sollen Gott bitten, dass er jeglichen Groll zwischen ihnen aus ihren Herzen entfernt.
Imam Sadiq (a) sagt: „Der Muslim ist Bruder des Muslims. Er tut ihm kein Unrecht an, lässt ihn nicht alleine und bedroht ihn nicht. Der Muslim soll um Zusammenarbeit und Freundlichkeit und Hilfen an die Bedürftigen bemüht sein. Die Muslime sollen gütig und barmherzig zu einander sein. Sie sollen entsprechend dem Wort Gottes: `Seid liebevoll zu einander` einander freundlich und gütig behandeln und wenn jemand abwesend ist, sollen sie sich für seine Angelegenheiten einsetzen, so wie sich die Ansar (die Muslime in Medina) zur Zeit des Propheten Gottes (für die Einwanderer aus Mekka) eingesetzt haben.“
Die Gebote des Islams für Charakterveredlung und Moral sollen die Gläubigen von Streit freihalten und den Geist der Freundschaft unter ihnen stärken. Trotz dieser Vorkehrungen kommen möglicherweise Unstimmigkeiten und Missverständnisse und Diskrepanzen vor. Oftmals schürt Satan zwischen den Gläubigen Zwietracht und entfacht Groll oder Streit zwischen ihnen.
Darüber heißt es in einer Überlieferung. „Wenn zwischen euch Verstimmung und Streit vorkommt, habt ihr nicht das Recht eure Unstimmigkeit mehr als drei Tage fortzusetzen. Ihr müsst euch spätestens nach drei Tagen versöhnen. Zwei Gläubige haben nicht das Recht, länger als drei Tage einander zu grollen, sondern sie müssen diesen Streit beilegen, indem sie einander verzeihen oder andere einen Schiedsspruch sprechen.“ (Wasail Al Schia, Bd.12, S. 262 )
Gott hat an verschiedenen Stellen im Heiligen Koran festgelegt, dass die Gläubigen sich von den Feinden distanzieren müssen.
Ein Beispiel ist der Vers 22 in der Sure Mudschadela (Sure 58):
„Du wirst kein Volk finden, das an Allah und an den Jüngsten Tag glaubt und dabei diejenigen liebt, die sich Allah und Seinem Gesandten widersetzen, selbst wenn es ihre Väter wären oder ihre Söhne oder ihre Brüder oder ihre Verwandten…“
Die Gläubigen lernen aus diesem Vers, dass es nicht zum Islamischen Lebensstil passt, neben Gott auch die Feinde Gottes zu lieben. Aufrichtig Gläubige müssen sich von der Freundschaft zu den Feinden Gottes freimachen. Nur ein schwachgläubiger Muslim oder ein Heuchler vertritt die Ansicht, dass beides miteinander vereinbar ist.
Also liebt ein aufrichtiger Gläubiger niemanden mehr als Gott. Sogar für die Liebe zu ihren Eltern, Brüdern und Verwandten ist es für die Gläubigen wichtig, dass diese keine Feinde Gottes sind. Damit wird klar, dass Gefühle nicht widersprüchlich sein dürfen. Emotionen zu anderen dürfen keine Front zu der Liebe zu Gott bilden und verhindern, dass wir dem Weg Gottes folgen.
In der Überlieferung wird das Thema der Liebe und des Grolls oftmals hervorgehoben. Der Prophet (Segen sei auf ihm und Friede den Makellosen aus seinem Hause) hat zum Beispiel gesagt: „ Der festeste Halt für den Glauben sind Freundschaft und Gegnerschaft Gott zuliebe, der Anschluss an die Freunde Gottes und die Distanzierung und der Abstand von Seinen Feinden. (Bihar Al Anwar, Bd.69, S. 243)
Insgesamt ist den Koranversen und der Überlieferung zu entnehmen, dass die Freundschaft und Liebe zu anderen, aus der Freundschaft und Liebe zu Gott entspringen und mit ihr im Zusammenhang stehen muss.
Im weiteren Sinne schließt die Liebe zu Gott die Beachtung der beiden Gebote Tawalla und Tabarra ein. Tawalla bedeutet Freundschaft und Tabarra bedeutet Lossagung.
Laut Gebot Tawalla soll der gläubige Mensch nicht nur Gott, den Prophet und die Gottesfreunde lieben sondern sie auch als ihre Wali im Sinne von Herrn und Vorsteher betrachten. Tabarra bedeutet dementsprechend dass der Mensch nicht nur Satan und seine Freunde und die Abgötter als Feind betrachtet, sondern sich von ihnen lossagt und fernhält.
Zum Schluss sei noch angemerkt: Wenn uns im Rahmen des Islamischen Lebensstil, Gott und die göttlichen Werte zum Kriterium für Freundschaft und Gegnerschaft geworden sind, ist die Grundlage dafür geschaffen, sich Tugenden anzueignen und sich von den hässlichen Dingen fernzuhalten. Jemand, der Freund der Freunde Gottes ist, setzt sich nämlich dafür ein, an die göttlichen Ziele zu gelangen. Er nimmt sich ein Beispiel an den Freunden Gottes, entfernt sich immer mehr vom Schlechten, nähert sich immer mehr den gewünschten Vorbildern und Idealen und eignete sich gute Eigenschaften an. Der Islam gibt den menschlichen Beziehungen in der Islamischen Gesellschaft eine religiöse Prägung indem er erklärt, dass die Liebe zu den anderen unter den erfüllten Voraussetzungen ein Gott-Dienen ist. Dadurch will er die aufrichtigen Beziehungen zwischen den Einzelnen und zwischen den verschiedenen Gruppen von Gläubigen erzielen. Es sind Freundschaften, die auf dem Wege Gottes entstehen, und weil ihre Grundlage die Befolgung der göttlichen Gebote und die Erzielung seiner Zufriedenheit bilden, sind diese Freundschaften fester und beständiger als andere.
source : irib