3.16.11 Über die Hintergründe dieser Differenzen
Sämtliche Kalifen, die nach dem Dahinscheiden des Gesandten Gottes (s.a.a.s.) das Zepter
ergriffen und ihre Herrschaft als eine islamische bezeichneten, waren von Grund auf gegen Ahl-
Bayt (a.s.) eingestellt. Ihre kontinuierliche Feindschaft wurde durch eine „Wurzel“ ernährt, die
niemals „vertrocknete“.
Der Gesandte Gottes (s.a.a.s.) hatte im Zusammenhang mit seinem Ahl-Bayt (a.s.) gesagt, das es
mit außerordentlichen Qualitäten ausgerüstet sei. Unter anderem mit vollständigem Wissen über
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Inhalt und Aussagen des Heiligen Koran sowie all das, was „halal“ und „haram“50 ist Auch dass
die islamische Ummah verpflichtet sei, die Unfehlbaren Imame (a s) und deren hohen Rang zu
respektieren und zu würdigen Dieser Aufforderung kamen jedoch nicht alle der islamischen
Gesellschaft nach.
Zudem machte Hadrat Muhammad (s.a.a.s) gleich zu Beginn seiner öffentlichen Verkündigung
seine Verwandtschaft – die er zu sich eingeladen hatte, um ihr seine Prophetenschaft und die
göttliche Botschaft kundzutun – darauf aufmerksam, dass Ali (a.s.) sein Nachfolger sei. Auf
diesen Tatbestand hatte er die Muslime des Öfteren, unter anderem in den letzten Tagen seines
Lebens, hingewiesen.
Dennoch..., nach seinem Dahinscheiden wählte die Ummah andere als Ali Ibn Abi Talib zu ihrem
Kalifen bzw. „Statthalter des Propheten“. Sie verweigerten – dem Wort des Propheten
zuwiderhandelnd – Ahl-Bayt (a.s.) die Führung der islamischen Gesellschaft, sahen in ihnen
ständige „Konkurrenten“ und eine große Gefahr für ihren „Thron“. Kurz, sie fürchteten das
Dasein Ahl-Bayts (a.s.) und nutzten jede Gelegenheit, es zu vernichten.
Die wesentliche Ursache der Differenzen zwischen ihnen und Ahl-Bayt (a.s.) aber beruhte in
folgendem: Obwohl eine jede islamische Regierung verpflichtet ist, die islamischen Weisungen
und Gebote zu beachten und für deren Durchführung zu sorgen, fühlten sich die Kalifen, die nach
dem Gesandten Gottes (s.a.a.s) die Herrschaft in die Hand nahmen, an diese ihre Aufgabe nicht
gebunden. Weder achteten sie auf eine gewissenhafte Praktizierung der göttlichen Gebote noch
hielten sie sich getreulich an die Sunna des Propheten.
An mehreren Stellen des Heiligen Koran warnt der Erhabene Gott die islamische Ummah vor
Entstellung und Abänderung Seiner Gebote. Hadrat Muhammad (s.a.a.s.) lebte den Muslimen die
gewissenhafte Einhaltung und Praktizierung dieser himmlischen Weisungen vor und machte
ihnen im Verlaufe seiner Prophetenschaft klar, das die Gesetze der Religion Gottes unantastbar
und durchzuführen sind. Wo und wann und im Zusammenhang mit welchen Personen auch
immer...
Die Anordnungen Gottes – die „Schari’ah“ – sind allzeit verbindlich, für jedermann. Selbst für
den Propheten. Niemand ist berechtigt, sie zu übergehen oder abzuwandeln.
Wird dieses Prinzip – das heißt, das Weisungen und Richtlinien des Gesetzes für alle gelten –
beachtet, kann soziale Gerechtigkeit entstehen und wird es möglich, dass Privilegien und
Bevorzugungen aus der menschlichen Gesellschaft schwinden. Selbst der Gesandte Gottes, der
von Gott eingesetzte „Dirigent“ der Gesellschaft, dem diese zu Gehorsam verpflichtet war und
ist, nahm für sich nicht das geringste Privileg in Anspruch.
Was für die anderen galt, galt auch für ihn. Sein Leben war in keinster Weise üppiger oder
prächtiger als das der einfachen Bevölkerung. Im Gegenteil, er lebte bewusst so schlicht und
bescheiden, das in den Ärmsten der damaligen Gesellschaft kein „Nagen“ entstand..., mit anderen
Worten, das sie ihr Dasein im Vergleich mit dem seinen nicht als „armselig“ empfanden. Kurz,
sein Lebensstandard war nicht höher als der der Allgemeinheit.
50 Halal: religionsrechtlich erlaubt, haram: relegionsrechtlich untersagt
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Was das „offizielle Protokoll“ anbelangt ist zu sagen, dass er keines wollte. Er regierte ohne
Aufwand und Prunk, schlicht und einfach. Er hielt es nicht für richtig und angebracht, das
öffentliche Budget mit derlei unnötigen Ausgaben zu belasten oder gar die Bevölkerung dafür
aufkommen lassen. Mit anderen Worten, er lebte und residierte so bescheiden, das niemand, der
ihn nicht kannte, ihn auf den ersten Blick als Oberhaupt des islamischen Staates erkannt hätte...
Niemanden bevorzugte er vor den anderen. Alle waren in seinen Augen gleichwertig..., Frauen
und Männer, Angehörige angesehener Familien oder die Durchschnittsbevölkerung, arm und
reich, stark und schwach, Städter oder Beduinen, Freie oder Unfreie. Und niemanden
verpflichtete er zu mehr als das Gebot Gottes auftrug. Dass er sich vor den Einflussreichen und
Mächtigen verneigt oder sich der Willkür irgendwelcher Tyrannen gefügt hätte, war
ausgeschlossen.
Bei ein wenig Nachdenken wird deutlich – besonders auch unter Berücksichtigung all der
Erfahrungen und Erkenntnisse, die die islamische Gemeinde nach dem Dahinscheiden des
Gesandten Gottes bis zum heutigen Tage machte – dass Hadrat Muhammad (s.a.a.s.) mit seinem
Vorgehen und Verhalten eine einheitliche und gewissenhafte Durchführung der göttlichen
Gebote und Weisungen in der Gesellschaft bezweckte als auch, dass sie gegen Veruntreuung,
Entstellung und dergleichen bewahrt blieben.
Die Kalifate nach ihm jedoch orientierten sich nicht an seinem Brauch und Vorbild (Sunna). Ihr
Vorgehen und Herrschaltsstil entsprach keinesfalls dem seinen. Sie handelten nach ihrem eigenen
Gusto, ohne sich nach dem zu richten, was der Prophet ihnen „vorgelebt“ hatte. Mit dem
Resultat, dass sich:
Erstens: innerhalb kürzester Zeit starke Klassenunterschiede in der Gesellschaft bemerkbar
machten. Die Ummah zerfiel in zwei Gruppen, in die der Mächtigen und Schwachen. Leben,
Ehre und Besitz der einen wurden zum Spielzeug der anderen.
Zweitens: Die Kalifate begannen, die islamischen Gesetze abzuändern. Sie verstießen gegen die
göttlichen Weisungen..., bisweilen unter dem Vorwand, der Gesellschaft damit einen Dienst zu
erweisen oder aber um ihre eigene Macht und Politik dadurch abzusichern.
Diese Situation fasste von Tag zu Tag mehr Fuß, breitete sich aus und spitzte sich schließlich so
zu, dass sich die Kalifate – wenngleich sie sich als „islamische Regierungen“ bezeichneten –
keinen Deut darum scherten, ob die islamischen Gesetze eingehalten wurden oder nicht. Was
aber mit Bestimmungen und Weisungen geschieht, für deren rechte Durchführung nicht gesorgt
wird, ist allseits bekannt.
Kurz..., dieweil die sogenannten islamischen Regierungen zu Zeiten Ahl-Bayts (a.s.) die
göttlichen Gebote nach eigenem Gusto abänderten und gar außer acht ließen – weshalb sich ihr
Lebens- und Herrschaftsstil von dem des Gesandten Gottes (s.a.a.s.) so grundlegend unterschied
– betrachteten es die Imame (a.s.) als unbedingt erforderlich, dass die koranischen, d.h. göttlichen
Gesetze und die Sunna des Propheten getreulich eingehalten wurden.
Diese ihre Ansicht, auf der sie beharrten, war den Kalifen ein „Dorn im Auge“. Daher war ihnen
jedes Mittel recht, Ahl-Bayt (a.s) aus dem Wege zu räumen und das Licht ihrer Rechtleitung zum
Erlöschen zu bringen.
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Die Rechtleitenden Imame (a.s.) aber verzagten nicht, sondern bemühten sich trotz aller
Schwierigkeiten und Repressalien unermüdlich darum, ihrer göttlichen Aufgabe nachzukommen,
die Gesellschaft über die Wahrheiten aufzuklären und redliche, aufgeklärte Muslime
heranzubilden.
Um sich über ihre Erfolge ein Bild machen zu können, empfiehlt es sich, in die Geschichte
hineinzuschauen. Wie groß war die schiitische Gemeinschaft bereits in den fünf Jahren, in denen
Amir at Mu’minan Ali (a.s.) das Kalifat innehatte! Allerdings war sie schon in den 25 Jahren, in
denen Ali Ibn Abi Talib (a.s.) das Regierungsamt verweigert ward und er in seien eignen
bescheidenen vier Wänden ein zurückgezogenes, einsames Dasein fristete, zu einer stattlichen
Anzahl angewachsen.
In Scharen strömte die Schi’ah – herangebildet von Imam Sagad (a.s.) – zum Hause Imam Baqirs
(a.s.). Und Hunderttausende scharten sich um Imam Rida (a.s.)..., ein Ergebnis der Bemühungen
Imam Mussa Ibn Gafars, der selbst in finsteren Kerkerzellen jede Gelegenheit nutzte, die
Wahrheiten zu publizieren.
Ja, aufgrund der ununterbrochen erfolgenden Aufklärung und Unterrichtung Ahl-Bayts (a.s.)
vermochte sich die Schi’ah51, die nach dem Dahinscheiden des Gesandten Gottes nur eine kleine
Gruppe darstellte, zu jener umfangreichen Gesellschaft zu entwickeln, zu der sie bis zu jener Zeit,
da die „Gaybat“ des Zwölften Imam (a.s.) begann, herangewachsen war.
3.17 Ihnen allen gemeinsam: Unterdrücksein
Wie die Geschichte berichtet, war das Ahl-Bayt des Gesandten Gottes (a.s.) während der
gesamten Zeit seines Wirkens und Schaffens härtesten Bedingungen ausgesetzt.
Nur unter großen Vorsichtsmaßnahmen konnten die Rechtleitenden Imame ihr gottgegebenes
Amt wahrnehmen.
Allein vieren von ihnen war es – wenn auch nur für kurze Zeit – vergönnt, relativ unbehelligt
ihrer Mission nachzukommen.
Wollen wir uns nun, gestützt auf die Geschichte, in Kürze dem Leben der Unfehlbaren Imame
(a.s.) zuwenden:
3.17.1 Imam Ali (a.s)
Ali Ibn Abi Talib (a.s.) – bekannt als Amir al Mu’minan – war der erste, der von dem Gesandten
Gottes erzogen und herangebildet wurde und ist bestes Beispiel für dessen Erziehung und
Schulung.
51 Schi’ah: Freunde und Anhänger Ahl-Bayts (a.s.)
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Ali (a.s.) wuchs ab seiner frühen Kindheit im Hause des Propheten auf. Bis zu dessen letztem
Atemzug blieb er an seiner Seite, gleich einem „schützenden Schatten“. Und als Hadrat
Muhammad (s.a.a.s.) dem Erdendasein „Lebewohl“ gesagt halte, war er es, der ihn – auf seinen
Armen – zu Grabe trug.
Ali (a.s.) ist eine Persönlichkeit von Weltruf. Es ist nicht übertrieben, wenn wir sagen, das über
niemanden so viel diskutiert und gesprochen wurde wie über ihn. Wissenschaftler, Gelehrte und
Autoren – sunnitische und schiitische, muslimische und nichtmuslimische – haben über ihn und
seine Persönlichkeit mehr als tausend Bücher geschrieben. Und niemand, auch nicht seine
Gegner, vermochte die kleinste Schwachstelle an ihm, seinem unbeirrbaren starken Glauben an
Gott und seiner Ehrfurcht vor Ihm festzustellen. Seine Tapferkeit, edle Gesinnung, sein
Gerechtigkeitssinn und hohes Wissen wurden und wurden von niemandem angezweifelt. Das
kann auch gar nicht anders sein, da auch ihm jene Vortrefflichkeit gegeben war, die alle der Ahl-
Bayt des Propheten (a.s) auszeichnet. Das heißt: „Ismat“. Mit anderen Worten: Gefeitheit gegen
Sünde und Irrtum.
Wie die Geschichte bestätigt, war es von all denen, in deren Händen – nach dem Dahinscheiden
des Gesandten Gottes (s.a.a.s.) bis zum heutigen Tag52 – Führung und Regierung lagen, allein Ali
(a.s.), der sich während der gesamten Zeit seines Kalifats an dem Regierungs- und Lebensstil des
Propheten orientierte. Nicht ein Yota wich er von dessen Sunna ab. In der gleichen Weise, in der
die göttlichen Gesetze und religiösen Weisungen zu Zeiten des Propheten gehandhabt wurden,
ging auch er vor. Ohne die geringste Veränderung.
Als nach dem Tode des zweiten Kalifen ein Sechs-Personen-Rat angeordnet und eingesetzt
wurde, der den nachfolgenden Kalifen zu bestimmen hatte, kam es nach langen Diskussionen
darüber, wer das Kalifat antreten solle – Ali (a.s.) oder Utman – zu Unschlüssigkeiten. Das
Kalifat sollte Ali (a.s.) zugesprochen werden, jedoch unter der Voraussetzung, dass er sich an der
Vorgehensweise des ersten und zweiten Kalifen orientiere. Ali (a.s.) war damit nicht
einverstanden und sagte: Ich werde mich an die Sunna des Propheten halten und nichts tun, was
ich mit meinem Wissen und Gewissen nicht verantworten kann.
Da Utman die gestellte Bedingung akzeptierte, wurde ihm das Kalifat übertragen..., wenngleich
er als Kalif eine andere Richtung einschlug als die, zu der man ihn verpflichtet hatte.
Was Opfermut, Engagement und Selbstverzicht auf dem Wege Gottes anbelangt, überragte Ali
Ibn Abi Talib (a.s.) sämtliche Getreuen Hadrat Muhammads (s.a.a.s.). Er war beispiellos. Wäre
dieser selbstlose und aufopferungsbereite „Vorreiter“ der Prophetengetreuen nicht gewesen – und
selbstverständlich die Hilfe Gottes – hatten die Gottesleugner und Götzendiener in jener Nacht,
als der Prophet aus Mekka auswanderte und auch später, in den Kriegen Badr, Uhud, Handaq,
Haybar und Hunayn, sicherlich die Gelegenheit gefunden, den Gesandten Gottes aus dem Wege
zu schaffen und das Banner des Islam einzuziehen.
Ab seiner frühesten Kindheit lebte Ali (a.s.) in aller Einfachheit und Bescheidenheit. Diese
schlichte Lebensweise behielt er bis ans Ende seines Erdendaseins bei. Das heißt, zu Zeiten des
Gesandten Gottes (s.a.a.s.), als er an dessen Seite lebte sowie nach dessen Dahinscheiden und
52 Wir erinnern daran, dass dieses Buch vor dem Sieg der Islamischen Revolution
geschrieben wurde
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selbst in den Jahren seines Kalifats war sein Lebensstandard ein ebenso einfacher wie der der
Ärmsten der Gesellschaft. Sein Wohnen, Kleiden und Essen war so bescheiden wie das ihrige. Er
vertrat den Standpunkt: Der Regierende einer Gesellschaft hat so zu leben, das sich die Ärmsten
in ihr angesichts seines Lebensstiles getröstet fühlen, nicht aber zu Seufzen und Herzeleid
veranlagt werden...
Am Tage, als er das Schahadat fand, besaß er nicht mehr als 700 Drachmen, mit denen er ein
Kissen für seine Familie erstehen wollte.
Ali (a.s.) verdiente sich durch harte Arbeit den Lebensunterhalt für sich und seine Angehörigen
selbst, vorwiegend durch landwirtschaftliche Betätigung. Er pflanzte Bäume, legte Haine an, grub
Brunnen aus...
Was er auf diese Weise erwarb oder ihm durch Kriegsgewinne zufloss, verteilte er unter
Mittellosen und Bedürftigen. Wenn er ein Stück Land, das ihm gehörte, urbar gemacht und
bepflanzt hatte, so stiftete er es oder verkaufte es, um mit dem Erlös Notleidenden unter die Arme
zu greifen. Nur sehr wenig behielt er für private Zwecke.
Ein Beispiel hierfür:
Eines Tages, es war in der Zeit seines Kalifats, ordnete er an, den Jahresgewinn seiner Stiftungen
zunächst zu ihm zu bringen, um ihn dann entsprechend aufzuteilen. Der Gesamtbetrag, der ihm
gebracht wurde, belief sich auf 24000 Gold-Dinare.
In all den Kriegen, an denen Ali (a.s.) teilgenommen hatte, gab es nicht einen, der ihm an
Gewandtheit und Kühnheit ebenbürtig gewesen wäre. Niemand vermochte ihn zu schlagen, und
niemals ergriff er vor dem Feind die Flucht. Er sagte:
„Wenn sich auch alle Araber gegen mich erheben würden..., ich würde ihnen nicht zu entfliehen
suchen, sondern mich ihnen ohne Furcht entgegenstellen.“
Bei all seiner Kühnheit und kämpferischen Gewandtheit war Ali (a.s.) überaus freundlich,
liebevoll, großzügig und nachsichtig.
In Kriegssituationen verschonte er Frauen, Kinder und alte, gebrechliche bzw. kranke Menschen
aus dem Lager des Feindes, der sich gegen die Muslime erhoben hatte. Er nahm niemanden
gefangen und ließ Flüchtige nicht verfolgen.
In dem Kriege Seffin hatten die Truppen Muawiahs die Ufer des Euphrat besetzt und sein Wasser
dem islamischen Heer verwehrt. Hadrat Ali (a.s.) eroberte mit seinen Mannen den Euphrat
zurück, schlug den Feind, aber versperrte ihm nicht den Zugang zum Wasser des Flusses.
Während seines Kalifats empfing er einen jeden, die zu ihm wollte. Zu Fuß und ohne „Eskorte“
ging er durch die Straßen, sprach mit den Leuten, erinnerte sie an Taqwa und ermahnte sie, sich
einander nicht Unrecht und Gewalt anzutun. In aller Schlichtheit und Bescheidenheit half er in
Not geratenen, Witwen und Waisen. Alleinstehenden Waisenkindern gab er in seinem Hause
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Obdach und sorgte für sie. Er kümmerte sich persönlich um ihr leibliches Wohlergehen als auch
ihre Erziehung.
Wissen und Wissenschaft maß Ali (a.s.) hohe Bedeutung bei. Bildung und Fortschritt der
Bevölkerung lagen ihm sehr am Herzen Er sagte: „Kein Leid ist so groß wie Unwissenheit.“
Folgendes trug sich zu: Das schwere Gefecht Gamal stand bevor. Ali Ibn Abi Talib (a.s) war
dabei das Heer zu ordnen und in Stellung gehen zu lassen als ein Araber an ihn herantrat und ihn
nach der Bedeutung des Begriffes Tawhid fragte Die Muslime protestierten heftig, bedrängten
den Mann und warfen ihm vor:
Was soll das? Zu welch ungünstigen Zeitpunkt stellst du doch deine Frage!
Hadrat Ali (a.s.) wehrte sie ab und sprach: „Um das Volk über diese Wahrheiten aufzuklären,
kämpfen wir.“
Dann nahm er den Mann beiseite und erklärte ihm – gleichwohl er das Heer ordnete – in
anschaulicher und überzeugender Weise „Tawhid“...
Eine Ähnliche Begebenheit, die ebenfalls Zeugnis für sein religiöses Verständnis, seine Güte,
seinen Sinn für Disziplin und Ordnung als auch seine erstaunliche, gottgegebene Kraft und
Besonnenheit ist, trug sich im Zusammenhang mit dem Kriege „Seffin“ zu.
Die beiden gegnerischen Heere standen sich gegenüber, kämpften erbittert und hart.
Er bat einen seiner Soldaten um Wasser. Dieser reichte es ihm, jedoch in einer Schale, die einen
Sprung hatte. Ali (a.s.) wand ein:
Im Islam ist es nicht empfohlen, aus einem solchen Gefäß zu trinken.53
Der Soldat erwiderte: In einem Gefecht, da tausende Speere hin und herfliegen, kann man doch
auf derlei Dinge nicht achten!
Die Antwort Hadrat Alis (a.s.) war, zusammengefasst, folgende:
Um der Religion willen kämpfen wir, vergessen das nicht! Ob ihre Weisungen wichtig oder
weniger wichtig sind, steht nicht zur Debatte. Es geht um die Praktizierung dessen, zu was uns
Gott mit Seiner Religion aufruft...
Nach dem Propheten war Ali (a.s.) der erste, der über die Wahrheiten – unter Hinzuziehung
logischer Begründungen – sprach. Er prägte zahlreiche wissenschaftliche Begriffe. Um das Wort
des Koran gegen Fehler und Entstellungen zu schützen, schuf er grammatische Regelungen.54
53 Z.B. wegen der Mikroben, die sich an der schadhaften Stelle festsetzen
54 Ilm Nahw
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Sein hohes theologisches als auch „weltliches“ Wissen – u.a. im Zusammenhang mit Moral,
Gesellschaft, Politik, sogar Mathematik und, und, und – das aus seinen Briefen, Reden,
Erklärungen etc. ersichtlich wird, ist erstaunlich.
Ja..., Ali (a.s.) ist, wie all das, was wir von ihm in Händen haben55 bezeugt, jene in der gesamten
islamischen Welt bekannte Persönlichkeit, über die der Gesandte Gottes (s.a.a.s.) sprach:
بها . لي { مدينة العلم و F ا
Ich bin die Stadt des Wissens und Ali ist das Tor zu ihr...
Und er setzte sein Wissen getreulich in die Tat um.
Um es kurz zu machen…, Alis (a.s) Qualitäten, Eigenschaften und Tugenden sind so
hervorragend, dass sie nicht mit Worten zu beschreiben sind. Die Geschichte berichtet von
niemandem, mit dem sich Gelehrte und Wissenschaftler so eingehend beschäftigt hätten wie mit
ihm…