· 16. Imam Hussain (ع)
Unser Imam ist allein. Er schaut sich um. Hier liegen Habib ibne Mazaahir, Muslim bin Awsaja, Zuhair ibne Qain und all seine Freunde und Gefنhrten. Dort liegen Aun und Muhammad. Er schaut zu Qasims zertrampelten ـberresten. Er schaut zu Ali Akbar, seinem geliebten Sohn, mit solch grausamer Wunde in der Brust. Er schaut in Richtung Euphrat. Leise flüstert er: „Abbas, Abbas, ich bin so allein. So allein!“
Langsam bewegt sich Imam Hussain auf das Zelt Imam Zainul Abedins zu. Zainul Abedin liegt ohnmنchtig in seinem Bett. Liebevoll schüttelt der Imam seinen Sohn an der Schulter. Der kranke Imam ِffnet seine Augen: „Vater, Vater, wieso bist du allein? Wo ist mein Onkel Abbas? Wo ist Ali Akbar? Wo ist Qasim? Wo sind all deine Gefنhrten?“ Imam Hussain (Friede sei mit ihm) erwidert: „Sohn, kein Mann auكer du und ich sind am Leben gelassen worden. Alle haben ihr Leben für den Islam geopfert.“
Zainul Abedin (Friede sei mit ihm) versucht aufzustehen. „Wohin gehst du, mein Sohn?“, fragt Imam Hussain. „Um Yezid s Armee (LA) zu bekنmpfen.“, erwidert der junge Mann. „Nein, mein Sohn, du bist zu krank für den Jihaad. Ich bin gekommen um Lebewohl zu sagen. Pass auf die Damen und die Kinder auf. Und, mein Sohn, wenn du nach Medina zurückkehrst, richte Sughra meinen lieben Gruك aus. Sag ihr, dass ich jeden Moment an sie gedacht habe und dass ich mir in den letzten Augenblicken meines Lebens wünschte, sie umarmen zu kِnnen bevor ich getِtet werde. Und richte auch unseren Freunden meinen Salaam aus und sage ihnen, dass sie an mich denken sollen, wenn sie Wasser trinken, mein Sohn.“
Imam Hussain (Friede sei mit ihm) steht in der Mitte des Zeltes und ruft: “Oh Zeyneb (Friede sei mit ihr), oh Kulthum (Friede sei mit ihr), oh Sukaina (Friede sei mit ihr), oh Ruqayya (Friede sei mit ihr), oh Rubaab (Friede sei mit ihr), oh Fizza (Friede sei mit ihr), mein Gruك an euch! Lebt wohl!“ Die Damen und die Kinder jammern und weinen als sie dem Imam (Friede sei mit ihm) Lebewohl sagen.
Der Imam (Friede sei mit ihm) geht auf sein Pferd zu. Es gibt niemanden mehr, der ihm beim Aufsteigen hilft. Sayyida Zeyneb (Friede sei mit ihr) tritt vor und hنlt die Zügel als der Imam das Pferd besteigt. Das Pferd geht einige Schritte und bleibt dann stehen. Der Imam drنngt das Pferd weiterzugehen, aber es bleibt stehen und schaut zu seinen Hinterlنufen. Imam Hussain (Friede sei mit ihm) dreht seinen Kopf und sieht, wie Sukaina (Friede sei mit ihr) die Beine des Pferdes umklammert und das Pferd bittet: „Pferd, nimm meinen Vater nicht von mir, lass sie mich nicht zu einem Waisenkind machen!“
Imam Hussain (Friede sei mit ihm) steigt ab. Er spricht: „Sukaina, du bist die Urenkelin des heiligen Propheten (Allahs Segen und Heil auf ihm und seine Familie). Ich liebe dich so sehr, dass ich nicht gehen werde, wenn du es mir verbietest, aber dann wird der Islam vernichtet. Wie wirst du oder ich dem heiligen Propheten (Allahs Segen und Heil auf ihm und seine Familie) dann am Tage des Jüngsten Gerichts ins Gesicht Blicken kِnnen?“, ihre Trنnen bekنmpfend kann die vier Jahre alte Sukaina nur hervorbringen: „Bismillah, Vater.“ Das vierjنhrige Kind hنlt die Zügel, als der Vater das Pferd besteigt um in den sicheren Tod zu reiten.
Hussain (Friede sei mit ihm) reitet weiter. Auf einem Hügel hنlt er und ruft laut: „Ist dort jemand, der mir zu Hilfe kommt?“
Natürlich erwartet der Imam nicht, dass einer der feindlichen Soldaten ihm zur Hilfe eilt. An wen richtet sich dann sein Hilferuf? Unser Imam plنdiert an alle Muslime jeden Zeitalters und überall auf der Welt, jung und alt, Mنnner und Frauen, Erwachsene und Kinder, uns ermahnend, den Yezidismus zu bekنmpfen und zu die Aufforderung Allahs (swt) Befehle zu missachten zu verweigern. Jede kleine Anstrengung, die wir auf uns nehmen um nach dem islamischen Bewusstsein zu handeln und es zu bewahren, ist eine Antwort auf den Ruf des Imams (Friede sei mit ihm) mit „Labbeyk! Labbeyk!“
Hussain (Friede sei mit ihm) reitet in Richtung der Feinde. Ein Regen aus Pfeilen wird auf ihn abgeschossen. Hussain (Friede sei mit ihm) ignoriert den Pfeilregen und reitet weiter. Er mِchte eine letzte Anstrengung machen, um den Feinden des Islam den wahren Islam zu predigen. Er hنlt und wendet sich an die Feinde:
“An jene von euch, die mich nicht kennen, wisset, dass ich der Enkelsohn des heiligen Propheten (Allahs Segen und Heil auf ihm und seine Familie) bin. Ich bin auf dem Weg der Wahrheit. Yezid (LA) verkِrpert Falschheit und Korruption. Er mِchte euch vom Islam wegführen. Folgt ihm nicht! Ermordet nicht den Enkelsohn des Propheten (Allahs Segen und Heil auf ihm und seine Familie)! Allah (swt) wird euch niemals vergeben!
Seid euch gewiss, wenn ihr einen Befehlshaber seht, der all jenes tut, was Allah und sein Prophet (Allahs Segen und Heil auf ihm und seine Familie) verboten haben, der jeder Sünde nachgeht, der seine Untergebenen unterdrückt und ihr nichts tut um so einen Befehlshaber zu stoppen, dann seid ihr vor genauso schuldig wie er es ist! Ihr kennt meine Abstammung. Meine Eltern haben mich nicht erzogen damit ich mich einem üblen Tyrannen unterwerfe. Ich bin euer Imam. Ihr habt die Freiheit eurer Gedanken gegenüber den schlechten Weg Yezids eingetauscht. Wenn ihr euch schon nicht um den Islam kümmert, dann sorgt euch zumindest für die Freiheit eures Geistes!“
Umar Sa’ad schreit: “Werdet nicht das Opfer seiner Redekunst! Tِtet ihn!“
Aus allen Richtungen nنhern sich den Imam (Friede sei mit ihm) die Soldaten (LA) mit blanken Schwertern. Hussain (Friede sei mit ihm) sagt: „Ihr habt euch entschieden mich zu bekنmpfen, so werde auch ich euch bekنmpfen. Ich fürchte den Tod nicht. Der Tod ist mir süكer als Schande. Ich werde euch jetzt Zeugen vom Heldenmut des Sohne von Ali ibn Abi Talib (Friede sei mit ihm) werden lassen!“
Imam Hussain (Friede sei mit ihm) zieht sein Schwert und beginnt zu kنmpfen. Durstig, müde, verwundet, gekrنnkt, unser Imam (Friede sei mit ihm) kنmpft, wie nie zuvor jemand kنmpfend gesehen wurde. Wohin er sich auch wendet fliehen die Soldaten wie Hasen vor einem Lِwen flüchten. Umar Sa’ad (LA) schickt seine besten Krieger gegen den Imam (Friede sei mit ihm). Alle von ihnen sterben. Niemand wagt sich in die Nنhe des Imams (Friede sei mit ihm). Hathret Hussain (Friede sei mit ihm) stellt sich auf die Steigbügel, seine Augen wenden sich zu der Stelle, wo Hathret Abbas (Friede sei mit ihm) liegt: „Abbas, hast du die Schlacht deines durstigen Bruders gesehen, dessen Herz gebrochen ist?“, murmelt er.
Und dann erscheint Dschebrail (Allahs Wohlgefallen auf ihm) und spricht: “Oh Hussain (Friede sei mit ihm), Allah (swt) ist von deiner Tapferkeit erfreut. Nun ist der Augenblick gekommen, an dem du den Islam mit deinem Leben bewahren musst.“ Imam Hussain (Friede sei mit ihm) schaut zum Himmel. Ja, die Zeit des Asrs (Nachmittagsgebets) ist angebrochen. Hussain (Friede sei mit ihm) steckt das Schwert zurück in die Scheide, senkt sich über den Pferderücken und flüstert dem Pferd zu: „Bring mich dorthin, wo meine Mutter Fatimah (Friede sei mit ihr) auf mich wartet! Aber, mein treues Pferd, passiere vorher noch die Stelle an der mein Ali Akbar liegt, sodass ich meinen geliebten Sohn nur noch ein letztes Mal sehe, bevor ich sterbe.“
Als die Feinde sehen, dass Hathret Hussain (Friede sei mit ihm) sein Schwert zurückgesteckt hat kommen sie von allen Seiten. Einige werfen Steine auf ihn, andere schlagen ihn mit Schwertern, Pfeile werden auf ihn geschossen. Plِtzlich hنlt das Pferd und die Stimme Fatimah Zahras (Friede sei mit ihr) ist zu hِren: „Mein Sohn, mein Sohn!“ Imam Hussain (Friede sei mit ihm) fنllt vom Pferd, aber sein Kِrper berührt nicht den Boden. Er ruht auf den Klingen der Pfeile. Er hنlt sein Asr gebet auf einem Teppich aus Pfeilen ab. In seinem letzten Sajdah (Niederwerfung) spricht er: „Oh Allah (swt), alles Lob gebührt DIR und nur DIR allein!“
Jemand bewegt sich auf unseren Imam (Friede sei mit ihm), der sich auf den Pfeilen im Sajdah befindet, zu. Er hنlt einen Dolch in seinen Hنnden. Die Erde bebt. Die Sonne verdunkelt sich. Und dann ist die Stimme Dschebrails zu hِren: „Oh, Hussain ist getِtet! Hussain ist getِtet!“ Sukaina (Friede sei mit ihr) fنllt bewusstlos zu Boden. Sayyida Zeyneb (Friede sei mit ihr) lنuft zum Zelt unseres vierten Imam (Friede sei mit ihm). „Oh Sohn, was ist geschehen?“ Imam Zainul Abedin (Friede sei mit ihm) taumelt auf den Vorhang des Zeltes zu, hebt ihn an und deutet mit seinem Finger auf einen Kopf, der auf eine Lanze gehoben wird. Mit einer zitternden Stimme ruft er:
„ASSALAMU ALEYKA YA ABA ABDILLAH!“
· 18. DIE NACHT DER HEIMATLOSEN SHAAME GHAREEBAN
Es war nach Asr (Nachmittagsgebetszeit) am Tage Aschuras als Imam Hussain (Friede sei mit ihm) ermordet worden war. Die Erde hatte gebebt. Der Damm des Euphrat war gebrochen. Aus dem Lager wurden solche Wehklagen der Familie des Propheten (Allahs Segen und Heil auf ihm und seine Familie) laut, wie sie nie zuvor gehِrt worden waren.
Yezids Armee (LA) hatte unseren Imam (Friede sei mit ihm), seine Sِhne (Friede sei mit ihm), seine Brüder (Friede sei mit ihm), seine Neffen (Friede sei mit ihm) und Gefنhrten (Friede sei mit ihr) brutal ermordet. Niemand wurde verschont. Unter den mنnnlichen Erwachsenen blieb nur der vierte Imam Hathret Zainul Abedin (Friede sei mit ihm) übrig, der bewusstlos im Zelt lag. Sein junger Sohn Muhammad war ebenfalls bei ihm und weinte. Man kِnnte meinen, dass sogar der Teufel sich nach so viel Bِsem Einhalt gebieten würde, aber es kam anders. Umar Sa’ad (LA) bekam einen Brief von ibne Ziyad (LA). Der Gouverneur Kufes ordnete an, dass man mit dem Tode Hussains (Friede sei mit ihm) noch nicht befriedigt war. Sein Kِrper sollte durch mit dem Zertrampeln durch Pferden entweiht werden. Und dies wurde dem Enkel des Propheten (Allahs Segen und Heil auf ihm und seine Familie) angetan. Als die Sonne unterging, drangen die Soldaten ins Lager Hathret Hussains (Friede sei mit ihm) auf Jagd nach Beute ein. Sie plünderten jedes Zelt. Jedem Mنdchen und jeder Frau wurden die Schleier entrissen. Die Hنupter der Tِchter Fatimahs (Friede sei mit ihr) wurden entblِكt. Sukainas (Friede sei mit ihr) Ohrringe wurden ihr von den Ohren gerissen, sodass ihre Ohrlنppchen zerrissen wurden. Als das kleine Mنdchen um ihren Schleier bat um unberührt zu bleiben, wurde sie geschlagen. Aber jetzt würden sie doch sicher aufhِren? Aber nein. Sie zündeten alle Zelte an. Humayd ibne Muslim schildert, wie er ein kleines Mنdchen dessen Kleider Feuer gefangen und dessen Ohren bluteten, von dem Szenario des Gemetzels flüchten sah. Er sagt: „Ich rannte hinter ihr her und nahm sie bei der Hand und lِschte das Feuer von ihrer Kleidung. Ich wischte ihr das Blut von den Ohren. Sie sah mich an und sagte: ‚Du scheinst ein netter Mensch zu sein, bist du ein Muslim?’ Ich bejahte diese Frage. Sie dachte eine Weile nach und sprach dann: ‚Kannst du mir bitte den Weg nach Nedschef zeigen?’, und ich fragte: ‚Wieso mِchtest du zu dieser Zeit und in diesem Zustand nach Nedschef gehen?’, und sie erwiderte: ‚Ich mِchte dorthin um mich bei meinem Groكvater Ali Ibne Abi Talib (Friede sei mit ihm) zu beschweren, dass sie meinen Vater ermordet haben.’ Ich realisierte, dass sie die Tochter Hussains (Friede sei mit ihm) war und brachte sie zu ihrer Tante Zeyneb (Friede sei mit ihr) zurück.“ Als die Nacht vorangeschritten war versammelte Sayyida Zeyneb (Friede sei mit ihr) alle Frauen und Kinder auf engem Raum zwischen den geplünderten Zelten. Imam Zainul Abedin (Friede sei mit ihm) lag umgeben von den Witwen und Waisen auf dem Boden. Es gab kein Feuer, kein Licht. Nur der Mond warf sein dumpfes Licht auf sie.
Umar Sa’ad (LA) bat die Witwe Hurs (Friede sei mit ihm) etwas Lebensmittel und Wasser zu den Damen und Kindern mitzunehmen. Als sie sich der Stelle nنherte, wo sie sich ausruhten bemerkte Hathret Zeyneb (Friede sei mit ihr) sie. Sie stand auf, ging zu ihr und richtete ihr, ihr Beileid wegen Hurs Ermordung aus. Diese Geste von Sayyida Zeyneb (Friede sei mit ihr), die selber soviel gelitten, verloren und so viel Trauer im Herzen hatte, ist eine unvergessliche Lektion des islamischen Akhlaaqs, die die Welt niemals vergessen darf. Hathret Zeyneb (Friede sei mit ihr) nahm den Wasserkrug und ging zu Hathret Sukaina (Friede sei mit ihr). Sie war aber in einen verdrieكlichen Schlaf gefallen.
Sanft streichelte sie die zerzausten Haare des Mنdchens. Sukaina ِffnete ihre Augen. Zeyneb (Friede sei mit ihr) sagte: „Hier ist etwas Wasser, Sukaina. Bitte trink ein wenig. Du bist sehr lange durstig gewesen.“ Als sie das Wort ‚Wasser’ hِrte, schrie sie hoffnungsvoll auf: „Ist mein Onkel Abbas (Friede sei mit ihm) zurückgekehrt?“ Als ihr gesagt wurde, dass Hurs (Friede sei mit ihm) Witwe das Wasser gebracht habe, stand sie auf, ging zu Hurs Witwe (Allahs Wohlgefallen auf ihm) und dankte ihr. Dann fragte sie: „Habt ihr alle denn schon Wasser getrunken?“ Hathret Zeyneb (Friede sei mit ihr) schüttelte den Kopf. „Warum sagt ihr mir dann, dass ich trinken soll?“, fragte das Kind weiter. Zeyneb antwortete: „Weil du die jüngste bist, mein Liebes.“ Sukaina erwiderte: „Nein, nein! Asghar ist der jüngste!“, sie nahm den Wasserkrug, rannte zu der Stelle, wo Ali Asghar (Friede sei mit ihm) begraben war und weinte: „WA ASGHARA! WA ASGHARA!“
So verbrachten die Heimatlosen ihre Nacht in Kerbela. Dies war die Shaame Ghaariban – die Nacht der Heimatlosen. Sie hatten alles verloren. Ihre Mنnner hatten ihr Leben gegeben. Ihre Kinder waren ermordet worden. In dieser trostlosen Wüste, wo noch vor einigen Stunden ihr Lager gestanden hatte, drنngten sich der vierte Imam (Friede sei mit ihm), die Frauen und die übrig gebliebenen Kinder zusammen. Nun wachten Hathret Zeyneb und Hathret Kulthum (Friede sei mit ihr) über Imam Zainul Abedin (Friede sei mit ihm) und die Kinder (as/r), damit sie nicht angegriffen wurden.
Plِtzlich bemerkte Hathret Zeyneb, dass Sukaina (Friede sei mit ihr) verschwunden war. Sie ist beunruhigt. Sie schaut um sich, aber Hussains (Friede sei mit ihm) geliebte Tochter ist nirgends zu sehen. Hathret Zeyneb (Friede sei mit ihr) geht langsam aufs Schlachtfeld. Sie kommt zu der Stelle an der Abbas (Friede sei mit ihm) liegt: „Abbas, Abbas! Mein geliebter Bruder, hast du Sukaina (Friede sei mit ihr) gesehen?“ Stille. Sie geht dorthin, wo Imam Hussains (Friede sei mit ihm) kopfloser Kِrper ruht. Und dort, an ihren Vater geschmiegt, findet sie Sukaina (Friede sei mit ihr) in tiefem Schlaf.