Der Koran ist die wichtigste Schatzquelle, aus der die Lehre des Islams suchend und untersuchend schöpft. In jeder Ära und Epoche und an jedem Ort auf der Welt kann er die Grundlagen dazu übermitteln, daß dank aller im Menschen verborgenen Fähigkeiten und Kräfte der Aufbau einer entwickelten, freien Gesellschaft und auch der Mensch selbst in seinen verschiedensten Dimensionen zur Entfaltung gelangen. Er kann die Wege öffnen, die zu einer idealen Gesellschaft führen. Die Wege, die in der von Gott regierten Gesellschaft münden.
Die Offenbarung des Korans liegt mehr als 11 Jahrhunderte zurück. Inzwischen hat die Menschheit zahllose Veränderungen erfahren, ist, die unterschiedlichsten Reife - und Entwicklungsstufen überwindend, zu umfangreichen Kenntnissen über Geheimnisse und Rätsel der Schöpfung gelangt.
Und dennoch: der Koran war durch die Geschichte hindurch stets in der Lage, Bestimmendes und Neues zu geben und seine erhabene Stellung zu wahren.
Dies ist wieder eines seiner Mysterien. Und dieses Mysterium erbrachte zu Beginn des Islams, und damit zu einem Zeitpunkt, zu dem die geistigen Grundlagen des Volkes noch nicht den Entwicklungsstand von heute erreicht hatten, den sicheren Nachweis für die Echtheit und den göttlichen
Ursprung der islamischen Mission des Propheten. Auch heute, in unserem Zeitalter, in dem die Menschheit in den unerschöpften Schätzen des Korans erstaunliche Hinweise und Argumente vorfindet, die absolut mit ihrem wissenschaftlichen und kulturellen Entwicklungsniveau und ihrem Bewußtseinsgrad übereinstimmen, läßt sich dadurch die Tatsache zeigen, daß der Prophet des Islams der letzte in der Kette der von Gott gesandten Propheten war. Ebenso wie der Koran als die Geschichte begleitendes Wunder, als lebendiges weltumfassendes Dokument dies beweist.
Ja, der Umstand, daß der Wissensumfang des Menschen gestiegen ist, und neue gedankliche Horizonte sich vor ihm aufgetan haben, bietet uns heute die Möglichkeit und neue Wege, mehr als unsere historischen Vorgänger aus dem Koran Nutzen zu ziehen.
Hätte der Koran nur auf einen bestimmten Abschnitt auf dem endlosen Band der Geschichte und nur auf einen begrenzten räumlichen Umkreis hingewiesen, so wäre er nicht in der Lage gewesen, mit dieser wundersamen Außergewöhnlichkeit im Strombett der Zeit vorwärtszustreben. Genau hier liegt das Geheimnis seiner ewigen Beständigkeit und Ewigkeit, einer Eigenschaft, die es ihm erlaubt, immer wieder rechtleitende gedankliche Anweisungen erteilen und angesichts aktueller Ereignisse eine stützende Grundlage und Informationsquelle bieten zu können.
Das In-Erscheinung-Treten des Letzten der Propheten sowie seine Verhaltensweise innerhalb der gesellschaftlichen Umgebung waren - so zeigt es ein Blick in die Geschichte - Vorboten dafür, daß Denkfähigkeit, Entscheidungskraft und Selbständigkeit des Menschen zu einem bestimmten Niveau emporsteigen würde, daß er im Zuge eines geistigen Reifeprozesses von der rein optischen Betrachtung der Dinge den Schritt zur gedanklichen Analyse unternehmen würde. Sein Blick auf die Phänomene der Natur war im Begriff, eingehender zu werden und tiefer, sollte nach und nach einfaches, oberflächliches Denken verdrängen, so daß der Anblick eines Wunders und übernatürlicher, außergewöhnlicher Erscheinungen im Gegensatz zu derÄra vorangegangener Propheten nicht mehr ausreichen konnte, die Menschen von der Glaubenslehre zu überzeugen und genügend Anziehungskraft auf sie auszuüben.
Der Koran fordert die Menschheit immer wieder zum Streben nach Wissen und zum Nachdenken auf und ruft durch diese Brücke ein Gefühl des Sich-Hingezogen-Fühlens zum Glauben im Innern hervor. Und dies ist in sich ein erneutes Mysterium der heiligen Schrift. Sich lediglich auf nur mit den Sinnesorganen wahrnehmbare Wunderwerke zu stützen, ist nicht mehr mit der Tatsache vereinbar, daß eine von Gott herabgesandte Botschaft die letzte aller dieser Botschaften sein soll. Eine solche Einschränkung kann dem Ziel des Menschen und dem seiner geistigen Fortentwicklung nicht mehr genügen.
Über mehrere Jahrtausende hinweg hatte Gott mit Hilfe von äußerlichen Wundern die Menschheit mehr und mehr auf seine zukünftige und endgültige Botschaft und Rechtleitung vorbereitet. Die Untersuchungen des Korans gelangen dann zu einem Wert, wenn der menschliche Geist frei ist und befreit wird von vorher eigenständig angefertigten oder aufgenommenen Vorstellungen und voreiligen Rückschlüssen, denn Fanatismus und vorab gefällte Urteile hinsichtlich der Bedeutungen des koranischen Inhaltes können nur Steineres, Starres, Inflexibles hervorbringen. Und das ist genau der Abhang, dem zu nähern jeder gerechter und wachsamer Forschergeist sich hüten wird.
Es ist eine offensichtliche Wahrheit: Die Überlegenheit des Korans bewegt sich auf einer höheren Stufe, als daß man in ihm das geistige Ergebnis einer Gruppe von Gelehrten sehen könnte. Erst recht nicht ein Einzelner wäre zu seiner Schaffung, etwa durch Entlehnung aus anderen Werken, in der Lage gewesen. Dazu noch ein Mensch ohne bestimmte Bildung und ein des Lesens und Schreibens Unkundiger, welcher aus einer niveauschwachen Umgebung wie die der arabischen Halbinsel jener Ära stammte, einer Umgebung, die abseits lag von Wissenschaft und Philosophie.
Bei Betrachtung der vom Koran für die Vervollkommung der Menschheit unterbreiteten Weltanschauung und Anweisungen und einem Vergleich mit den vorangegangenen System und Gesetzen werden wir feststellen, daß der Koran sich weder auf diese vorherigen Programme stützt, noch ihnen ähnelt,
daß er vielmehr ein selbständiges, völlig neues Phänomen darstellt. Er besitzt einmaligen, nie dagewesenen Charakter. Die Umgestaltung der menschlichen Gesellschaft und ihre auf Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und Freiheit der unterdrückten entbehrenden Massen basierende soziale Reformierung zählen zu seinen hohen Zielen.
Der Koran spricht ausführlich und erläuternd über die Geschichte vorangegangener Völker und das Auftreten vorheriger Propheten unter ihnen. Er weist auf die Zusammenhänge damaliger Geschehnisse und die in der Missionszeit dieser Propheten herrschenden Zustände hin.
Wenden wir uns den im Koran enthaltenen geschichtlichen Beschreibungen und den Ereignissen, über die er berichtet, zu, so wird die Wirklichkeit mit besonderer Deutlichkeit spürbar. Hinweise auf Fern-und Naheliegendes lassen bei jedem Blick die Struktur der Wahrheit erkennbar werden. Der Gedanke, der geschichtliche Inhalt des Korans könne eine Kopierung aus dem alten Testament, dem Evangelium oder der Bibel sein, ist vollkommen von der Hand zu weisen. Wenn der Koran das Leben der vorhergehenden Propheten beschreibt, so nimmt er selbst Prägungen vor. Er bereinigt und ändert: befreit die die Propheten betreffenden Geschichtsüberlieferungen von den unangemessenden Ausschmückungen, welche dem Touhid-Wesen, dem Glauben an den einen Gott, der Vernunft und den ursprünglichen religiösen Grundsätzen widersprechen. Kopierungen dahingegen weisen immer einen nachahmenden, zitierenden, geprägten Charakter auf.
Der französische Forscher Maurice Bucaille äußert sich in diesem Zusammenhang wie folgt: "In den westlichen Staaten vertreten Juden, Christen und Ungläubige einmütig und ohne die geringste Begründung die Ansicht, daß Mohammad(s.a.s.)den Koran durch Nachahmung der heilige Schrift angefertigt hat, oder daß er ein Schriftsteller sei. Sie geben kund, daß die im Koran beschriebenen Religionsereignisse eine Wiederholung der im alten und neuen Testament enthaltenen biblischen Geschichte darstelle. Dies ist genauso, als würde man behaupten, Jesus hätte sich von dem alten Testament inspirieren lassen und so seine Zeitgenossen getäuscht! Eine solche Behauptung wäre genauso unberechtigt wie sie es dem Propheten des Islams gegenüber ist. Wie festgestellt wurde, beruht das ganze Matthäus-Evangelium auf einem direkten Zusammenhang zum alten Testament. Welcher Analytiker aber wird deshalb Jesus Christus der Eigenschaft berauben wollen, ein gesandter Gottes zu sein?
Die Tatsache, daß zwischen den religiösen Geschichten der beiden Testamente und denen des Korans besonders in Bezug auf die historisch-religiösen Ereignisse, Ähnlichkeiten existieren, ist nicht von der Hand zu weisen. Sehr seltsam mutet es jedoch an, daß niemand gegen Jesus Christus Einspruch erhebt und fragt, warum er vorangegangene Geschehnisse und die Lehren des alten Testamentes in seiner eigenen Schrift neu aufnimmt, daß andererseits jedoch Mohammad(s.a.s.) wegen desselben
Vorgehens angegriffen und er, weil er von Offenbarung spricht, als Lügner hingestellt wird, und zudem niemand in der westlichen Welt das geringste Gefühl an Unbehagen dabei empfindet.
Keiner fragt diese Leute, welchen Beweis sie dafür erbringen können, daß Mohammad(s.a.s,) im Koran etwas wiedergibt, was Geistliche und Gottesfürchtige ihn gelehrt oder ihm diktiert hätten?
In Wirklichkeit entbehrt diese Unterstellung jeder Grundlage.
Wie war es möglich, daß vor fast 14 Jahrhunderten ein Mensch wie dieser bekannte religiöse Erzählungen von neuem unterbreitet hat und dabei die zuvor vorhandenen, gegen Wissen und Logik verstoßenden menschlichen Irrtümer auslöschen konnte sowie in der Lage war, Wahrheiten zu nennen, die erst die Wissenschaften unserer Zeit als vorhanden nachweisen konnten?
Eine Hypothese wie die im Westen geltende ist nicht vertretbar. Die Schöpfungsgeschichte, die uns der Koran vorlegt, ist vollkommen anders als die der heiligen Schrift."
(rückübersetzt aus der persischen Übersetzung des Buches "Testament, Evangelium, Koran und Wissenschaft", Seite 178 und 207)
Es geht darum, daß der nach Wahrheit suchende und strebende Mensch im Ursprung des Korans keine andere Quelle sehen kann als göttliche Offenbarung. Der Koran ist sowohl eine heilige Schrift als auch ein Nachweis für die Gesandtschaft Mohammads(s.a.s.) und der Inbegriff des prophetischen Wunders.
Das tiefgehende, strahlende und ewige Wunder des Propheten, d.h. der Koran, wurde in dieser Form dargebracht, damit die Lehren und Gesetze des Islams auch im Strom der Zeit aufrechterhalten bleiben.
Die göttlichen Anweisungen wurden in wundersame Sätze und Wörter gegossen, und so trat der Wille Gottes in Erscheinung, die religiöse Ordnung den Aggressionen der durchtriebenen Feinde gegenüber zu bewahren und alle hinterlistigen Pläne zu vereiteln.
Die Gußform der göttlichen Befehle - und dies ist eine Besonderheit, die nur ihnen zukommt - blieb und bleibt beständig. Sie überdauert. Den Gegnern, die die Gottesbotschaft fälschen möchten und in den Hoheitsbereich der himmlischen Anweisungen einzudringen wünschen, um sie zu ändern und zu verdrehen, sind für immer die Hände gebunden.
Die ewigen Lehren und Gesetze des Allmächtigen werden immer weiter und in die Zukunft hinein unberührt und unverändert fortdauern.
Ein anderer wundersamer Aspekt des Korans, welcher weitreichenden Einfluß ausübte, war die revolutionäre, weltumfassende und kulturelle Entwicklung, die er im Dasein der Menschheit auslöste.
Die Bildung eines universalen Volkes und einer Universalgesellschaft und die Gründung einer tief in die verschiedenen geistig-seelischen Ebenen hineinreichende Zivilisation durch den Islam geschah ohne den geringsten Beistand von außen.
Ein Punkt, der beim Studium dieser Religion besondere Beachtung verdient, zumal wenn man bedenkt, daß die erstaunlichen Veränderungen in einem Volke von kriegerischer Natur, einem Volke, das verstreut lebte und dem es an Freiheitsdenken und an Wissen fehlte, begannen. Einem Volke, welches noch nicht einmal an ein Bündnis zwischen seinen einzelnen Stämmen dachte.
Die Faktoren, die die Welt veränderten, die dargebotene internationale Gesetzesordnung unter der Lösung des Einheitsbündnisses aller Rassen, Völker und gesellschaftlichen Klassen und auch die Bewegung in Richtung auf geistige Freiheit, Forschen nach Wissen und Achtung gegenüber der Wissenschaft - sie alle entspringen der im Koran enthaltenen Kultur und der islamischen Ordnung und haben sich nie auf eine Regierung oder Macht, die außerhalb der von ihnen ins Leben gerutenen Gesellschaftsordnung lagen, gestützt.
Ja, selbst die fremden Kräfte, die in islamische Gebiete eindrangen und durch militärische Überlegenheit über die Mosleme siegten, verloren angesichts der geistigen Macht des Islams letztendlich ihre Stärke und übernahmen die Religion des besiegten Volkes. Bis auf den Islam weist die Geschichte der Völker keinen anderen Fall auf, bei dem fremde Eindringlinge und Besetzerkräfte zu der Religion des Volkes, das ihnen unterlegen war, übergetreten wären.
source : Seyyed Modjtabaje Musawi