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Islam und Umwelt :

7.Islam und Umwelt :

" Verderbnis ist gekommen über Land und Meer um dessentwillen, was die Hände der Menschen gewirkt, auf dass Er sie kosten lasse die Früchte so mancher ihrer Taten, damit sie umkehren. " (Sure 30 , Vers 41 )

Das Leben auf der Erde ist bedroht : Waldsterben, Verseuchung von Flüssen, Seen und Meeren, Vergiftung der Luft, Zerstörung der Atmosphäre, Schädigung der Erbanlagen durch nukleare Einwirkungen, Aussterben von Tier- und Pflanzenarten, Abholzung der Regenwälder usw. verlangen dringend eine Umkehr, um die bevorstehende Umweltkatastrophe abzuwenden, ehe es zu spät ist.

Die materialistischen Ideologien sind dazu nicht in der Lage ; vielmehr beuten sie ohne Rücksicht auf die natürlichen Lebensbedürfnisse von Pflanzen, Tieren und Menschen unsere Erde ungehemmt aus.

7.1. Sinn des Daseins :

" Gott gehört, was im Himmel und was auf Erden ist." heißt es im Quran. Nicht der Mensch mache sich die Erde untertan, sondern Gott ist der eigentliche Besitzer des Weltalls.

Jene Realität jenseits aller menschlichen Vorstellungen läßt alle Dinge entstehen und sich entfalten und nach einer bestimmten Zeit vergehen, wenn sie ihren Daseinszweck erfüllt haben. Prismenartig reflektieren die Erscheinungen der Natur göttliches Licht und verkünden in ihrer schier unbegrenzten Vielfalt die ewige Manifestationen Seiner Herrlichkeit.

Diese Aufgabe können sie aber nur dann erfüllen, wenn die Lebensformen in einer für sie geeigneten Umwelt und in wechselseitigen Beziehungen ihre schönsten und besten Wesenszüge zeigen können. Der Sinn des Daseins impliziert die Schaffung all jener Voraussetzungen, die eine harmonische und aufeinander abgestimmte Existenz aller Lebewesen möglich machen.

7.2.Verantwortung für die Schöpfung :

Während Pflanzen und Tiere instinktiv den auf Harmonie gerichteten göttlichen Gesetzmäßigkeiten folgen, spielt der Mensch hierbei eine widersprüchliche Rolle : Einerseits ist er vernunftbegabt und fähig, die Gesetzmäßigkeiten, die überall in der Schöpfung wirksam sind, zu begreifen und sinnvoll zum Wohle des Ganzen einzusetzen. Anderseits wird er jedoch von egoistischen Interessen, Begierden und destruktiven Impulsen getrieben, wodurch er nicht nur die Harmonie zerstört, sondern sogar seinen eignen Fortbestand gefährdet. Als " Statthalter Gottes auf Erden " (vgl. Sure 2, Vers 30 ) trägt er jedoch die Verantwortung für die Pflege und den Erhalt aller Lebensformen. Alles, was er tut oder was er unterläßt, kann für den Fortbestand der Welt von Bedeutung sein.

Die erdischen Dinge werden den Menschen für eine bestimmte Frist überlassen :

" Habt ihr nicht gesehen, dass Gott euch alles dienstbar gemacht hat, was in den Himmeln und was auf der Erde ist, und dass Er Seine Wohltaten so reichlich über euch ergossen hat, äußerlich wie innerlich?. Und doch gibt es unter den Menschen so manchen, der über Allah streitet, ohne Kenntnis und ohne Führung und ohne ein erleuchtendes Buch. " ( Sure 31 , Vers 20 )

Der Mensch soll laut Imam Ali (Friede sei mit ihm) für das Diesseits leben, als ob er für immer auf dieser Erde bliebe, und für das Jenseits, als ob er sie schon morgen verlassen müßte. Obwohl der Mensch die Verantwortung zum Erhalt der Schöpfung auf sich nahm, ist er dennoch oft ungerecht und zu unwissend, um diese Aufgabe gerecht zu werden :

" Wir boten das vollkommene Vertraunspfand den Himmeln und der Erde und den Bergen an, doch sie weigerten sich, es zu tragen. Aber der Mensch nahm es auf sich. Wahrlich, er ist sehr ungerecht und unwissend !" ( Sure 33, Vers 72 )

Seine egoistische Haltung bewirkt "Verderbnis über Land und Meer" , durch deren Folgen er oft erst zur schmerzlichen Einsicht über sein Fehlverhalten gelangt.

7.3. Die Zeichen der Natur :

Der Quran wendet sich immer wieder an die Verständigen mit der Aufforderung, ihre Umwelt zu erforschen und zu begreifen : Wachstum, Reife, Jahreszeiten, Klimaveränderung, Bewegung der Gestirne, Pflanzen, Tiere, Bodenschätze - nicht als unser Eigentum zu verstehen, sondern als "Zeichen", durch die sich unser Schöpfer mitteilt und aus denen wir Nutzen ziehen können.

" Und Er ist es, Der die Erde ausbreitete und Berge und Flüsse in ihr gründete. Und Früchte aller Art schuf Er auf ihr, ein Paar von jeder. Er läßt die Nacht den Tag bedecken. Hierin sind wahrlich Zeichen für ein nachdenkendes Volk. " (Sure 13, Vers 3)

Aber auch über die Ursachen und Folgen destruktiver Einwirkung sollen sich die Menschen bewußt werden.

" Reiset umher auf Erden und seht, wie das Ende derer war, die vor euch lebten. Die meisten von ihnen waren Götzendiener. " (Sure 30, Vers 43 )

sagt der Quran über diejenigen, deren Gesellschaften und Kulturen untergegangen sind und aus deren historischem Beispiel wir lernen sollen.

7.4. Die Götzen unserer Zeit :

Heute heißen die modernen Götzen Gewinnmaximierung, Konsum, Vergnügen, Prestige usw., die den Menschen die innere Harmonie und Eintracht mit der Schöpfung vergessen machen. Hin- und hergerissen zwischen vergänglichen Flüchtigkeiten ist der Mensch unfähig, zu seiner eigentlichen, von Gott gegebenen Identität vorzustoßen.

Er ist nicht länger zur Gesamtschau der Wirklichkeit in der Lage. Die Erkenntnis der gegenseitigen Abhängigkeit aller Geschöpfe und die daraus resultierende Verantwortung für sich und seine Umwelt bleiben ihm verbaut.

7.5. Zurück zur Einheit :

Doch um seelische Ausgegelichenheit und Harmonie mit der Natur wiederherzustellen, benötigt der Mensch einen neuen ganzheitlichen Ansatz, der imstande ist, Natur und Mensch, Geist und Materie, Wirtschaft und Ökologie zu versöhnen. Darin liegt die aktuelle Botschaft der Einheit Gottes (Tauhid) begründet. Durch das Bekentnis zu jener einen Wirklichkeit könnte die Spaltung zwischen den kurzlebigen ökonomischen Interessen und den bleibenden geistigen und religiösen Werten überwunden werden.

Doch damit nicht genug: Auch die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen und die Ausbeutung der Natur durch den Menschen könnten beseitigt werden, da sie Erscheinungsformen ein- und derselben materialistischen Grundeinstellung sind.

7.6. Moral und Politik :

Eine Trennung zwischen moralischen, d.h. naturerhaltenden Werten und wirtschaftlichen, d.h. naturzerstörerischen Erwägungen müßte ausgeschlossen sein. Da die Erhaltung unserer Umwelt uns alle angeht, können wir die Verantwortung nicht einer kleinen Gruppe von Experten überlassen.

Wir müssen zu den bewährten religiösen Tugenden wie Mitgefühl mit der Kreatur, Genügsamkeit und Verzicht auf Luxus und verschwenderische Eitelkeit zurückkehren, die angesichts der heutigen Situation immer mehr an Aktualität gewinnen.

Letztendlich muß ethisch-moralischem Handeln wieder uneingeschränkt Vorrang vor einem rein Zweck- und profitorientierten ökonomischen Denken eingeräumt werden.

 

8. Dialog

Die Verflechtung der wirtschaftlichen, sozialen und politischen Probleme unserer Zeit macht deutlich, wie sehr die Menschen aufeinander angewiesen sind. Die weltweite Krise kann nicht mehr von einem Teil der Menschheit allein gelöst werden. Ein Bewußtsein der gemeinsamen Verantwortung und eine Verständigung zwischen den Menschen ist nötiger denn je. Einen Ansatz hierzu eröffnet der interreligiöse Dialog, und zwar nicht im engeren Sinne einer Gegenüberstellung theologischer Aussagen unter Fachleuten allein, sondern als Teil einer lebendigen Beziehung von Menschen, die verschiedenen Religionen angehören und aus ihrem Glauben heraus zur Gestaltung der Gesellschaft beitragen. Denn jede Religion versteht sich letztendlich nicht einfach als privates Gedankengut, sondern fordert auf zum Zeugnis mit Wort und Tat zur Verantwortlichen Mitgestaltung des Weltgeschehens.

Während Judentum, Christentum und Islam aus derselben abrahamitischen Wurzel stammen, war in der Geschichte die Beziehung zwischen Christen und Muslimen oft von Konflikt und Rivalität geprägt. Deswegen erschweren leider bis heute gegenseitige Unkenntnis und Vorurteile ein Zusammenleben und -wirken in Respekt und Vertrauen, so dass oft ein ganz neuer Ansatz für die Begegnung miteinander gefunden werden muß.

8.1.Einander Kennenlernen :

Einander wirklich kennenlernen bedeutet, unvoreingenommen auf den anderen zuzugehen und von ihm selbst etwas zu erfahren über seinen Glauben, seine Gedankenwelt, seine Wertvorstellungen, seinen Alltag, seine Ideale und seine Probleme, und selbst offen zu sein und ihm Einblick zu geben in die eignen Überzeugung. Unvoreingenommen sein heißt, dem anderen in erster Linie als Mensch zu begegnen, nicht mit vorgefaßten Vorstellungen über "den Christen" bzw. "den Muslim". Gerade wir Muslime sind aufgefordert, unsere Mitmenschen als Geschöpfe des einen Gottes zu sehen und unsere Verschiedenheiten als göttliche Offenbarung zu betrachten

" Und unter Seinen Zeichen ist die Schöpfung der Himmel und der Erde und die Verschiedenheit eurer Sprachen und Farben. Hierin sind wahrlich Zeichen für die Wissenden." ( Sure 30, Vers 32 )

Auf diese Weise lernen wir den anderen nicht nur kennen, sondern auch, den eignen Standpunkt zu überdenken und Unterschiede zu akzeptieren. Möglicherweise werden wir auch angeregt, uns mit unserem eignen Glauben gründlicher zu beschäftigen und so zu neuen Erkenntnissen zu gelangen. Wir wollen über dieses gegenseitige Kennenlernen hinaus zu einer wirklich konstruktiven Beziehung gelangen, so dürfen wir nicht bei einer bloßen Bestandsaufnahme und desinteressierter Toleranz unserer Verschiedenheiten stehenbleiben, sondern sollten voneinander lernen und als Veraussetzung unseres Zusammenlebens und gemeinsamen Handelns das uns Verbindende suchen.

8.2.Gemeinsamkeiten finden

Der Qur'an fordert uns zum Dialog mit Angehörigen anderer Schriftreligionen auf :

"Sprich : O Volk der Schrift, kommt herbei zu einem Wort, das gleich ist zwischen uns und euch: dass wir keinen anbeten außer Gott und Ihm keinen Partner zur Seite stellen und dass nicht die einen unter uns die anderen zu Herren annehmen statt Gott. Doch wenn sie sich abkehren, dann sprecht : Bezeugt, dass wir uns Gott ergeben haben." ( Sure 3 , Vers 65 )

Tatsächlich ist es nicht schwierig, zwischen den Religionen der abrahamitischen Tradition ( Judentum, Christentum, Islam ) Gemeinsamkeiten und Parallelen zu finden, stimmen doch ihre Kernaussagen weitgehend überein :

Wir glauben an denselben Gott, der uns geschaffen hat, der sich uns auf verschiedene Weise offenbart und uns führt und leitet, um uns zu vervollkommnen und Seinen Plan mit uns zu verwirklichen.

Wir haben gemeinsame historische Wurzeln und leiten unseren Glauben aus derselben prophetischen Tradition her.

Wir kennen von daher unsere besondere menschliche Verantwortung als "Statthalter Gottes auf Erden".

Wir haben dieselben ethischen Ideale und Wertvorstellungen und bemühen uns, diese zu verwirklichen. Dazu gehört unter anderem die Verwirklichung von Gerechtigkeit, Harmonie in der Menschheit und in der übrigen Schöpfung und Liebe als Vervollkommnung all dessen.

Wir sind uns bewußt, dass wir schließlich vor Gott Rechenschaft über unser Leben ablegen müssen, und hoffen auf Seine Barmherzigkeit.

All das faßt der Qur'an in Sure 42, Verse 14-16 zusammen, wo der Prophet (s.a.w.) angesprochen wird :

" Er verordnete für euch eine Glaubenslehre, die Er Noah anbefahl und die Wir dir offenbarten und die Wir Abraham und Moses und Jesus auf die Seele banden : nämlich bleibt standhaft im Gehorsam und seid nicht gespalten darin. Hart ist für die Heiden das, wozu du sie aufrufst.

Gott wählt dazu aus, wen Er will, und leitet dazu den, der sich bekehrt. Und sie zerfielen erst dann in Spaltung, nachdem das Wissen zu ihnen gekommen war, aus selbstsüchtigem Neid untereinander. Und wäre nicht bereits ein Wort von deinem Herrn ergangen für eine bestimmte Frist - gewiß wäre zwischen ihnen entschieden worden. Wahrlich jene, denen nach ihnen das Buch zum Erbe gegeben ward, sind in beunruhigendem Zweifel darüber. Zu diesem also rufe sie auf.

Und bleibe standhaft, wie dir geheißen ward, und folge ihren bösen Gelüsten nicht, sondern sprich : "ich glaube an das, was Gott an Schrift herabgesandt hat, und mir ist befohlen, gerecht zwischen euch zu richten. Gott ist unser Herr und euer Herr. Für uns unsere Werke und für euch euere Werke! Kein Streit ist zwischen uns und euch. Gott wird uns zusammenbringen, und zu ihm ist die Heimkehr. "

Über das Verhältnis der Religionen der Abrahamitischen Tradition heißt es in Sure 5, Verse 45-49 :

" Wir hatten die Thora hinabgesandt, in der Führung und Licht war. Damit haben die Propheten, die immer gehorsam waren, den Juden Recht gesprochen, und so auch die Wissenden und Gelehrten; denn ihnen wurde aufgetragen, das Buch Gottes zu bewahren, und sie waren seine Hüter. Darum fürchtet nicht die Menschen, sondern fürchtet Mich; und gebt nicht Meine Zeichen hin um geringen Preis. Wer nicht nach dem richtet, was Gott hinabgesandt hat - das sind die Ungläubigen.... Wir ließen Jesus, den Sohn der Maria, in ihren Spuren folgen, zur Erfüllung dessen, was vor ihm in der Thora war; und Wir gaben ihm das Evangelium, worin Führung und Licht war, zur Erfüllung dessen, was schon vor ihm in der Thora war, eine Führung und Ermahnung für die Gottesfürchtigen. Es soll das Volk des Evangelium richten nach dem, was Gott darin offenbart hat; wer nicht nach dem richtet, was Gott hinabgesandt hat - das sind die Ungerechten. Wir haben dir das Buch hinabgesandt mit der Wahrheit, als Erfüllung dessen, was schon in dem Buche war, und als Wächter darüber. Richte darum zwischen ihnen nach dem, was Gott hinabgesandt hat, und folge nicht ihren bösen Neigungen gegen die Wahrheit, die zu die gekommen ist. Einem jeden von euch haben wir eine klare Satzung und einen deutlichen Weg vorgeschrieben. Und hätte Gott gewollt, Er hätte euch alle zu einer einzigen Gemeinde gemacht, doch er wünscht euch auf die Probe zu stellen durch das, was Er euch gegeben hat. Wetteifert darum miteinander in guten Werken. Zu Gott ist euer aller Heimkehr; dann wird Er euch aufklären über das, worüber ihr uneinig ward. "

Weder für Christen noch für Muslime erschöpft sich Glaube im Fürwahrhalten metaphysischer und theologischer Aussagen, sondern fordert auf, die Glaubenswahrheiten zu erforschen und zu erfahren. Die Gläubigen sollen Zeugnis in Wort und Tat ablegen und somit die Ideale und Werte verwirklichen. Sobald wir also auf diese Weise eine gemeinsame Basis gefunden haben, können wir die uns gestellten Aufgaben in Angriff nehmen und durch konstruktive Zusammenarbeit nicht nur theoretische Lösungsmöglichkeiten sondern auch praktische Vorgehensweisen finden.

8.3.Gemeinsam handeln :

Gott läßt unser Streben nach dem Guten nicht verlorengehen :

" Wahrlich, die Gläubigen und die Juden und die Christen und die Sabäer - wer immer wahrhaft an Gott glaubt und an den jüngsten Tag und gute Werke tut- sie sollen ihren Lohn empfangen von ihrem Herrn und keine Furcht soll über sie kommen noch sollen sie trauern. " ( Sure 2 , Vers 63 )

Es kann hier selbstverständlich nicht darum gehen, die Religionen miteinander zu vermischen oder Unterschiede zu verneinen. Grade an so zentralen Punkten wie z.B. der Wirklichkeit Jesu und Muhammads ( Friede sei mit ihnen beiden ) wird man den Dialogpartner in seiner Eigenart akzeptieren können. Der Qur'an gibt uns Hinweise für unser Verhalten in solchen Kontroversen :

" Und debattiert mit dem Volk der Schrift nicht anders als auf die beste Art, mit Ausnahme derer, die ungerecht sind. Und sprecht : Wir glauben an das, was zu uns herabgesandt wurde und was zu euch herabgesandt wurde, und unser Gott und euer Gott ist einer, und Ihm sind wir ergeben. " (Sure 29- Vers 47 )

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