3.9 Macht und Wissen Gottes
Wir betrachten die erstaunlichen Zusammenhänge, die im Universum gegeben sind. Die
Koordination und Harmonie, die in dem gewaltigen Seins-Ensemble herrscht. Die zahllosen
Detailordnungen in jeden Bereich und Winkel der Schöpfung, die wiederum miteinander in
Bezug und Einklang stehen und die – eine jede auf ihre Art – die Dinge und Erscheinungen des
Seins in die Richtung jenes für sie spezifischen Zieles lenken. Jenes Zieles, das für sie
vorgesehen ist und zwar in höchster Präzision. Dem, der seine Vernunft walten lässt, wird
angesichts all dessen klar, dass die Welt des Seins und alles, was in ihr ist, Existenz und
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Existieren-Können von einer unvergänglichen, unversiegbaren Quelle, einer ewigseienden
Existenz erhält. Von jemandem, der in Seiner unvorstellbaren Allmacht, grenzenlosen Weisheit
und Seinem Allwissen die Welten schuf und erhält. Der seine Geschöpfe sich entwickeln und
entfalten lässt und sie in Seinen Huld ihrer ihnen höchstmöglichen…Vollkommenheit zuführt. Er
ist immer..., unvergänglich und allen Dinge mächtig und wissend.
In den Versen 2 und 3 der Sure 57, Hadid, lesen wir:
رٌ J كل شَىۡءٍ۬ قَدِ + َلَىٰ ُ { سمَٰوَٲتِ وَٱلۡأَرۡضِ يُحۡىِۦ وَيُمِيتُ وَهُوَ _ ٱل . مُ ُۡ . َُ
َلِيمٌ { كل شَىۡءٍ + ُ ± ظٰهِرُ وَٱلۡبَاطِنُ وَهُوَ ِ _ ولُ وَٱلۡأَخِرُ وَٱل _ هُوَ ٱلۡأَ
Sein sind die Himmel und die Erde sowie die absolute Herrschaft über sie. Er gibt Leben
und lنsst sterben. Und Er ist es, der aller Dinge mنchtig ist..., Er, der alles und jedes, von
dessen Anfang bis Ende, dessen ؤuكeres und Inneres, Offensichtliches und Verborgenes
erfasst und alles weiك...
Im 17. Vers der Sure 5, Ma’idah, heißt es:
رٌ۬ J كل شَىۡءٍ۬ قَدِ + َلَىٰ ُ { Iُ _ شََاءُٓ وَٱ U ۡنَهُمَا يَخۡلُقُ مَا N سمَٰوَٲتِ وَٱلۡأَرۡضِ وَمَا بَ _ ٱل . مُ ُۡ Iِ _ Die Regie liegt einzig und allein in der Hand Gottes. Die Herrschaft in den Welten ist allein
die gِttliche. Alles, was Er will, erschafft Er, lنsst Er erstehen. Er sagt nur: Sei! Und es ist...
Ja, Er ist aller Dinge mنchtig und fنhig.
Erklärung: Wenn wir sagen diesen oder jener ist in der Lage, sich einen PKW zu kaufen, so
meinen wir damit, das er z.B. über das Geld, das er dazu benötigt, verfügt. Und wenn es heißt,
dass dieser oder jene ein Hundert-Kilo-Gewicht zu heben vermag, so besagt das, das der
Betreffende die Kraft dazu hat.
Kurz, zu etwas in der Lage zu sein und die Kraft und Fähigkeit dazu zu haben bedeutet, dass das,
was dazu erforderlich ist, vorhanden ist. Und da die Seins- bzw. Lebensnotwendigkeiten eines
jeden durch den Erhabenen Gott behoben werden, ist zu konstatieren, das Er – Gott – die Macht,
Kraft und Fähigkeil dazu. Er ist allmächtig.
In einem anderen Koranvers, dem 14. der Sure 67, Mulk, heißt es:
لَقَ % أَلَا يَعۡلَمُ مَنۡ َ
Sollte denn Gott über das, was er selbst schuf, keine Kenntnis haben?
Mit anderen Worten: Die Vorstellung, Gott könne nicht über alles – über die Gedanken des
Menschen beispielsweise – Bescheid wissen, ist absurd. Vielmehr ist es so, dass Gott alles und
jedes offenkundig ist, sei es sichtbar oder verborgen. Er ist wissend aller Dinge, Erscheinungen,
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Vorgänge und Zusammenhänge. Über alles, was existiert, was „ist“, hat er absolute Kenntnis,
beherrscht es, hat es im Griff. Wie gesagt, sowohl das Offenkundige als auch Geheime.
3.10 Gِttliche Gerechtigkeit
Der Erhabene Gott ist gerecht, absolut gerecht. Das ist auch nicht anders zu erwarten, da auch die
Gerechtigkeit zu den Vollkommenheitsattributen zählt und Gott über sie alle, über alle – und
zwar absoluten! – Vollkommenheiten verfügt.
Gott selbst ruft im Heiligen Koran immer wieder zu „Gerechtigkeit“ auf und warnt vor Unrecht
und Tyrannei, die Er als hässlich und verwerflich bezeichnet. Er appelliert an den Menschen,
Gerechtigkeit walten zu lassen und Ungerechtigkeiten unbedingt zu meiden.
Ja, Gott ist absolut gerecht, niemandem fügt Er Unrecht zu. Wie könnte es auch angehen, dass
Ihm etwas, was Er selbst als hässlich und schlecht benennt und verwehrt, zu Eigen wäre. Oder
aber über Eigenschaften, die Er selbst als gut und schön bezeichnet, nicht verfügte. Gott ist
absolut vollkommen. Das aber besagt, das nichts Unvollkommenes, Unzulängliches Zugang zu
Ihm haben...
Im 40. Vers der Sure 4, Nissa, ist zu lesen:
رةٍ۬ _ ۡقَالَ ذَ . لَا يَظۡلِمُ مِ Iَ _ ن ٱ _ إِ
Gott fügt niemandem auch nur im Gewichte eines Stنubchens Unrecht zu.
Und im 49. Vers der Sure 18, Kahf, heißt es:
دً۬ا E كَ أَ َ v وَلَا يَظۡلِمُ رَب
...denn der Erhabene Gott fügt keinem Seiner Geschِpfe Unrecht zu.
Was immer die Menschen an Gutem trifft, kommt von Gott. Ungutes aber rührt von ihnen selber
her.
Dann, aus dem 7. Vers den Sure 32, Sagdah, erfahren wir:
َلَقَه % شَىءٍۡ _ ىِٓ أَحۡسَنَ كُل _Xٱ
Gott ist es, der alles, was Er erschaffen hat, gut erschuf.
Das heißt, alles was ist, wurde in der für es bestmöglichen Weise erschaffen. Unschönes bzw.
Unerfreuliches, das einige Geschöpfe aufzuweisen scheinen, sind subjektiv und erscheinen nur
von einer subjektiven Warte aus betrachtet oder im Vergleich mit anderen als „ungut“. Eine
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Viper oder ein Skorpion beispielsweise sind aus allgemein-menschlicher Sicht besehen
„unerfreulich“. Ebenfalls ein Dorn oder Stachel, da man sich an ihnen verletzen kann und sie –
verglichen mit einer Blume – dem Menschen unschön erscheinen. Betrachtet man sie jedoch
durch eine „objektive Brille“, das heißt nicht „subjektiv“, sondern so, wie sie ihrer Art und
Bestimmung gemäß sind und unter Berücksichtigung der ihnen in der Schöpfung zugeordneten
Aufgabe und des ihnen zugeordneten „Platzes“, so sind sie erstaunliche Erschaffungen..., und von
Kopf bis Fuß schön und gut.
Was jedoch Tun und Verhalten des Menschen betrifft, dem Handlungs- und
Entscheidungsfreiheit eingeräumt wurde, so bezeichnet der Erhabene Gott einiges davon als
schlecht und hässlich und warnt davor. Diese Hässlichkeiten sind – religionsgesetzlich gesehen –
„Sünde“, wie zum Beispiel „Schirk“12, Respektlosigkeit den Eltern gegenüber, Tötung
Unschuldiger, Alkoholgenuss, Glückspiel und alles sonstige, das gegen die religiösen Gebote und
Pflichten verstößt. Derlei ist als Verstoß und Zuwiderhandlung gegen die von Gott gegebenen
Weisungen und Aufgaben (die ja der Vervollkommnung des Menschen und seinem und der
Menschheit Wohle dienen, d.O.) schlecht und verwerflich. Ist Unrecht. Ist kontra
"Vollkommenheit" und somit niemals Gott zuzuschreiben. Denn Gott ist absolut vollkommen.
Niemand kann daher argumentieren, dass ebenso wie alles Gute und Schöne von Gott herrührt,
auch Schlechtes und Ungutes von ihm kommt. Nein, keinesfalls ist dem so, denn Gutes und
Schönes entspringt Vollkommenheit, Schlechtes aber hat seine Wurzel in Unzulänglichem,
Unvollkommenem. Gottes Gebote und die Aufgaben, die Er uns aufgetragen hat, dienen der
Vervollkommnung, unserer Vervollkommnung. Wer gegen sie verstößt, tut damit etwas in
Richtung Unvollkommenheit. Er versündigt sich. Und wer religionsrechtlich gesehen
„rechenschaftspflichtig“ ist und dennoch bewusst frevelt – obwohl er doch weiß, dass es Unrecht
und Sünde ist, was er tut – sollte wissen, dass er sich dafür zu verantworten und mit Bestrafung
zu rechnen hat.
3.11 Das grenzenlose gِttliche Erbarmen
Wir begegnen einem Bedürftigen, der sich nicht selbst zu helfen weiß. Und soweit wir dazu in
der Lage sind, versuchen wir, ihm das, was er benötigt, zu ermöglichen. Dem, der in Not geraten
ist, greifen wir unter die Arme und unterstützen ihn. Den Blinden nehmen wir bei der Hand und
führen ihn dorthin, wohin er gehen möchte. Derlei Verhalten ist gut und wohlgefällig, zeugt von
Freundlichkeit und Mitgefühl. Ist „Erbarmen mit dem Nächsten“.
Das göttliche Erbarmen aber ist das höchste..., unerreichbar. Das, was von dem gütigen,
hilfreichen, allmächtigen und selbst nichts benötigenden Gott kommt, ist Zeichen Seiner Huld, ist
Ausdruck Seines Erbarmens mit Seinen Geschöpfen. Nichts anderes. Der vielfältige Segen, den
Er in Seiner unendlichen Güte über sie ergießt, kommt allen zugute. Und mit jeder Seiner
zahllosen Segensgaben wird einem Teil der Bedürfnisse Seiner Kreatur entsprochen. Dieweil Er
selbst nichts bedarf und benötigt.
Wie Er selbst im 34. Vers der Sure 14, Abraham, sagt:
12 Schirk: Gott andere Gottheiten beisetzen
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لَا تُحۡصُوهَ آ Iِ _ دواْ نِعۡمَتَ ٱ v وَإِن تعَُ
Und wenn ihr Gottes Wohltaten aufzنhlen wolltet..., ihr vermِchtet es nicht.
Und im 156. Vers der Sure 7, A’raf wird uns erklärt:
كل شَىۡ ء _ وَرَحۡمَتِى وَسِعَتۡ ُ
... doch in Mein Erbarmen ist alles und jedes eingeschlossen.
3.12 Gott, der Sich Selbst Genügende
Im 133. Vers der Sure 6, An’am, lesen wir:
رحۡمَةِ _ نى ذُو ٱل v كَ ٱلۡغَ ِ v وَرَب
Dein Gott ist der Sich Selbst Genügende..., voll des Erbarmens für Seine Geschِpfe.
Erklärung: Alles Gute und Schöne, das im Universum anzutreffen ist, jedes Vollständigkeitsbzw.
Vollkommenheitsmoment – das heißt alles, das Unzulänglichkeiten behebt bzw.
Notwendigkeiten Genüge tut, wir sprachen bereits darüber – sind Segensgaben des Erhabenen
Gottes an Seine Kreatur. Mit diesen göttlichen "Wohltaten" werden deren Bedürfnisse behoben
und ganz allgemein den Erfordernissen in der Welt der Schöpfung entsprochen.
Es sei noch einmal daran erinnert: Gott ist vollkommen. Das heißt, Er verfügt über absolute
Vollkommenheit, nicht über Teilvollkommenheiten. Sämtliche Vollkommenheiten sind in Ihm zu
einer einheitlichen "Gesamtvollkommenheit" – um es einmal so zu formulieren – vereint.
Untrennbar voneinander. Allerdings..., wenn Er nicht im Besitze dieser Seiner Vollkommenheit
wäre, könnte er Seinen Geschöpfen nicht von ihr geben und wäre zudem ebenfalls – wie sie –
"bedürftig" und "unvollkommen". Jedoch Er verfügt über absolute Vollkommenheit und – ohne
die Hand nach anderen ausstrecken- und von ihnen etwas erhalten zu müssen – gibt er von Seinen
Vollkommenheiten wie "Leben", "Wissen", "Kraft", "Fähigkeit" etc...
Noch einmal: Er selbst ist frei jeglicher Unzulänglichkeit, Unvollkommenheit, jeglichen Fehls.
Frei von allem, das "Bedürfnisse" hervorruft wie Unvermögen, Unwissenheit, Ohnmacht, Tod,
Schwierigkeiten etc. Derartiges hat zu Ihm in Seiner grenzenlosen Heiligkeit und Allerhabenheit
keinen Zugang...
3.13 Prophetentum
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Der Erhabene und nichts benötigende, Sich Selbst Genügende Gott hat also in Seiner Allmacht
die Welt des Seins erschaffen und Seine Kreatur mit Seinen Segensgaben versorgt. Diese sind so
zahlreich und mannigfaltig, das es unmöglich ist, sie alle nennen zu können.
Jedes Geschöpf – und somit auch der Mensch – befindet, sich vom ersten bis zum letzten
Augenblick seines Erdendaseins in der „Obhut“ Gottes Das heißt, ein jedes von ihnen wird im
Rahmen einer spezifischen koordinierten und für es zutreffenden Ordnung in Richtung eines
bestimmten und für es vorgesehenes Seinszieles gesteuert. In dieser seiner Lebensbahn, auf
diesem seinem Lebensweg, schreitet es voran, wobei es Augenblick für Augenblick des
göttlichen Segens teilhaftig ist.
Wenn wie allein die Phasen und Etappen unseres eigenen Lebens betrachten und über sie ein
wenig nachdenken – d.h. über unsere eigene Embryonal-, Säuglings-, Kinder-, Jugend- und
Erwachsenenzeit bis hin zu unserem Alter – werden wir nicht umhinkommen, als dem
zuzustimmen, das wir unentwegt von der Huld unseres Gottes begleitet sind. Und ist uns das
bewusst geworden, werden wir ganz sicherlich zu der Feststellung kommen, das der Schöpfer
und Erhalter der Welten weitaus freundlicher und gütiger zu Seinen Geschöpfen ist als diese es
untereinenden sind.
In Seinem Erbarmen hat Er stets das Wohl Seiner Kreatur im Auge. Und niemals – es sei denn,
Er wollte es in Seiner grenzenlosen Weisheit und Weitsicht so – ist Er damit einverstanden bzw.
gibt er dem statt, das sie sich in Schlechtigkeiten und Sünde verfängt.
Der Mensch ist ein Gottesgeschöpf wie die anderen Kreaturen auch. Und wir wissen, dass sein
und damit der Menschheit Glück und Wohl darin liegt, „objektiv“ und „gut“ zu sein. Das heißt,
richtig zu betrachten, zu denken, zu urteilen, zu entscheiden, rechte, wahre Anschauungen zu
vertreten und sich durch eine menschenwürdige Gesinnung auszuzeichnen.
Mit anderen Worten: sich gut zu verhalten und nichtig zu handeln. Möglicherweise geht der eine
oder andere davon aus, dass der Mensch aufgrund seines Verstandes immer und unter allen
Umständen in der Lage sei, Gutes und Schlechtes und damit den rechten Weg von Abgründen zu
unterscheiden Doch ist zu bedenken, dass er, der Verstand, allein nicht vermag, dem Menschen
von Hässlichkeiten und Irrwegen zu bewahren. All die zahllosen Verbrechen, die Tag für Tag auf
diesem Erdenrund geschehen, rühren von Menschen her, die mit Verstand und
Unterscheidungsfähigkeit ausgerüstet sind. Jedoch Egoismus, Profitsucht und ungezügelte Triebe
haben ihnen ihre Vernunft sozusagen außer Kraft gesetzt. Mit dem Resultat, das sie heftig ins
Schliddern kamen und stürzten...
Darum weist uns der Gütige Gott noch durch etwas anderes, weiteres, durch etwas, zu dem Fehl
und Irrtum keinen Zugang haben und das Begierden und Gelüsten nicht unterliegt, den Weg zu
unserem Glück und Wohlergehen. Und dieser Weg, durch den das möglich wird, ist das
Prophetentum.
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