4.54 Bittere Folgen
Was wir eben erwähnten, sind laut islamischem Verständnis große Sünden. Jenen, die sich
solcher Vergehen schuldig machen, hat der Erhabene Gott unmissverständlich Seine Strafe
angekündigt. Abgesehen davon, das einige dieser Delikte hart geahndet werden, geht den
Übeltätern84 Ansehen und Persönlichkeitswert verloren..., etwas über das ein redliches und
rechtschaffenes Mitglied der Gesellschaft verfügt. Wer sich eines Verbrechens schuldig macht,
vergeht sich an der Gerechtigkeit und tritt das eigene Gerechtigkeitsempfinden, das in einem
jeden Menschen veranlagt ist, mit Füßen. Er hat seine menschliche Würde und Wertigkeit
„verspielt“..., mit dem Resultat, dass er nicht mehr als vertrauenswürdiges Mitglied der
Gesellschaft verstanden wird. Die Eignung, in der islamischen Gemeinschaft bzw. im
islamischen Staatswesen mit einem Amt beauftragt zu werden, ist ihm abhanden gekommen. Das
heißt mit Aufgaben und Funktionen, die Redlichkeit und Gerechtigkeitssinn voraussetzen, wird er
nicht mehr betraut. Auch als Gemeinschaftsimam bzw. „Vorbeter“ kann er nicht mehr eingesetzt
werden. Darum, weil ihm kein Vertrauen entgegengebracht wird, weil man seinen Worten nicht
mehr glaubt, weil er sich als ungerecht und unwürdig erwiesen hat.
Und so wird es bleiben, bis dass er bereut und „umkehrt“. Bis dass er erneut Gerechtigkeit in sich
erstehen lässt.
4.55 Arbeit, Fleiك, Vorwنrtsstreben,
Aktivität, Entwicklung und Vorwärtsstreben gehören zu jenen Grundlagen, auf denen die
Schöpfungsordnung aufgebaut ist. Ein Seinsgesetz, dem jede Kreatur, jedes Lebewesen
unterworfen ist, um existieren zu können. Der Erhabene Gott hat ein jedes Seiner Geschöpfe mit
dem versehen, was es benötigt. Das heißt, Er hat ihm „Mittel“ mit auf den Weg gegeben, die es
einsetzen kann, um seiner Entwicklung entgegenzustreben, um sich gegen Schaden und Verderb
zu schützen und das zu „erwerben“, was ihm dienlich und von Nutzen ist.
84 Auch wenn sie sich dieser Vergehen nur einmal schuldig machten
- 182 -
Der Mensch, die erstaunlichste und zugleich komplizierteste aller Kreaturen, benötigt mehr als
die übrigen. Um seinen mannigfaltigen Notwendigkeiten Genüge tun und die Existenz
seinerselbst als auch seiner Familie, die er naturgemäß zu bilden hat, gewährleisten zu können, ist
er zu besonders intensiver Aktivität genötigt.
Unter Berücksichtigung dieses Tatbestandes hat der Islam – eine der menschlichen Natur gemäße
und der menschlichen Gesellschaft entgegenkommende Religion – einem jeden zur Pflicht
gesetzt, sich auf jegliche Weise um seinen Lebensunterhalt zu bemühen und folglich zu arbeiten
und zu schaffen.
Prophet Muhammad (s.a.a.s) sprach:
لى كلّ مسلم و مسلمة { طلب الحلال فريضة
Alle Muslime sind verpflichtet um ihres Lebensunterhalts Willen auf redliche Weise für ihr
tنgliches Brot zu sorgen.
(Bihar ul Anwar, B.23. S. 6 )
Der Islam schätzt jene, die untätig dasitzen – obwohl sie sich nützlich machen könnten – nicht.
Wenn der Prophet kräftigen, gesunden Männern begegnete, fragte er sie bisweilen: Arbeitest du?
Wenn sie ihm sagten, „arbeitslos“ zu sein, so betrübte ihn dieses. Ein junger, rüstiger Mann, der
ohne sinnvolle Beschäftigung war, anderen auf der Tasche lag und sein Leben vergeudete, hatte
in seinen Augen sein persönliches Ansehen aus der Hand gegeben.85
Der islamischen Weltanschauung entsprechend hat jedermann, der dazu in der Lage ist, zu
arbeiten. Von den vielen Arbeits- und Berufsmöglichkeiten hat er eine, die seinen Fähigkeiten
und Interessen entspricht, zu wählen. Zum einen, um seinen eigenen Lebensunterhalt und den
seiner Angehörigen sicherzustellen und zum anderen, um sein Scherflein zum Allgemeinwohl
beizutragen, indem er durch seine Arbeit und Leistung dazu beisteuert, einen Teil der Bedürfnisse
der Gesellschaft zu decken.
Gott spricht im 39. Vers der Sure 53, Nagm:
لا مَا سَعَىٰ _ سَٰنِ إِ U ۡسَ لِلۡإِ N_ وَأَن ل
Der Mensch vermag nur durch Fleiك und Mühe etwas zu erreichen.
Kurz..., der Islam misst Arbeit und Fleiß sowie dem redlichen Erwerb des täglichen Brotes hohe
Bedeutung bei und behält – abgesehen von der geistigen Dimension des menschlichen Lebens –
auch die materielle, wirtschaftliche im Auge.
Imam Sadiq (a.s.) sprach zu einem seiner Gefährten namens Hischam:
85 Mustadrak, B. 2, S. 501
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In Zeiten des Kampfes, wenn du in den Reihen des Heeres stehst und das Kriegsfeuer
flammt, bist du dennoch nicht deiner wirtschaftlichen Verantwortung enthoben. Auch in
schwierigen, heiklen Situationen kümmere dich um euer finanzielles Auskommen.
(Wasa’il, B. 4, S. 101)
Kurz, Arbeitslosigkeit. die in Faulheit und Trägheit fußt, wird islamischerseits hart kritisiert.
4.56 Arbeitsunlust oder arbeitslos?
Arbeit und Fleiß gehören also zu jenem Weg, den die Schöpfungsordnung für den Menschen
vorgesehen hat. Indem dieser schafft und sich um sein Auskommen bemüht, sichert er sein
materielles Leben ab. Wer sich diesem natürlichen Gesetz entzieht, wird nichts erreichen als
Verlust..., auch wenn er diesen zunächst nicht bemerkt. Es ist ein Verlust auf allen Ebenen, auf
individueller und sozialer, auf gesundheitlicher, geistiger, ethischer. Sein diesseitiges wie auch im
Endeffekt jenseitiges Leben gerät dadurch in arge Mitleidenschaft.
Imam Kazim (a.s.) sagte:
Was die Arbeit anbelangt, zeige dich nicht lustlos, schlaff und trüge. Dieses würde weder
deinem Leben im Diesseits noch im Jenseits von Nutzen sein.
Prophet Muhammad (s.a.a.s.) sprach:
Wer der Arbeit entflieht und Aufgaben und Last seines Lebens anderen aufbürdet ist
verdammenswert.
Soziologische als auch psychologische Untersuchungen haben erwiesen, dass ein Großteil der
gesellschaftlichen Miseren in aller Welt auf Arbeitslosigkeit zurückzuführen ist. Die
Arbeitslosigkeit ist es, die das Rad der Wirtschaft erlahmen lässt als auch Denken und Gesinnung
der Gesellschaften negativ beeinflusst. Blühende Kulturen werden durch Trägheit und
Arbeitsunlust der betreffenden Bevölkerungen in den Untergang getrieben und überlassen
moralischer und geistiger Dekadenz das Feld. Wozu das führt, ist allseits bekannt...
4.57 Landwirtschaftliches
Die Landwirtschaft, mit deren Hilfe für die Ernährung der Bevölkerung gesorgt wird, zählt
aufgrund ihrer Bedeutung für die Ernährung des Menschen zu den wichtigen Berufszweigen.
Dieses wissend und berücksichtigend regt den Islam dazu an, die Landwirtschaft nicht zu
vernachlässigen und sich um deren Aufschwung zu bemühen.
Imam Sadiq (a.s.) sagte sinngemäß:
Am Auferstehungstag wird der Rang des Bauern ein besonders hoher sein...
- 184 -
Und von Imam Muhammad Baqir (a.s.) ist dieses Zitat:
Kein Beruf ist so produktiv und von allgemeinem Nutzen wie der des Bauern. Gute und
Schlechte, Mensch, Vieh und Vogel ziehen Gewinn aus den Mühen des Landwirtes. Und ein
jedes auf seine Weise – bitten für ihn zu Gott...
Prophet Muhammad (s.a.a.s) sprach:
Ein Muslim, der einem Baum oder Acker zur Reife verhilft, deren Früchte Mensch, Vieh
und Vِgeln als Nahrung dienen, leistet damit etwas, das als „Sadaqah“ bewertet und
vergütet wird.
Die Muslime sind verpflichtet, die Kräfte der Natur soweit wie möglich zu nutzen. Einer unserer
großen Gottesmänner sagte in diesem Zusammenhang:
ة حتّى { تطاع ان لا تقوم السّا o فان اس _ يo دكم الفس E ة و في يد ا { ان قامة السّا
يغرسها فليغرسها
Wenn das Ende der Welt gekommen ist und die Gestirne und Sonnensysteme aus ihrer
Bahn geraten, dieweil jemand von euch noch einen Baumsprِssling in der Hand hat, so
pflanze er ihn geschwind ein. Nutzt die Zeit, die dazu noch geblieben ist.86
Mit anderen Worten, auch wenn das Ende der Welt gekommen sein sollte, lasst euch von diesem
guten Tun nicht abhalten...
Ali (a.s.) sprach:
I قر ما بعده ا ّ T ثمّ اف . را ً . د ماء و R من و
Den, der im Besitze von Wasser und Erde ist, aber nichts unternimmt, um es zu nutzen und
stattdessen in Armut und Elend zubringt, trifft der Fluch Gottes.
(Bihar ul Anwar, B. 23. S. 19)
4.58 Selbstvertrauen
Wir haben eingangs wiederholt darauf hingewiesen, dass der Islam dazu aufruft, nur den
Einzigen Gott anzubeten, niemanden als Ihn zu heiligen und zu verherrlichen und sich
niemandem als Ihm zu Füßen zu werfen. Alles ist von Ihm erschaffen worden und wird durch Ihn
erhalten. Alles wird von dem ernährt, was Er gibt, und niemand hat Vorrang vor dem anderen...,
es sei denn, er zeichne sich durch besondere Ehrfurcht vor Gott aus und sein Tun und Lassen sei
besonders gottwohlgefällig.
86 Mustadrak, B. 2, S. 501
- 185 -
Jeder Mensch hat die göttliche Gabe „Selbstständigkeit“ zu nutzen und Möglichkeiten und Mittel,
die ihm der Erhabene Gott zur Verfügung stellte, einzusetzen, um sein Leben menschenwürdig
leben zu können. Niemand sollte sich auf andere stützen und verlassen, in der Hoffnung, dass sie
für ihn und sein Wohlergehen sorgen werden. Es gilt, sich nach Kräften selbst darum zu
bemühen, seinen Weg „selbsttätig“ zu gehen, niemandem zur Last zu fallen und niemals in
anderen seine „Zuflucht’ zu sehen. Zuflucht und Unterstützung sind allein bei Gott zu finden.
Wer sie in anderen Personen und Kräften sucht bzw. sieht, begeht „Schirk“.
Der Arbeiter bzw. Dienstbote hat zu wissen und dafür zu sorgen, dass es sein eigenes Brot ist, das
er und seine Familie essen, nicht das seines „Dienstherrn“. Er muss wissen, dass er den Verdienst
seiner eigenen Hände Arbeit empfangt, nicht ein Almosen oder eine Spende seines Arbeitgebers.
Jeder Angestellte muss sich dessen bewusst sein, dass es der Lohn für seine geleistete Arbeit ist,
der ihn ernährt, nicht aber sein Chef, die Öffentlichkeit oder irgendeine Behörde.
Kurz, der freie Mensch muss sich auf sich selbst stützen, in der Hoffnung auf Gott. Nur bei Gott
ist wahre Hilfe und Zuflucht zu suchen, und allein auf Gott und Seinen Beistand ist zu hoffen.
Andernfalls, wenn er auf andere und anderes hofft, wird in ihm Unterwürfigkeit entstehen..., vor
irgendwelchen Menschen, Götzen und Göttern, die er sich selbst schuf. Er wird in „moderne
Sklaverei“ geraten, sklavisches Denken wird in ihm geboren. All das aber ist nichts anderes als
„Schirk“, als Vielgötterei und Götzentum..., als „Gott andere Gottheiten beisetzen“.
Abschließend sei daran erinnert, dass Selbstvertrauen darin beruht, dass der Mensch seine
gottgegebene natürliche Würde nicht aus der Hand gibt, dass er sie nutzt, in Vertrauen auf seine
gottgegebene Kraft und Fähigkeit und den göttlichen Beistand. Dass er sich bemüht, auf eigene
Füße zu stehen zu kommen und sich nicht auf andere verlässt. Nur auf Gott! Seine Hoffnung
gelte nur Ihm!
Selbstvertrauen bedeutet jedoch nicht, dass er sich nur auf sich allein verlässt und glaubt, keine
Hilfe, auch nicht der göttlichen, zu benötigen. Auch ist mit Selbstvertrauen nicht gemeint, dass
der Mensch hingeht und sich selbst als Zentrum und Mittelpunkt aller Dinge wahrt. Oder dass er
glaubt, aus eigener Kraft – ohne Gottes Beistand, Hilfe und Erbarmen – etwas zuwege bringen zu
können. Das wäre kein Selbstvertrauen, das wäre „Kufr“!
4.59 Am Rockzipfel anderer?
Armselig ist, wer ständig die Hände nach anderen ausstreckt und sich an deren Rockzipfel
festklammert. Er hat in Wirklichkeit den Wert der Selbstständigkeit und jener Würde, die darin
liegt, auf eigenen Füßen stehen zu können und – im Vertrauen auf Gott – durch eigenen Fleiß und
eigene Anstrengungen das Rad seines Lebens in Gang zu halten, nicht erkannt. Schwächlich und
schlaff zeigt er sich. In dieser Schlaffheit und Willenlosigkeit aber liegt Niedrigkeit, die die
Wurzel zu allem Übel ist. Wer nur träge und antriebslos dasitzt, seine Hände nach diesem und
jenem ausstreckt und sich anderen und deren Entscheidungen und Anordnungen überlässt, hat
Vernunft und Willen hingegeben für Niedrigkeit. Hat sich selbst seinen „Herren“ in die Hände
gespielt. Was sie sagen, hat er zu tun. Ob es schlecht ist oder gut, hässlich oder schön.
- 186 -
Ein wahrhaft schmachvolles Dasein. Unwürdig eines Menschen. Er hat zu gehorchen...,
willenlos. Muss sich Unrecht und Gemeinheiten fügen und zufrieden sein mit dem Brocken, den
man ihm zuwirft. Ein „Höriger“ seiner „Herren“, verlustig jeglicher menschlichen Würde.
Darum, weil er sich andere als „Herrn“ erkor, nicht aber Gott! Denn Gott gebietet ihm: Gib deine
Würde, deine Vernunft, dein Gewissen und deine Menschlichkeit nicht aus der Hand. Vertraue
Mir und hoffe auf Mich! Diene und unterwerfe dich Mir, nicht anderen! Um deines eigenen
Wohlergehens, um deiner eigenen Würde willen!
Kurz..., in Fällen, in denen es nicht unbedingt notwendig ist, die Hände nach der Hilfe anderer
auszustrecken, wäre es nicht recht, es zu tun. Es ist „haram“, untersagt. Aus den eben genannten
Gründen. Darum, weil der Mensch durch derlei „Schlaffheit“ zu leicht in Abhängigkeit gerät und
seine eigene Vernunft, seinen eigenen Willen, seine menschliche Würde und Wertigkeit, seine
positiven Fähigkeiten und seine wertvolle Kreativität verliert.
Andererseits: Armen finanziell unter die Arme zu greifen – etwas, das zu den islamischen
Weisungen zählt – ist nur dann von echtem Wert, wenn es sich um Bedürftige handelt, die
außerstande sind, ihren Lebensunterhalt selbst verdienen zu können. Weil sie entweder krank
sind, beim besten Willen keine Arbeit finden – das heißt unverschuldet arbeitslos sind – oder aber
ihr Arbeitslohn die Lebensunkosten nicht deckt...
- 187 -
5 ـber die gِttlichen Weisungen
5.1 „Ahkam“, Regelungen, Bestimmungen
Wie wir eingangs sagten. lassen sich die religiösen Themen aufteilen in die, welche
Weltanschauung und Überzeugung betreffen, in moralische und in jene, die in den Sektor
„Ahkam“ – Regelungen, Bestimmungen – fallen.
Nach „Tawhid“, das heißt dem „Ein-Gott-Bekennen“ müssen die religiösen Aufgaben, die
Gottesdienerschaft zum Ausdruck bringen – wie Gebet, Fasten usw. – wahr- und ernst genommen
werden. Und zwar in der rechten Weise. Wie diese gottesdienstlichen Pflichten zu erfüllen sind,
ist durch die entsprechenden Bestimmungen, genannt „Ahkam“, zu erfahren. Auf einige wollen
wir in Kürze eingehen.87
5.2 Gebet
Der Erhabene Gott lässt uns in den Versen 42 und 43 der Sure 74, Muddatir, wissen:
َكُمۡ فِى سَقَرَ | مَا سَلَ
ينَ + قَالُواْ لَمۡ نكَُ مِنَ ٱلۡمُصَل
Wenn ihr die Hِllengrundbewohner nach dem fragt, was sie in die Hِlle stürzen lieك, so
werden sie antworten: Der Grund dafür ist der, dass wir nicht beteten.
Prophet Muhammad (s.a.a.s.) mahnte:
Das Gebet ist die Grundfeste, das „A und O“ der Religion. Wenn es vor Gott Anerkennung
findet, wird der Gottesdienst des Betreffenden akzeptiert. Andernfalls, wenn Gott sein
Gebet nicht annimmt, finden auch seine übrigen gottesdienstlichen Handlungen keine
Anerkennung. Und ebenso wie an dem, der sich fünfmal tنglich in einer Quelle reinigt, kein
Schmutz mehr haftet, wنscht auch das fünfmalige Beten den Menschen von seinen Sünden
rein.
Es gilt allerdings zu wissen, dass jemand, der zwar betet, aber auf das was er im Gebet spricht,
nicht achtet, d.h. den Gebetstext nur oberflächlich und gedankenlos „daherplappert“, zu
vergleichen ist mit dem, der nicht betet.
87 Ergänzende Details und ausführlichere Erklärungen sind den renommierten
Ressálehs zu entnehmen.
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Gott spricht im Heiligen Koran (107:4-5, Ma’un):
ينَ + لۡمُصَل +! فَوَيۡلٌ
نَ هُم عَن صَلَات Jِ_Xٱ ہِمۡ سَاهُونَ
Wehe dem Betenden, der sich Gottes nicht bewusst ist!
Eines Tages betrat der Prophet die Moschee und sah, wie jemand das Gebet verrichtete, jedoch so
hastig, dass er Ruku und Sugud nicht vollständig ausführte. Hadrat Muhammad (s.a.a.s.) sprach:
Mit einem solchen Gebet scheidet man nicht als Muslim aus dieser Welt...
Mit anderen Worten: Das Gebet muss bewusst und in aller Demut und Gottergebenheit (muslim)
verrichtet werden. Der Betende muss wissen, zu wem und was er spricht. Zudem hat er sämtliche
Gebetsabschnitte wie Ruku und Sugud richtig auszuführen, damit er das positive Resultat des
Gebets voll und ganz erleben darf.
Im 45. Vers der Sure 29, Ankabut, gibt uns der Erhabene Gott zu verstehen:
ىٰ عَنِ ٱلۡفَحۡشَاءِٓ وَٱلۡمُنكَرِ ... + َنۡهَ. صلَوٰةَ _ ن ٱل _ إِ
Das Gebet hنlt den Menschen von hنsslichem, unwürdigemTun fern.
Ja, genauso ist es. Denn ist dem Betenden das, was er zu Gott im Gebet sagt, bewusst und hält er
sich daran, so wird er sich zu Hässlichkeiten nicht hinreißen lassen.
Zu den Gebetsregelungen gehört zum Beispiel, dass Gebetsort und -kleidung nicht auf unrechte
Weise erworben bzw. unerlaubt benutzt werden dürfen. Selbst wenn nur ein Fädchen an dem
Gewand, das man zum Beten trägt, „haram“ wäre, so würde das Gebet ungültig. Darum, weil
man sich zu Unrecht etwas angeeignet hat und damit gegen das Recht anderer verstößt.
Darüber hinaus findet das Gebet nur dann das göttliche Wohlgefallen, wenn der Betende frei ist
von Gier, Neid und anderen unschönen, niedrigen Eigenschaften. Einem jeden dürfte bekannt
sein, dass eine niedrige Gesinnung die Wurzel aller Schlechtigkeiten ist. Wer sich daher vor
Niedrigkeit und Niedertracht bewahrt, bewahrt sich damit zugleich vor anderen Hässlichkeiten.
Wenn sich einige – wenngleich sie regelmäßig das Gebet verrichten – unrecht und schofel
verhalten, ist die Ursache dafür darin zu sehen, dass sie nicht in der rechten Weise beten, dass ihr
„Herz“ nicht mitbeteiligt ist. Weshalb ihr Gebet natürlich vor Gott wertlos und somit auch für sie
selbst kein Gewinn ist.
Der Islam misst dem Gebet höchste Bedeutung zu. So sehr, dass unter allen Umständen und
immer gebetet werden muss. Selbst der Sterbende ist zum Beten verpflichtet, es sei denn, er sei
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bewusstlos. Und wenn er die Worte des Gebets nicht über die Lippen zu bringen vermag, weil
ihm die Kraft dazu fehlt, so müssen sie stimmlos, aber mit dem Herzen, „gesprochen“ werden.
Falls jemand das Gebet nicht im Stehen verrichten kann, weil er krank oder z.B. gelähmt ist, so
hat er es im Sitzen auszuführen. Und so ihm auch dieses nicht möglich ist, dann im Liegen.
Von dem Gebet ist niemand befreit, auch nicht im Gefecht. Und wenn die Qibla in
Ausnahmesituationen, im Kampf oder um den Feind nicht aus dem Auge zu verlieren etc., nicht
eingehalten werden kann, so ist auf das Gebet dennoch nicht zu verzichten.
Mit anderen Worten, gebetet werden muss! Ausnahme: menstruierende Frauen, Ohnmacht. Liegt
letzteres vor, so ist das Gebet später, wenn das Bewusstsein wieder erreicht ist, nachzuholen.
Menstruierende Frauen jedoch sind dazu nicht verpflichtet.
5.2.1 Pflichtgebete
Es gibt sechs Gebete, zu denen der Muslim verpflichtet ist: die täglichen Pflichtgebete, das Gebet
„Ayat“, das Totengebet, das Gebet nach der Tawaf um die Ka’ba herum – hinter dem Male
Abraham –, das Gebet „Qada“, zu dem der älteste Sohn verpflichtet ist, um nachlässig oder gar
nicht verrichtetet Gebete der verstorbenen Eltern nachzuholen und sechstens jenes Gebet, zu dem
jemand aufgrund eines Gelöbnisses, Vermächtnisses etc. verpflichtet ist.
5.2.2 Gebetsvorbereitung
Zum Gebet, d.h. zur „Audienz“ bei dem Herrn der Welten und zum Zeichen wahrer
Gottesdienerschaft sind Voraussetzungen und Vorbereitungen notwendig. Solange diese nicht
gegeben bzw. getroffen sind, würde das Gebet, falls es dennoch verrichtet wird, hinfällig werden.
Erforderlich zum Gebet sind:
1. Entsprechende Gebetsreinigung, Reinheit von Körper und Kleidung (Taharat)
2. Gebetszeit
3. Zum Gebet geeignete Kleidung
4. Gebetsort
5. Gebetsrichtung (Qibla)
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