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Die drei Ebenen der islamischen Aktivitäten

Ayatullah Dr. Torabi, Leiter der Islamischen Akademie Deutschland, skizzierte in seinem Besuch in Delmenhorst am 5. Februar die drei Ebenen der islamischen Aktivitäten. Er gab eine Kurzbeschreibung, die ich um eigene Erläuterungen und Beispielen erweitert habe. Jegliche Ungenauigkeiten, Lücken oder Fehler sind daher auf meine Interpretation zurückzuführen.

Erste Ebene: Die Vorstellung des wahren Islam für Nichtmuslime

Gemäß den Worten Imam Khameneis fördern die Feinde der Muslime zwei unterschiedliche Darstellungen des Islam, mit welchen sie die Menschen vom wahren Islam abzulenken trachten: den „liberalen Islam“ und den „Takfiri-Islam“.

Der liberale Islam, auch bekannt als „Euro-Islam“, degradiert den Islam zu einer Hülle einer Privatreligion, die ihrer gesamten gesellschaftlichen und politischen Dimension beraubt wurde. Einer Privatreligion, die jeder nach Belieben auszuleben habe, solange dies sich in keiner Form äußere: kein Gebieten des Guten, kein Verbieten des Verworfenen, kein Widerstand gegen Unterdrückung, keine Standpunkte zu Wirtschaft und Politik. Diese Form zeichnet sich durch Entfernung von Gelehrsamkeit aus, durch Individualismus, Vermischung mit schein-spirituellen Dogmen verschiedenster Gurus, durch Beliebigkeit und Willkür. Es existiert kein islamischer Anstand im Umgang der Geschlechter; fremde Männer und Frauen berühren sich, wie Atheisten es tun. Islamische Riten, wie Gebet, Fasten oder Heirat, lebt jeder nach seiner Neigung aus: Männer beten hinter Frauen, während des Fastens wird getrunken, Homosexualität wird mit dem Qur’an legitimiert und über die Reihenfolge von Heiraten und Kinderkriegen ist man sich auch nicht mehr einig.

Die Vollendung eines liberalen Muslims nach westlichem Ideal hört sich folgendermaßen an: „Ich weiß zwar nicht, ob der Prophet Muhammad existierte oder nicht, aber ich sehe mich in der Tradition des Islam.“ (Professor Sven Muhammad Kalisch, Universität Münster, wenige Wochen bevor er endgültig den Islam ablegte und mit ihm seinen zweiten Vornamen)

Dieser Islam zieht selbstredend niemanden an, wozu einen solchen Glauben annehmen oder praktizieren? Wer aber noch nicht genug abgeschreckt ist, dem wird die wahrhaft verachtungswürdige Fratze der westlichen Islamvorstellung vorgeführt: der „Takfiri-Islam“.

Der Takfiri-Islam ist die Ideologie der Al-Qaida, Taliban und ISIS. Unterstützt von den Zionisten verbreiten sie einen Islam des Schreckens: Menschenverbrennungen, willkürliche Hinrichtungen, Kopfabschneiden, Leberfressen. Alle Muslime, die nicht ihrer krankhaften Ideologie folgen, werden zu Abtrünnigen erklärt. Ihre Ideologie besteht allein aus Gewalt und Grausamkeit. „Ihr Verständnis von Islam ist: Nimm eine Panzerfaust und ballere herum! Dschihad bedeutet, Menschen in die Luft zu sprengen, gleich ob Sunniten oder Schiiten. Drehe ein Video, wie du in menschliche Organe reinbeißt und stelle es auf YouTube.“ (Scheich Hamza Sodagar, sinngemäß zitiert aus diesem Video)

Ihre Befehlsgeber lassen sie den „Islamischen Staat“ statuieren und besetzen diesen heiligen Begriff mit Abscheulichkeit, auf dass „Islam“ stets mit diesen Söldnern des Westens konnotiert sei. Gleichzeitig heucheln sie aller Welt vor, sie würden diese „islamischen Extremisten“ bekämpfen.

Beide dieser feindlichen Darstellungen des Islam scheinen grundverschieden zu sein, dienen aber demselben Zweck: die Menschen davon abzuhalten, den wahren Islam kennenzulernen: den „Islam Muhammads“ (Imam Khamenei), den Islam der Gnade, der Verständigkeit und Logik, der Wissenschaft und Spiritualität. Den ganzheitlichen Islam, der alle Dimensionen der menschlichen Existenz durchdringt und den Menschen auf allen Gebieten zur Vollkommenheit führen kann. Den Islam, dessen Attraktivität die Menschen aller Herrenländer anzöge – wenn sie ihn nur kennenlernten. Für die Unterdrücker und Gewaltherrscher ist dieser Islam der Gerechtigkeit und des Widerstandes die größte erdenkliche Gefahr. Sie können ihn unmöglich direkt angreifen, das wissen sie. Also propagieren sie jene beiden Karikaturen als einzige Varianten des Islam.

Jene Anstrengungen, die sich dem entgegenstellen und den wahren Islam der Menschheit vorstellen, sei es durch Artikel, Interviews, Straßenstände, öffentliche Aktionen u.v.m. und gleichzeitig die westlichen Zerrbilder zurückweisen und entlarven, bilden die erste Ebene der islamischen Aktivitäten. Es ist die vordergründigste Ebene, dennoch muss sie unbedingt bedient werden. Dies geschieht hierzulande bereits, wenn auch noch mit unzureichender Effektivität.

Zweite Ebene: Islamische Lehre für die breite muslimische Öffentlichkeit

Veranstaltungen für Muslime bilden die zweite Ebene: die authentische Vorstellung des Islam und seiner Aspekte im Rahmen von Tagungen, Vorträgen, Diskussionsrunden. Üblicherweise wird ein einzelnes Tagungsthema festgelegt und von verschiedenen Seiten beleuchtet – sowohl durch Experten als auch durch Laien. In deutscher Sprache geschieht dies seit über 25 Jahren in der jährlichen „Islamischen Tagung deutschsprachiger Muslime“, in ihrem ersten Jahrzehnt stand diese Tagung allein. In den letzten zehn Jahren hat sich dies grundlegend geändert; Gemeinden im ganzen Land organisieren mehrere deutschsprachige (Groß-)Veranstaltungen im Jahr – auch außerhalb der Monate Muharram und Ramadan.

Diese Veranstaltungen erfüllen für die deutschsprachige Gemeinde der Muslime wichtige Funktionen: Neben den Vorträgen und Programmen ermöglichen sie Jugendlichen aus entfernten Städten zusammenzukommen, sich kennenzulernen, zu kooperieren und einen gemeindeübergreifenden Zusammenhalt aufzubauen. Auch fördern sie die Zusammenführung der Seelen: Zahllose Ehepaare lernten sich einst erstmalig auf Veranstaltungen kennen – welch gesegnete Begegnung zu einem würdigen Anlass.

Die Entwicklungen der letzten Jahre lassen auf eine hoffnungsvolle Zukunft blicken. Trotzdem gibt es berechtigte Kritiken an den bisherigen Arbeiten dieser zweiten Ebene: mangelnde Expertise der Redner, fehlende deutschsprachige Gelehrte, ungenügende Aufmerksamkeit der Teilnehmer, eine eingeschränkte Themenwahl, die politische Themen aus Angst vor staatlicher Beobachtung ausschließt, eine unangemessene Zurückhaltung rund um die Person des Waliy-ul-Amrs Imam Khamenei, organisatorische Mängel und Weiteres. Es fehlt uns nicht an Ansätzen, um uns zu verbessern.

Diese zweite Ebene dringt mehr in das Herz der muslimischen Gemeinschaft als die erste, bildet aber noch nicht ihre Fundierung.

Dritte Ebene: Ausbildung der Botschafter des Islam und ihr Wirken

Die grundlegendste Ebene aller islamischen Aktivitäten ist die Ausbildung der Botschafter des Islam. Die Ausbildung von Einzelpersonen, die in direkter Zwiesprache mit den Menschen das Feuer der Faszination für den wahrhaftigen Islam entfachen und mit ihren gleichermaßen heilenden und gelehrsamen Worten über Gott und die Natur und Bestimmung des Menschen aufklären, sprich: Gelehrte. Aber nicht Gelehrte beliebiger Prägung, denn nicht viele verstehen es, die vom Verstand geleiteten Emotionen der Begeisterung weiterzutragen. Die Ausbildung geeigneter junger Muslime zu solchen Gelehrten ist die Bedingung für ihr Wirken, welches die dritte Ebene der islamischen Aktivität bildet. Sie liegt in der Hand von Ayatullahs, die selbst jene Liebe in sich tragen.

Ist unsere Teilhabe an der dritten Ebene darauf beschränkt, die seligen Worte dieser „vordersten Botschafter“ zu hören und finanziell die Ausbildungszentren (Hauzas) zu fördern? Keineswegs. Unsere Aufgabe besteht darin, sie in ihrer Arbeit zu unterstützen, in dem wir ihre Worte in die zweite Ebene tragen, beispielsweise Artikel darüber verfassen. Weiterhin können wir ihr Wirken direkt durch verschiedenste Aufgaben in islamischen Zentren unterstützen: Keine Arbeit erledigt sich von allein, Organisatorisches so wenig wie Einzelarbeiten.

Und vergessen wir nicht einen fundamentalen Aspekt dieser dritten Ebene, ohne den sie vollends zusammenbräche: Die jungen Menschen müssen zur Hauza geschickt werden, dürfen davon nicht abgehalten werden. Bedenken der Eltern, gleich welcher Art, stehen der dritten Ebene ebenso im Weg, wie die mangelhafte islamische Erziehung der eigenen Kinder, die infolge als junge Erwachsene außerstande sind, zu Gelehrten ausgebildet zu werden.

Daher beginnt die Teilhabe jedes einzelnen Muslims an der dritten Ebene spätestens mit der Gründung der eigenen Familie: Das Herz der islamischen Aktivitäten fußt in der Zelle der islamischen Gesellschaft.

Wer ist für welche Ebene zuständig?

Alle drei miteinander verzahnten Ebenen müssen in Angriff genommen werden, dies ist Aufgabe der gesamten muslimischen Gemeinschaft eines Wirkungskreises, beispielsweise von uns Muslimen in Deutschland. Aber nicht jeder Einzelne muss sich in jeder Ebene engagieren. Verschiedene Aufgaben bedürfen verschiedener Qualifikationen und Veranlagungen: Mancher versteht es zu schreiben, anderer zu sprechen, begeistert sich für die Lehre von Kindern oder ist ein Organisationstalent etc.

Entscheidend ist aber, dass jeder nach seiner Aufgabe sucht, und sobald er sie gefunden hat, sich ihrer annimmt. Insbesondere die koordinierte Arbeit als Gruppe folgt eigenen Gesetzmäßigkeiten, soll sie fruchtbar sein. Diesem Thema werden wir uns inschallah in einem gesonderten Artikel widmen.

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